# taz.de -- Haushaltskrise hält an: Verhandlungen erneut vertagt | |
> Scholz, Habeck und Lindner versuchen vergeblich die Haushaltskrise zu | |
> lösen. Die Wirtschaft fordert die Ampel auf, sich endlich | |
> zusammenzuraufen. | |
Bild: Undurchsichtige Lage: das Kanzleramt in Berlin | |
Berlin dpa/taz | Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben die | |
Ampelkoalition aufgefordert, [1][den anhaltenden Haushaltsstreit] rasch zu | |
lösen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte, Einsparungen von 17 | |
Milliarden Euro bei einem Bundeshaushalt von rund 470 Milliarden Euro | |
müssten lösbar sein. „Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein | |
Ausgabenproblem. Wir haben auch keine Haushaltskrise, sondern eine | |
Entscheidungskrise mit mangelnder Kompromissbereitschaft“, sagte er. | |
„Das schürt Unsicherheit und steigert nur die Unzufriedenheit mit der | |
Demokratie.“ Bei den Verhandlungen der Koalitionsspitzen über einen | |
Haushalt 2024 gab es auch am Montagabend keinen Durchbruch. | |
[2][Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)], Finanzminister Christian Lindner | |
(FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) suchen seit Tagen in | |
Dreiergesprächen nach einer Lösung der Haushaltskrise. Auch am Montagabend | |
waren die drei Spitzenpolitiker im Kanzleramt zusammengekommen. Am späten | |
Montagabend wurden die Gespräche erneut vertagt. Über ihren Verlauf wurde | |
zunächst nichts bekannt. | |
Die drei Ampel-Spitzen ringen darum, ein 17 Milliarden Euro großes Loch im | |
Etat 2024 zu [3][stopfen sowie in den nächsten Jahren Investitionen für den | |
Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft zu ermöglichen]. Scholz | |
hatte sich am Montag zuversichtlich gezeigt, dass die Verhandlungen bald | |
abgeschlossen werden. Auch Finanzminister Lindner sprach am späten | |
Nachmittag von Fortschritten. Mit Blick auf einen Zeitplan und die Inhalte | |
ließ sich der FDP-Parteichef aber nicht in die Karten schauen. | |
## Industriepräsident sieht Verunsicherung | |
Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm forderte die Koalition zu einer | |
schnellen und tragfähigen Lösung für den Haushalt 2024 auf. Die | |
Verunsicherung in der Industrie sei bereits groß. „Es wird weniger | |
investiert in Deutschland. Viele Unternehmen sind mit ihrer Geduld am | |
Ende.“ Ähnlich äußerte sich der Präsident der Deutschen Industrie- und | |
Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. Umstritten ist zwischen SPD, Grünen und | |
FDP zum Beispiel, ob die Koalition im kommenden Jahr [4][erneut die | |
Schuldenbremse aussetzen soll] und sich so Milliardenkredite genehmigen | |
könnte. | |
Dulger sprach sich dagegen aus: Nicht die Schuldenbremse sei das Problem, | |
sondern die hohen Ausgaben und die Reformmüdigkeit. Es komme auf eine kluge | |
Priorisierung von Ausgaben an. „Der für das kommende Jahr vorgelegte | |
Bundeshaushalt sieht aber mehr als fünfmal so hohe Ausgaben für Soziales, | |
Personal und Zinsen vor wie für Investitionen. Das ist zu viel für Konsum | |
und zu wenig für die Zukunft. Diese Schieflage im Haushalt muss beendet | |
werden.“ | |
DIHK-Präsident Adrian sagte, die Bundesregierung sei in einer wirklich | |
schwierigen Situation. „Aus Sicht der Wirtschaft muss ich sagen: Wir haben | |
aufgrund der wirtschaftlichen Lage mit den hohen Energiepreisen und | |
unklaren Rahmenbedingungen ohnehin bereits eine sehr große Verunsicherung | |
bei den Unternehmen quer durch nahezu alle Branchen verspürt.“ Das habe | |
jetzt aber nochmal weiter zugenommen, weil der fiskalische Rahmen ungewiss | |
sei. | |
„Keiner weiß aktuell, wo der Zug künftig hinfährt. Das lässt sich sowohl … | |
Innovationsklima als auch am Investitionsklima in Deutschland ablesen“, | |
sagte Adrian. „Beides ist leider dramatisch schlecht.“ Es gebe derzeit | |
keine gute Grundlage, die es vielen Unternehmen erlaube, langfristige | |
Entscheidungen zu treffen. Es fehlten verlässliche Rahmenbedingungen. | |
12 Dec 2023 | |
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