| # taz.de -- Klimaschutz-Index von Germanwatch: Kein Land tut genug für 1,5 Grad | |
| > Die Erderhitzung steigt, trotzdem ist die Klimapolitik zahlreicher | |
| > Staaten höchstens Mittelmaß. Der Germanwatch-Index gibt keinem Land die | |
| > Note „gut“. | |
| Bild: Braunkohle-Kraftwerk Fimmersdorf und Windkrafträder am 11. 01. 2023 | |
| Dubai afp/dpa | Trotz der sich verschlimmernden Klimakrise ist die | |
| Klimapolitik zahlreicher Staaten höchstens Mittelmaß – das geht aus dem | |
| jährlichen [1][Klimaschutz-Index] hervor, den die Umwelt- und | |
| Entwicklungsorganisation Germanwatch am Freitag bei der | |
| [2][Weltklimakonferenz] in Dubai (COP28) veröffentlichte. Die Umsetzung des | |
| Pariser Klimaabkommens gerät demnach in noch weitere Ferne. Deutschland | |
| gehört im Index zwar zur Spitzengruppe, Querelen innerhalb der | |
| Ampel-Koalition behinderten aber eine wirklich zufriedenstellende | |
| Klimabilanz, kritisierten die Berichtsautoren. | |
| Selbst bisherige [3][Vorreiter-Länder wie Dänemark] „scheinen heute weiter | |
| vom Erreichen der Pariser Klimaziele entfernt zu sein als in den | |
| vergangenen Jahren“, warnte Mitautor Niklas Höhne vom Forschungsinstitut | |
| NewClimate Institute. Erstmals seit dem ersten Klimaschutz-Index im Jahr | |
| 2005 bekam in der Teilbewertung „Klimapolitik“ kein einziges Land die Note | |
| gut. | |
| Weil laut den Studienautoren keines der untersuchten Länder genug für eine | |
| sehr gute Gesamtwertung getan hat, bleiben die ersten drei Plätze des | |
| Klimaschutz-Index wie in den vergangenen Jahren leer. Den obersten Platz | |
| vier belegt erneut Dänemark, Schlusslichter sind drei Ölstaaten: das | |
| COP-Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate, der Iran und schließlich | |
| Saudi-Arabien auf dem letzten Platz. | |
| Für den Klimaschutz-Index wurden 63 Staaten sowie die EU untersucht, die | |
| zusammen für mehr als 90 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes | |
| verantwortlich sind. Er zeigt auf, wie weit die Weltgemeinschaft vom Ziel | |
| des Pariser Klimaabkommens entfernt ist, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 | |
| Grad zu begrenzen. | |
| ## Deutschland steigt auf | |
| Deutschland stieg im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze auf Rang 14, | |
| bekommt in den vier Untersuchungskategorien Treibhausgasemissionen, | |
| Erneuerbare Energie, Energienutzung und Klimapolitik aber weiterhin nur | |
| mäßige Noten. | |
| Die Gründe dafür lägen „vor allem in einer klimapolitisch zu schwachen | |
| Verkehrspolitik, der Abschwächung des Klimaschutzgesetzes sowie einem am | |
| Ende verwässerten Gebäudeenergiegesetz“, erläuterte Co-Autor Jan Burck von | |
| Germanwatch. Deutschland tue nicht genug, um sein selbst gestecktes Ziel zu | |
| erreichen, bis 2045 treibhausgasneutral zu werden. Als „ein Hindernis für | |
| eine ambitioniertere Klimapolitik“ nennt Burck die „oft gegensätzlichen | |
| klimapolitischen Ambitionen innerhalb der Ampelkoalition“. | |
| Positiv bewerten die Berichtsautoren die Maßnahmen der Bundesregierung zum | |
| Ausbau der erneuerbaren Energien sowie das Vorziehen des Kohleausstiegs von | |
| 2038 auf 2030. Allerdings würden zwei deutsche Kohlekraftwerke länger als | |
| geplant betrieben und Deutschland gehöre „nach wie vor zu den neun Ländern | |
| weltweit, die für 90 Prozent der Kohleförderung verantwortlich“ seien, | |
| kritisieren die Berichtsautoren. | |
| Weltweit zu den Aufsteigern im Index gehören Estland, die Philippinen und | |
| die Niederlande. Die Philippinen erreichten Rang 6 insbesondere wegen ihres | |
| niedrigen Energieverbrauchs und geringer Emissionen, Estland (5.) und die | |
| Niederlande (8.) punkten insbesondere in den Bereichen Erneuerbare und | |
| Klimapolitik. | |
| ## Brasilien steigt unter Lula auf | |
| Brasilien verbesserte sich unter dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da | |
| Silva dank einer ehrgeizigeren Klimapolitik und der Eindämmung der | |
| Abholzung des Regenwaldes deutlich von Platz 38 auf Platz 23. | |
| Zu den größten Absteigern zählen Großbritannien (von Platz elf auf 20) und | |
| Italien, das um 15 Plätze auf Rang 44 fiel. Schlusslicht in der EU ist | |
| erneut das stark kohleabhängige Polen auf Platz 55. | |
| International betrachtet gibt der Untersuchung zufolge ein weltweiter Boom | |
| der erneuerbaren Energien, Batterien, Wärmepumpen und der Elektromobilität | |
| „Grund zur Hoffnung“. „Noch nie wurden weltweit so viele Kapazitäten | |
| installiert wie 2022“, heißt es. Dieser Zuwachs müsse nun aber auch | |
| „exponentiell weitergehen, um die nach wie vor dominanten fossilen | |
| Energieträger zurückzudrängen“. | |
| Die Berichtsautoren erhoffen sich von der Weltklimakonferenz in Dubai einen | |
| „Schub beim notwendigen Klimaschutz“. Dazu müssten die Verhandler aus fast | |
| 200 Staaten aber „bindende Beschlüsse“ fassen für eine Verdreifachung der | |
| weltweiten Erneuerbaren-Kapazitäten, eine Verdopplung der Energieeffizienz | |
| sowie eine Halbierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2030, insbesondere | |
| durch ein Zurückfahren der Nutzung von fossilen Energieträgern wie Öl und | |
| Kohle. | |
| Ein Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien ist ein | |
| zentraler Streitpunkt, der die am Freitag begonnene zweite | |
| Verhandlungswoche in Dubai bestimmen wird. Offiziell soll die 28. | |
| Weltklimakonferenz am 12. Dezember enden, ein Überziehen wie in den | |
| Vorjahren ist aber nicht ausgeschlossen. | |
| ## Baerbock übernimmt wichtige Rolle | |
| Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) soll indes bei der Klimakonferenz | |
| für die EU die Verhandlungen zur weiteren Minderung von Treibhausgasen | |
| führen. Das verlautete am Freitag aus der deutschen Delegation. Bei der | |
| UN-Konferenz in Dubai will die Weltgemeinschaft eine Bestandsaufnahme ihrer | |
| Klimaschutz-Bemühungen machen, zudem diskutieren die knapp 200 Delegationen | |
| über Schritte, die helfen sollen, die globalen Klimaziele zu erreichen. | |
| Baerbock ist für die Schlussphase des Treffens angereist und verhandelt nun | |
| auch für Deutschland. | |
| Die zweiwöchige Klimakonferenz mit rund 97.000 Teilnehmern soll am 12. | |
| Dezember enden. Ein Hauptstreitpunkt ist, ob es am Ende einen Beschluss zum | |
| Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas gibt. Beraten wird auch darüber, ob die | |
| Konferenz eine Verdreifachung der Erneuerbaren Energien bis 2030 und eine | |
| Verdopplung des Tempos bei der Energieeffizienz beschließen soll – damit | |
| ist gemeint, dass Geräte und Waren zunehmend weniger Energie im Betrieb und | |
| bei ihrer Produktion verbrauchen. | |
| Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch sagte, Baerbock komme | |
| nun in den Verhandlungen eine „Schlüsselrolle“ zu. „Diese Rolle von | |
| Deutschland wird jetzt sehr wichtig.“ In diesem Stadium der Konferenz werde | |
| es darum gehen, ob sich besonders von der Klimakrise betroffene Staaten mit | |
| ambitionierten Industrieländern zusammentun, um mehr Ehrgeiz bei den | |
| Beschlüssen zu erwirken. | |
| Bei der Klimakonferenz in Paris 2015 hatte die Staatengemeinschaft sich das | |
| Ziel gesetzt, die Erderwärmung wenn möglich auf weniger als 1,5 Grad im | |
| Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Stattdessen steuert der | |
| Planet nach Angaben der Vereinten Nationen bis zum Ende des Jahrhunderts | |
| aber auf fast 3 Grad zu – wenn alle Zusagen der Staaten eingehalten werden, | |
| woran viele Experten zweifeln. | |
| 8 Dec 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.germanwatch.org/de/ksi | |
| [2] /Israel-auf-der-Klimakonferenz/!5978614 | |
| [3] /Ranking-klimafreundlichster-Staaten/!5892119 | |
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