# taz.de -- Wärmewende und Heizungsgesetz: Noch schnell eine Gasheizung | |
> Wegen zu hoher Strompreise sind Wärmepumpen noch nicht wettbewerbsfähig. | |
> Verbraucher*innen müssen sich auf schwankende Preise einstellen. | |
Bild: Thermografie eines Einfamilienhauses | |
Freiburg taz Im Sinne der [1][Bundesregierung] war das wohl nicht: In den | |
ersten neun Monaten des Jahres 2023 lag der Absatz von Gasheizungen mit | |
625.000 Geräten um 38 Prozent über dem Vergleichswert des Vorjahres. Das | |
geht aus Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) | |
hervor. Der Verkauf von Ölheizungen verdoppelte sich sogar im gleichen | |
Zeitraum auf 81.500 Geräte. Heizungswärmepumpen kamen auf einen Absatz von | |
295.500 Stück. | |
Damit ist der Verkauf von Heizgeräten aller Art in diesem Jahr um 46 | |
Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Erstmalig seit dem Boom | |
im Zuge der Wiedervereinigung in den 1990ern setzten die Hersteller wieder | |
binnen eines Jahres mehr als eine Million Heizungen ab. | |
Der Höhenflug dürfte zwei Gründe haben. Zum einen haben Hauseigentümer | |
angesichts gestiegener Energiepreise in effizientere Heiztechnik | |
investiert. Auch die Politik der Bundesregierung hatte offenbar ungewollte | |
Konsequenzen: Die Debatte über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) habe „dafür | |
gesorgt, dass viele Hausbesitzer sich im Jahresverlauf für eine | |
Heizungsmodernisierung entschieden haben, um den Anforderungen des GEG | |
zuvorzukommen“, schreibt der BDH. | |
Aufgrund der Vorzieheffekte erwartet der Verband für das kommende Jahr | |
einen deutlichen Markteinbruch. Von den Mitgliedsunternehmen rechneten 85 | |
Prozent der Unternehmen für das erste Quartal 2024 mit einer „schlechten | |
oder sogar sehr schlechten Marktentwicklung“. Eine Marktbelebung durch das | |
GEG erwarteten die Unternehmen nicht, so der BDH. | |
## Strom ist zu teuer | |
Zweifellos wird die Bundesregierung ihr Ziel, jährlich 500.000 neue | |
Wärmepumpen in die Häuser zu bringen, 2023 verfehlen – und nächstes Jahr | |
wohl auch. Die Hersteller sitzen zum Teil bereits auf Überkapazitäten. Ein | |
Grund: Ohne staatliche Förderung kann die Wärmepumpe zumindest derzeit | |
nicht mit der Gastherme konkurrieren – dafür ist der Strom zu teuer, | |
beziehungsweise das [2][Erdgas] zu billig. | |
Die Kilowattstunde Strom dürfe maximal 2,5-mal so teuer sein wie die | |
Kilowattstunde Erdgas, damit die Rechnung aufgehe, sagt Marek Miara, | |
Wärmepumpenexperte am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Der | |
Faktor liege in Deutschland aktuell jedoch bei 3,4. Deswegen ruft die | |
Wärmepumpenlobby nach Vergünstigungen. In einem gemeinsamen Positionspapier | |
fordern der BDH und der Bundesverband Wärmepumpe eine Entlastung beim | |
Strompreis – konkret eine Absenkung der Stromsteuer und zugleich einen | |
reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent für Wärmepumpenstrom. | |
## Zeitvariable Stromtarife | |
Unterdessen wird jedoch immer deutlicher, dass die Kosten des Heizens mit | |
Wärmepumpe in Zukunft vor allem von einem Faktor abhängig sein werden: von | |
der Flexibilität der Anlage, auf die Preissignale des Strommarkts zu | |
reagieren. Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an | |
der HTW Berlin, sagt, wer seinen Stromverbrauch nicht netzdienlich steuere, | |
werde in Zukunft draufzahlen. | |
Denn zeitvariable Stromtarife sind absehbar. Diese werden nötig, weil | |
aufgrund der fluktuierenden Erzeugung aus erneuerbaren Energien der Wert | |
des Stroms immer mehr schwankt. Da zugleich der Stromverbrauch in | |
Deutschland durch die Elektrifizierung von Mobilität und Wärmemarkt | |
langfristig auf das Dreifache steigen werde, wie Quaschning prophezeit, | |
brauche man variable Tarife, um die Wärmepumpen vernünftig in das | |
Stromsystem zu integrieren. Speicher im Haus könnten dann verhindern, dass | |
die Wärmepumpe ausgerechnet zu einer Zeit läuft, wenn es [3][Netzengpässe] | |
gibt oder die Stromerzeugung gerade sehr teuer ist. Ab 2025, so heißt es in | |
der Heizungsbranche, würden zeitvariable Stromtarife Realität. | |
7 Dec 2023 | |
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[1] /Haushaltsstreit-in-Berlin/!5974086 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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