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# taz.de -- Fankrawalle in Griechenland: Ständige Gewaltspiele
> Nach jüngsten Fanausschreitungen in Athen kämpft ein Polizist um sein
> Leben. Bis Februar gibt es nun in der ersten Fußballliga nur
> Geisterspiele.
Bild: Polizeieinsatz bei der Partie zwischen Olympiakos Piräus und AEK Athen i…
Die abgefeuerte Leuchtkugel schlug zuerst auf der Straße auf, durchdrang
seine Uniform und durchschlug schließlich seinen Oberschenkel. Der
31-jährige Polizist brach am vorigen Donnerstag um 21.30 Uhr vor der
Sporthalle „Melina Merkouri“ im südwestlichen Athener Vorort Renti sofort
zusammen. Er erlitt einen Herzstillstand, verlor schnell viel Blut und fiel
ins Koma. Seither liegt er auf der Intensivstation in einem Athener
Krankenhaus. Er musste mehrmals operiert werden. Sein Zustand bleibt
kritisch. Die Ärzte kämpfen um sein Leben.
Der Täter, gerade 18 Jahre alt, schmächtige Statur, ist geständig. Ihm wird
versuchter Totschlag vorgeworfen. Er hatte, wie Videoaufnahmen zeigen, mit
rund 150 Hooligans die Sporthalle während des Volleyball-Spitzenspiels
zwischen den Erzrivalen [1][Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen]
verlassen, um sich draußen mit der Polizei anzulegen. Die Polizei setzte
massiv Tränengas ein. Die Partie wurde abgebrochen. „Ich wollte die
Leuchtkugel hochwerfen“, sagte der Täter hernach, wie sein Anwalt
mitteilte. Sein Mandant wünsche, dass der Polizist gesund werden möge.
Der jüngste Vorfall hat die Regierung in Athen [2][unter dem konservativen
Premier Kyriakos Mitsotakis] auf den Plan gerufen. Ab sofort und bis zum
12. Februar 2024 werden in Griechenlands bester Fußballliga, der Super
League, nur noch Geisterspiele stattfinden, wie ein Regierungssprecher am
Montag in Athen verkündete.
Auch das Europa-League-Spiel von Piräus gegen den serbischen Club Backa
Topola am Donnerstag werde vor leeren Rängen ausgetragen. Die Uefa sei
informiert worden und damit einverstanden, fügte der Regierungssprecher
hinzu.
## Kritik an zu laxen Maßnahmen
Am Montag fanden in Athen, Thessaloniki und Patras Protestkundgebungen von
Polizisten statt. Sie übten scharfe Kritik an der Regierung. Die Maßnahme
sei „viel zu lax“. Der Tenor der wütenden Ordnungshüter lautete: „Wir
wollen nicht den Kopf für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen
hinhalten, wofür doch die Clubs zuständig sein müssten.“ Ferner schäumt d…
Athener Opposition. Sie wirft der Regierung Mitsotakis grobe Unfähigkeit
vor.
In Griechenland ist die ausufernde Fangewalt eine Seuche. Maßgeblich ist
der Fußball betroffen. Zuletzt wurde am 7. August 2023 der 29-jährige
Michalis Katsouris vor dem AEK-Stadion im Vorfeld der Partie zwischen AEK
und Dinamo Zagreb von den berüchtigten Dinamo-Ultras Bad Blue Boys (BBB)
sowie verbrüderten griechischen Hooligans attackiert. Ein Messerstich traf
Katsouris am Arm. Er starb an seinen Blutungen.
Der Kreislauf der Gewalt begann hierzulande vor vierzig Jahren. Am 9.
September 1983 starb der 18-jährige Aris Dimitriadis vor dem
Harilaou-Stadion in Thessaloniki an seinen Stichwunden. Ihm folgten zwölf
weitere Todesfälle, den AEK-Fan Katsouris inbegriffen. Hinzu kommen
unzählige Verletzte sowie hohe Sachschäden in Stadien und anderswo.
Stets beteuerten die Regierungen in Athen, Verbandsvertreter sowie
Fußballclubs, die Fangewalt beseitigen zu wollen. Vergeblich. Weder teils
wochenlange Unterbrechungen der Meisterschaft, Geisterspiele oder die Keule
aller Keulen, nämlich der drohende Ausschluss der Clubs aus den
europäischen Wettbewerben, können das Unwesen stoppen.
Abermals geraten die Besitzer der vier Topclubs ins Kreuzfeuer der Kritik,
allesamt griechische Oligarchen. Sie kontrollieren in bester
Berlusconi-Manier zudem die Massenmedien. Der Vorwurf gegen sie: Sie würden
die Fans nicht mäßigen und trügen daher an der Misere eine Mitschuld.
Gleichwohl dürften die ansonsten allmächtigen Reeder Vangelis Marinakis
(Piräus), Jannis Alafouzos (Panathinaikos) sowie Dimitris Melissanidis
(AEK) [3][und der Großunternehmer Ivan Savvidis (Paok Saloniki)]
mittlerweile eher die Kontrolle über die Fans ihrer Vereine verloren haben.
Ins Visier der Konkurrenz ist jedenfalls Piräus-Eigner Marinakis geraten,
dem auch der englische Premier-League-Club Nottingham Forest gehört und
obendrein noch das Präsidentenamt der Super League innehat. Panathinaikos,
AEK, Paok sowie Aris Saloniki fordern laut griechischen Medienberichten
seine sofortige Absetzung als Super-League-Präsident.
Den sportlichen Niedergang der griechischen Clubs belegt derweil
eindrücklich die Uefa-5-Jahres-Wertung. Griechenland rangiert derzeit auf
Platz 19.
12 Dec 2023
## LINKS
[1] /Spielabbruch-nach-Krawallen-in-Athen/!5098088
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[3] /Milliardaere-im-griechischen-Fussball/!5489579
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Fußball
Griechenland
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Schwerpunkt Krise in Griechenland
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