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# taz.de -- Debatte um Einrichtung in Hamburg-Altona: Jugendliche wollen nicht …
> Junge Geflüchtete erneuern Vorwürfe gegen Hamburger Träger Sternipark im
> Jugendhilfeausschuss. Politiker reagieren betroffen, Träger verteidigt
> sich.
Bild: Karge und triste Atmosphäre: die Unterkunft in der Theodorstraße
Hamburg taz | Am Ende seines Vortrags reichte eine Abgeordnete des
Jugendhilfeausschusses Altona dem Jugendlichen ein Taschentuch, denn ihm
waren beim Erzählen die Tränen gekommen. Zusammen mit vier weiteren
Jugendlichen und einer Dolmetscherin war er in den Kollegiensaal des
Rathauses Altona gekommen und wiederholte dort die Vorwürfe, über die
[1][zuvor die taz] und [2][der NDR berichtet] hatten. Zum Beispiel, dass es
dort, wo er lebt, viel zu eng sei; dass er morgens um 7 Uhr in den
Frühstückraum kam, und nichts mehr dagewesen sei.
Der 16-jährige Junge afghanischer Herkunft lebt seit fast einem Jahr in der
Theodorstraße. Eine Einrichtung, die der Träger [3][Sternipark Ende 2022
eröffnete], um die Engpässe in der Erstversorgung von minderjährigen
unbegleiteten Flüchtlingen zu lindern. 48 Plätze sollte es geben, dem hatte
auch der Jugendhilfeausschuss Altona [4][zugestimmt, unter Vorbehalt], denn
eigentlich hielt man dort weder die Immobilie – eine in den 1990ern
umgebaute Lagerhalle – noch den Träger für sonderlich geeignet.
Doch seit Kurzem ist die Platzzahl auf 67 aufgestockt, es kamen mehr Betten
in die Zimmer und es gab Beschwerden. Wie die taz berichtete, protestierten
am 15. November über 20 Jugendliche beim [5][Kinderschutzbund]. Sie
schickten Videos von engen Zimmern und einer leeren Frühstückstafel.
Doch seitdem ihre Proteste publik sind, sei es eher noch schlechter
geworden, berichtet der Jugendliche. Ein Übersetzer habe gedroht, sie kämen
in eine Einrichtung für Erwachsene, wenn sie sich weiter beschwerten. Ein
anderer Junge erzählt, er sei schon vier, fünf Monate in Deutschland und
gehe noch nicht zur Schule. Er wolle Deutsch lernen, doch der Kurs in der
Einrichtung reiche nicht.
## Andere Einrichtungen zahlen Essensgeld
Begleitet wurden die Jugendlichen von der [6][Hamburger Ombudsstelle für
Kinder- und Jugendhilfe] (OHA). Es gebe dort seit Mai etliche Beschwerden
über die Theodorstraße, auch von Vormündern und Lehrkräften der Schulen,
sagte OHA-Leiterin Anja Post-Marstens.
Sternipark-Geschäftsführerin Leila Moysich kam im [7][Anschluss zu Wort].
Sie sagte, sie könne in einigen Punkten die Unzufriedenheit verstehen, etwa
weil es oft dauere, bis ein Jugendlicher einen Schulplatz bekäme. Das könne
aber Sternipark nicht ändern. Doch für Verpflegung sei gut gesorgt, das
könne sie mit Mengenangaben belegen. Sie könne „ausschließen“, dass es
Jugendliche gab, die in der Zeit von 6 Uhr früh bis 10.30 Uhr in der
Einrichtung kein Frühstück vorfinden. Sollte etwas fehlen, werde
nachgelegt.
Man habe die Belegung auf 67 erhöht, um zu verhindern, dass Jugendliche in
Zelten wohnen. In drei Fällen wohnten nun drei in Zweibettzimmern, weil
Freunde zusammenziehen wollten. Die Zimmer mäßen zwischen 13,98 und 27,12
Quadrameter.
Hoch her ging es, als ein Ausschussmitglied Moysich fragte, ob sie eine
Erklärung für die Kritik habe. Moysich sagte, beim Essen gebe es „in der
Tat einen Konflikt um Finanzmittel“. Denn in den Einrichtungen des
städtischen Landesbetriebs bekämen die Jugendlichen neben Taschengeld auch
Geld für Lebensmittel, das auch für anderes verwendet werden könnte. Es
gebe viele, die mit „schwerem finanziellen Druck“ herkämen, etwa weil sie
Schlepper bezahlen müssten.
Daraufhin merkte Linken-Bezirkspolitiker Volker Vödisch an, die
Jugendlichen hätten mit keinem Wort mehr Geld verlangt, sondern wollten
besser verpflegt werden. Die Jugendlichen rege das Gesagte sehr auf, sagte
auch die Übersetzerin: „Hier wurde die Ehre verletzt. Geld spielt für die
Jugendlichen keine Rolle.“
## Jugendamt übt auch Kritik
Die Träger-Chefin bemerkte noch, es gebe bei anderen Bewohnern
Unverständnis über das Geschilderte. „Es gibt eine Menge Jugendliche, die
heute hier nicht sitzen.“
Allerdings gab es am 22. November dort einen Besuch von zwei Mitarbeitern
des Jugendamts Altona und einem Mitarbeiter der Sozialbehörde. Man habe
dort die Jugendlichen in drei Gruppen aufgeteilt und Sprachmittler dabei
gehabt, berichtete Jugendamtsmitarbeiter Christian Dreyer-Witt dem
Ausschuss. „Die Bewohner haben das, was hier heute Abend auch vorgetragen
wurde, in allen drei Gruppen genau so wiedergegeben.“ Sie hätten
ausdrücklich gewünscht, zur Schule zu gehen, und gesagt, dass der
Sprachkurs vor Ort viel zu kurz sei. Räume für den Sprachkurs gebe es zwar,
aber die reichten für die Menge nicht aus. Damit die jungen Menschen ihre
Zeit sinnvoll nutzen können, müsse das pädagogische Angebot ausgeweitet
werden. „Die Einrichtung braucht insgesamt mehr Atmosphäre“, sagte
Dreyer-Witt. „Also es ist da schon sehr karg.“ Auch ein Vertreter
umliegender Jugendklubs erklärte, man habe vergeblich versucht, Kontakt
aufzubauen und würde gern kooperieren.
Der Ausschuss will im Januar die Sozialbehörde zum Sternipark befragen. „Es
ist gut, dass das Anliegen der Jugendlichen vor den politischen Ausschuss
gelangt ist“, sagte Volker Vödisch nach der Sitzung. Er sei von den
Berichten der Jungen geschockt. „Da muss man Abhilfe schaffen.“
8 Dec 2023
## LINKS
[1] /Verzweifelte-Jugendliche-in-Hamburg/!5971105
[2] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Gefluechtetenunterku…
[3] /Jugendliche-Fluechtlinge-in-Hamburg/!5903934
[4] https://bv-hh.de/rails/active_storage/disk/eyJfcmFpbHMiOnsibWVzc2FnZSI6IkJB…
[5] https://kinderschutzbund-hamburg.de/
[6] /Sozialarbeiter-ueber-Jugendhilfe/!5963222
[7] https://sitzungsdienst-altona.hamburg.de/bi/to010.asp
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Jugendliche
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