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# taz.de -- UN-Klimagipfel in Dubai: Wenn Geopolitik aufs Klima trifft
> Differenzen über den Nahostkrieg könnten den Riss zwischen Nord und Süd
> vertiefen – und einen Konsens auf dem Klimagipfel erschweren.
Bild: Mitglieder des Roten Halbmonds sammeln auf einem Festival in Dubai Kisten…
Der [1][Weltklimagipfel in Dubai] hätte in einer Ära der geopolitischen
Deeskalation, Normalisierung und Zusammenarbeit in Westasien stattfinden
sollen: Saudi-Arabiens Annäherung an den Iran, die von Saudi-Arabien
vorangetriebene Re-Integration von Syriens Machthaber Baschar al-Assad in
die globale Arena und die Normalisierung politischer Beziehungen zwischen
verschiedenen Golfstaaten mit Israel. Nun findet der Klimagipfel in den
Emiraten inmitten der weltweiten Differenzen über den Konflikt zwischen
Israel und Palästina statt. Welchen Einfluss hat der Krieg auf den Gipfel?
Das Ausrichterland, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), hatte die
arabische Normalisierung mit Israel maßgeblich vorangetrieben. Im September
2020 unterzeichneten sie, gemeinsam mit Bahrain, und Israel das sogenannte
Abraham-Abkommen, in dem sie sich auf die Normalisierung ihrer Beziehungen
einigten. Die Emirate und Israel hatten in den Jahren zuvor bereits enge
geheimdienstliche, militärische und zivile Beziehungen aufgebaut.
Bei den Deals ging es jedoch weniger um friedenspolitische Zusammenarbeit
als um eigene Interessen: Israels Premierminister Netanjahu befand sich vor
Neuwahlen, die Emirate waren am Zugang zu modernen Waffensystemen
interessiert. Die emiratische Regierung wollte den Gipfel als Gelegenheit
nutzen, ihre bilaterale Annäherung weiter zu festigen. Israel hatte
ursprünglich geplant, mit circa 1.000 Delegierten an der COP28
teilzunehmen. Auch der israelische [2][Premierminister Benjamin Netanjahu]
wurde zur Konferenz eingeladen. Mehreren Medienberichten zufolge soll die
israelische Delegation nun aber zumindest verkleinert werden. Ob Netanjahu
teilnimmt, ist unklar. Es wäre sein erster Besuch in den Emiraten überhaupt
gewesen.
Die große Solidarität mit den Palästinenser*innen in der arabischen
Öffentlichkeit – einschließlich derjenigen am Golf– und ihre Missbilligung
der Normalisierung üben Druck auf arabische Regierungen aus. Mit Protesten
fordert die Bevölkerung in Ägypten und Jordanien, die diplomatische
Beziehungen zu Israel unterhalten, ihre Beziehungen abzubrechen –
angesichts der immensen Zahl ziviler Todesopfer in Gaza durch israelische
Angriffe.
## Jordanien sagte bereits Joint Venture ab
Jordanien hat schon ein Zeichen gesetzt und ein gemeinsames
Solar-Wasserprojekt abgesagt. Das „Wasser für Energie“- Projekt sollte ein
Aushängeschild dafür werden, wie Kooperation über Energie- und Klimafragen
zu Frieden beitragen kann. In Jordanien sollte ein 600-Megawatt-Solarpark
gebaut werden, finanziert von einem staatlichen Energie-Unternehmen der
Emirate. Die Solarenergie sollte nach Israel verkauft werden, im Gegenzug
wollte Israel Wasser einer neuen Entsalzungsanlage an Jordanien senden. Die
endgültige Fassung des Abkommens sollte auf der COP28 unterzeichnet werden.
Doch Jordanien hat angekündigt, den Vertrag nicht zu unterschreiben.
„Können Sie sich vorstellen, dass ein jordanischer Minister neben einem
israelischen Minister sitzt, um ein Wasser- und Stromabkommen zu
unterzeichnen, während Israel weiterhin Kinder in Gaza tötet?“, hatte der
jordanische Außenminister Aiman Safadi am 16. November in einem
Fernsehinterview erklärt.
Obwohl die diplomatischen Beziehungen angespannt sind, unterhalten
Jordanien und Ägypten sie weiterhin, ebenso sind die Emirate und
Saudi-Arabien nicht von der Normalisierung mit Israel abgerückt. Das mag an
den gemeinsamen Sicherheitsinteressen liegen: Wie auch Israel teilen die
arabischen Staaten die Angst vor der Bedrohung militanter islamistischer
Milizen.
Die Differenzen über den Krieg haben vor allem einen Riss in die
Beziehungen zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden gebracht.
Dieser Riss könnte sich auch durch die wichtigen Verhandlungen über den
Loss and Damage Fund ziehen, den die reichen Länder auf dieser COP mit Geld
füllen müssen. Das vorhandene Budget dafür könnte auch vom Ölpreis und von
gestiegenen Weltmarktpreisen durch den Krieg beeinflusst werden. Die
Weltbank sagt voraus, dass der Ölpreis steigt, je länger der Krieg dauert.
## Arabische Aktivisten setzen sich für Palästina ein
Arabische Umweltorganisationen und Expert*innen für Klimagerechtigkeit
aus dem Globalen Süden machen derweil auf den Zusammenhang zwischen dem
Nahostkonflikt und Umweltungerechtigkeit aufmerksam. Sie haben angekündigt,
sich für die Rechte der Palästinenser*innen einzusetzen – auch auf
der COP28. Sie verweisen auf den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörungen
durch den Krieg in Gaza sowie Umweltungerechtigkeiten durch die Besetzung
Palästinas durch Israel.
Dazu zählen sie die Aneignung von Wasserressourcen durch israelische
Behörden und das Abschneiden Gazas vom Zugang zu Wasser, das Verbrennen von
Olivenbäumen palästinensischer Landwirte durch israelische Siedler*innen
oder die Schaffung israelischer Umweltschutzgebiete, die dem Ziel dienten,
Palästinenser*innen von ihrem Land zu vertreiben. Sie weisen zudem
auf ein umstrittenes Gasfeld vor der Küste Gazas hin. Der Krieg mache
deutlich, wie sehr Klimaschutz und Frieden miteinander verknüpft sind.
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben angekündigt, designierte Zonen
einzurichten, in denen kritische Umweltaktivist*innen nach eigenen
Angaben protestieren und ihre Meinung äußern dürfen. Die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagt, es bleibe unklar,
was genau die Behörden zulassen werden und ob eine öffentliche
Demonstration der Teilnehmer*innen im Gastland stattfinden kann.
Trotz der großen geopolitischen Spannungen wolle man den Fokus auf die
Klimagespräche richten, sagte Majid al-Suwaidi, Generaldirektor der
[3][COP28], gegenüber der emiratischen staatlichen Zeitung The National.
„Wir wissen, dass wir uns in einer Zeit globaler Unruhen befinden, und es
ist wichtig, dass so viel wie möglich angegangen wird. Aber das Tolle am
Klima ist, dass es ein Raum ist, in dem sich alle auf die gemeinsame
Richtung einigen, die wir einschlagen wollen.“
28 Nov 2023
## LINKS
[1] /Vor-der-Weltklimakonferenz/!5972833
[2] /Israel-und-seine-Gegner/!5972476
[3] /Klimakonferenz-in-Dubai/!5974546
## AUTOREN
Julia Neumann
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