# taz.de -- Studie zu queeren Tieren: Auch Delfine haben schwulen Sex | |
> Es ist längst bekannt, dass auch Tiere gleichgeschlechtlichen Sex haben. | |
> Eine neue Studie zeigt jetzt, wie weit verbreitet er in der Tierwelt ist. | |
Bild: Sex hat offenbar noch viel mehr Nutzen als das reine Fortbestehen zu sich… | |
Viele Tiere stehen auf gleichgeschlechtlichen Sex. Grillen, Seeigel, | |
Delfine und Bonobos gehören zu den über 1.500 Tierarten, bei denen | |
Wissenschaftler*innen Sex unter zwei Männchen oder zwei Weibchen | |
beobachtet haben. Da dieses Verhalten nicht direkt zur Fortpflanzung | |
beiträgt, wird gleichgeschlechtliches Sexualverhalten oft als evolutionäres | |
Rätsel betrachtet. | |
## Die Studie | |
Bis jetzt beschäftigten sich Studien nur mit dem Same-Sex einzelner | |
Tierarten. Das spanische [1][Forschungsteam um José Gómez versuchte nun, | |
die Evolution des gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens bei Säugetieren | |
zu erklären], indem sie mehr Arten betrachteten und versuchten, Muster | |
zwischen unterschiedlichen Tieren zu identifizieren. | |
In der wissenschaftlichen Literatur fanden die Forschenden über 6.000 | |
Säugetierarten, von denen das Sexualverhalten beobachtet wurde. Bei vier | |
Prozent dieser Arten wurde das Sexualverhalten zwischen | |
gleichgeschlechtlichen Tieren festgestellt. Dazu zählen das [2][tierische | |
Vorspiel], also das Umwerben des Sexualpartners, der Genitalkontakt und | |
auch langfristig eingegangene Bindungen. Dabei sind Männchen und Weibchen | |
etwa gleich häufig zu beobachten. | |
Beim Betrachten der Stammbäume dieser vier Prozent kamen die Forschenden | |
zum Schluss, dass die ältesten Arten der in großen Gruppen lebenden | |
Säugetiere, wie Primaten oder Katzen, wahrscheinlich kein | |
gleichgeschlechtliches Sexualverhalten zeigten. Erst in der Entwicklung | |
neuer Tierstämme begannen einige von ihnen, gleichgeschlechtliche Tiere | |
interessant zu finden. Dieses Verhalten entwickelte sich offenbar in | |
mehreren Stämmen gleicher und unterschiedlicher Arten unabhängig | |
voneinander. | |
Auf der Suche nach gemeinsamen Merkmalen fanden die Forschenden heraus, | |
dass eher soziale, in Gruppen lebende Arten gleichgeschlechtliche | |
Verhaltensweisen entwickelten. Gómez und sein Team stellen die These auf, | |
dass gleichgeschlechtlicher Sex positive soziale Beziehungen innerhalb der | |
Gruppe aufbauen und pflegen kann. | |
Außerdem kommt Sex unter Männchen bei allein lebenden Arten, die besonders | |
aggressiv der eigenen Art gegenüber sind, häufiger vor. Das könnte laut der | |
Studie dazu führen, dass Aggressionen und Konflikte zwischen Individuen | |
verringert werden. Statt im Kampf zu dominieren, könnte der Rivale die | |
Dominanz auch bei sexuellen Handlungen zu spüren bekommen. | |
## Was bringt’s? | |
Die Studie zeigt, dass Sex offenbar noch viel mehr Nutzen hat, als das | |
reine Fortbestehen zu sichern. Die Verhaltensbiologie von Tieren auf den | |
Menschen zu übertragen, ist zwar nicht möglich, aber [3][homophober | |
Schwachsinn] wie „Gleichgeschlechtlicher Sex sei unnatürlich, das sehe man | |
doch in der Biologie“ wird dadurch erneut entkräftet. Laut Studie tut | |
gleichgeschlechtlicher Sex sozialen Gruppen gut. | |
16 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://doi.org/10.1038/s41467-023-41290-x | |
[2] /Studie-zu-Froeschen/!5965037 | |
[3] /Homophobe-Angriffe-beim-CSD/!5946280 | |
## AUTOREN | |
Melina Möhring | |
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