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# taz.de -- Widerstand gegen Junta in Myanmar: Rebellen auf dem Vormarsch
> Im nordöstlichen Shan-Staat fügt eine Allianz Aufständischer dem Militär
> die größte Niederlage seit dessen Putsch 2021 zu.
Bild: MNDAA-Rebellen in Chinshwehaw präsentieren auf diesem von ihnen gemachte…
Berlin taz | Seit Tagen melden Rebellen im Nordosten Myanmars täglich
militärische Erfolge. Dort sind im Shan-Staat mit der Brotherhood of
Northern Alliance drei Guerillagruppen auf dem Vormarsch. Unterstützt
werden sie bei ihrer [1][Operation 1027], benannt nach dem Beginn der
Offensive am vorletzten Freitag, von Rebellen anderer Ethnien in den
Regionen [2][Sagaing, Kachin] und Mandalay. Es ist die bisher größte, am
besten koordinierte und erfolgreichste Offensive bewaffneter Juntagegner
seit dem Putsch am 1. Februar 2021.
Am Samstag erklärte die Rebellenorganisation MNDAA (Myanmar Nationalities
Democratic Alliance Army), die Allianz habe inzwischen 106 Militärposten
und vier Kleinstädte erobert. Die drei hauptbeteiligten Rebellengruppen
setzen geschätzte 20.000 Kämpfer ein. Angaben über ihre Verluste gibt es
nicht.
Im [3][Krieg zwischen der Junta und der bewaffneten wie zivilen Opposition]
lassen sich Berichte kaum unabhängig überprüfen. Doch letzten Donnerstag
räumte Juntasprecher Zaw Min Tun laut der Agentur AFP ein, das Militär habe
die Kontrolle über die Grenzstadt Chinshwehaw verloren. „Regierung,
Verwaltungs- und Sicherheitsorgane sind nicht länger vor Ort“, erklärte er
und sprach von Kämpfen in zehn Orten, ohne Details zu nennen.
Chinshwehaw ist der wichtigste Grenzübergang nach China. Hier nimmt das
Regime einen Großteil seiner Zölle im Handel mit der Volksrepublik ein, dem
größtem Handelspartner. Die Rebellen behaupten, auch den Zugang zur
Grenzstadt Muse weiter nördlich zu kontrollieren. China hat die Grenze
inzwischen geschlossen. Mindestens 500 Zivilisten sind laut
UN-Nothilfeorganisation [4][Ocha] schon in die Volksrepublik geflohen.
23.000 weitere sind innerhalb des Shan-Staates auf der Flucht vor den
Kämpfen, wo [5][Ocha] zuvor 14.470 Binnenvertriebene zählte.
## Rebellen: „Armee hat ihren Kampfwillen verloren“
In der Region ist das Großprojekt einer grenzüberschreitenden
Eisenbahnverbindung im Rahmen von Chinas neuer Seidenstraße geplant. Neben
der MNDAA erklärten auch die an der Allianz beteiligte Ta’ang National
Liberation Army (TNLA) und die Arakan Army (AA), wichtige Straßen
eingenommen und insgesamt mindestens 170 Soldaten getötet zu haben. Laut
dem oppositionsnahen Portal Irrawaddy [6][ergab sich ein Bataillon] den
Rebellen. Fotos zeigen viele erbeutete Waffen. Die MNDAA [7][erklärte am
Samstag]: „Die meisten Juntatruppen haben ihren Kampfwillen verloren. Sie
legen angesichts unserer koordinierten Angriffe lieber ihre Waffen nieder.“
Juntachef Min Aung Hlaing [8][kündigte am Freitag eine Gegenoffensive an],
von der aber noch nichts zu merken ist. Das Militär hat Probleme,
Verstärkung in die Region zu bekommen. Es konzentriert sich auf
Luftangriffe mit Jets und Hubschraubern aus russischer Produktion. Noch
haben die Rebellen nicht die wichtige Stadt Lashio (131.000 Einwohner)
eingenommen, den Sitz des regionalen Militärkommandos. Lashios Flughafen
ist bereits geschlossen.
Laut dem oppositionsnahen Portal Frontier sorgen mit Bombenanschlägen
untermauerte [9][Forderungen nach Revolutionssteuern] in Lashio für Unruhe.
Unklar sei, wer dahinter steckt. Das Onlineportal zitiert einen
Rebellensprecher, der Besteuerung einräumt, aber die Durchsetzung mittels
Bomben kategorisch dementiert. In der für Gesetzlosigkeit bekannten Region
blühen Drogenhandel, Glücksspiel und Cyberkriminalität, in die Militärs wie
Rebellen verwickelt sind.
Zwar schützt China das Militärregime vor internationaler Verurteilung. Doch
fordert Peking beide Seiten zu einer sofortigen Waffenruhe auf. Letzte
Woche war Chinas Minister für öffentliche Sicherheit, Wang Xiaohong, zu
einem geplanten Besuch sowohl an der Grenze wie zu Gesprächen in der
Hauptstadt Naypyidaw. Details wurden nicht bekannt. China ist an Stabilität
an seiner Grenze wie generell in Myanmar interessiert. Es sorgt sich um
seine Investitionen, vor Unruhe unter seiner ethnischen Bevölkerung nahe
der Grenze und um seine geostrategischen Interessen.
## Russland ist die größe Stütze der Militärjunta
Die größte internationale Stütze der Junta ist Russland. Am Freitag legten
drei russische Zerstörer in Yangons Hafen an. Sie wollen mit Myanmars
Marine ein erstes bilaterales Manöver durchführen. Anders als in Syrien
scheint Russland das Regime nicht direkt durch militärisches Engagement
unterstützen zu wollen. Doch dürfte Moskaus Rückhalt für Myanmars Militär
moralisch wichtig sein.
Die im Untergrund operierende demokratische Gegenregierung, die selbst nur
wenige der bewaffneten Oppositionsgruppen kontrolliert, begüßte den
Vormarsch der Rebellen im Shan-Staat. Der in Bangkok lebende Militäranalyst
und Sicherheitsexperte Anthony Davis schreibt in der [10][Asia Times], dass
der bewaffnete Konflikt in Myanmar eine Dynamik erreicht habe, dass die
lange Zeit gültige Analyse eines militärischen Patts nicht mehr aufrecht zu
erhalten sei.
Das Militär bleibe zwar zweiterhin „rücksichtslos, diszipliniert und
finanziell gut ausgestattet“, so Davies. Aber der Widerstand sei so stark
gewachsen, dass er nicht mehr einfach ausgeschaltet werden können. Und dass
trotz eines „anarchischen Flickenteppichs von Volksverteidigungskräften und
ethnischen bewaffneten Gruppen sowie dem auffälligen Fehler einer
charismatischen Führungsfigur, strategischer Kohäsion oder externer
Unterstützung.“
## Experte: Rebellenerfolge dank Aufrüstung und Einigkeit
Davies führt die gewachsene Stärke der Juntagegner auf die erfolgreiche
Beschaffung kleiner und leichte Waffen zurück. Das habe zum Verlust der
Kontrolle der Armee über viele städtische Regionen geführt. Auch sei es
bisher nicht zu „organisierten Machtkämpfen“ innerhalb zwischen den
Rebellengruppen gekommen.
Zugleich sieht Davies eine zunehmende Überdehnung der Kräfte des Militärs,
worauf er dessen wachsende Unfähigkeit zu größeren Offensiven zurückführt.
Er hält deshalb einen Übernahme des gesamten nördlichen Shan-Staates durch
die Rebellenallianz für möglich, schließt aber auch eine Übernahme des
Gebietes duch die United Wa State Army nicht aus. Das ist eine hochgerüste
Rebellengruppe, die sich aus dem Drogenhandel finanzieren soll und einen
Waffenstillstand mit dem Militär geschlossen hat.
5 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/seven-key-points-about…
[2] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/myanmar-resistance-gro…
[3] /Buergerkrieg-in-Myanmar/!5947761
[4] https://www.unocha.org/publications/report/myanmar/myanmar-escalation-clash…
[5] https://www.unocha.org/publications/report/myanmar/myanmar-escalation-clash…
[6] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/myanmars-brigade-143-s…
[7] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/myanmar-junta-troops-l…
[8] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/myanmar-military-will-…
[9] https://www.frontiermyanmar.net/en/lighting-a-fuse-lashio-shaken-by-explosi…
[10] https://asiatimes.com/2023/10/fog-of-war-myanmars-armed-conflict-is-not-a-…
## AUTOREN
Sven Hansen
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