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# taz.de -- In die Sauna mit Freund Nedim: Kostenlos schwitzen
> Es war kalt und ich wollte schwitzen, um abzunehmen. Also ließ ich mich
> überreden, ohne Eintritt in die Sauna zu gehen. Eine gute Idee? Leider
> nein.
Bild: Die Frage ist, wer drin sitzt: Sauna-Eingang in einem Thermalbad
Auf dem Heimweg von der Morgenschicht hält neben mir mit quietschenden
Reifen ein blauer Ford-Transit. Mein alter Freund Nedim sitzt am Steuer und
brüllt durch das offene Fenster: „Osman, gut dass ich dich sehe. Ich muss
unbedingt abnehmen!“
„Nedim, falls es dich tröstet, ich muss auch abnehmen. Zumindest meine Frau
Eminanim ist dieser Meinung. Deswegen muss ich seit zwei Wochen bei der
Kälte zu Fuß zur Arbeit“, stöhne ich.
„Osman, du bist aber naiv, dadurch kannst du doch nicht abnehmen! Du musst
richtig schwitzen, um abzunehmen. Komm, lass uns in die [1][Sauna] gehen.
Allein macht’s keinen Spaß. Los, komm, steig schon ein.“
„Hör zu, Bruder Nedim, du kennst doch meine Frau Eminanim. Sie macht mich
fertig, wenn sie erfährt, dass ich in der Sauna war. Da laufen doch überall
nackte Frauen rum. Außerdem ist mir der Eintrittspreis viel zu hoch. Ich
schwitz’ lieber bei der Arbeit in Halle 4.“
„Osman, willst du nun abnehmen oder nicht? Komm schon, ich hab alles
organisiert! Wir zahlen nur den Eintritt für die Schwimmhalle! Ich kenne
einen versteckten Gang, von dem aus man in die Sauna reinkommt, ohne einen
Cent zu zahlen. Und deiner Frau brauchst du ja nicht zu erzählen, dass du
in der Sauna warst.“ Mir fallen keine Gegenargumente mehr ein. Außerdem
wäre das sowieso sinnlos gewesen, denn Nedim hat längst Gas gegeben.
## Geheimtür zum Duschraum
Am [2][Hallenbad] angekommen, bemerkt Nedim, dass er ganz zufällig kein
Geld dabeihat, und ich bezahle für ihn mit. Danach gehen wir durch eine
kleine Tür in einen dunklen, schmalen Flur rein. Noch eine geheime Tür und
wir stehen plötzlich im Duschraum der Sauna.
„Na, Osman, was habe ich gesagt? Ist das nicht toll? Wir sind kostenlos in
der Sauna“, freut sich Nedim.
„Meine Unterhose behalte ich an“, sage ich.
„Osman, es ist wirklich peinlich mit dir! Zieh das hässliche Ding sofort
aus!“
„Ist gut, ist gut. Nedim, schön ruhig ist es hier. Wir sollten jeden
Dienstag herkommen.“
„Ja, ja, jetzt willst du plötzlich jeden Dienstag kommen, nicht wahr, du
Parasit“, lacht er. Danach machen wir, nackt wie Allah uns geschaffen hat,
die Sauna Tür auf. Und prompt bekomme ich den größten Schock meines nicht
gerade schockarmen Lebens! Eine ganze Horde Frauen liegt oder hockt auf den
Holzbänken und schwitzt um die Wette – nackt wie Allah sie ebenfalls
erschaffen hat: unsere Nachbarinnen Fadimanim, Pembanim, Aysanim, Nedims
Frau Hümeyranim und nicht zuletzt die Zweitgrößte Nervensäge des Mittleren
Orients, meine geliebte Frau Eminanim!
„Was machst du denn hier, du elender Gaffer“, schreit sie mich an und wirft
mir ein nasses Handtuch an den Kopf. „Osman, schämt ihr euch denn überhaupt
nicht, am [3][Frauentag] hier reinzuplatzen?“
„Eminanim, du wirst es vielleicht jetzt nicht glauben, aber ich wollte nur
ein bisschen abnehmen – für dich.“
„Komm du mir bloß nach Hause, du Spanner“, brüllt sie. Man muss gar nicht
unbedingt in die Sauna, um völlig nassgeschwitzt zu sein!
4 Dec 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
Kolumne Alles getürkt
Frauen
Sauna
Männer
Satire
Sauna
Frauen im Film
Schwerpunkt Rassismus
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