Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Erdoğan-Besuch in Berlin: Gespräche mit wenigen Möglichkeiten
> Am Freitag erwartet der Bundeskanzler den türkischen Präsidenten in
> Berlin. Dabei gibt es kaum Erwartungen an das Treffen – und deutliche
> Kritik.
Bild: Schon das Zuhören fällt schwer: Erdoğan bei seinem letzten Besuch in B…
Berlin taz | Der Besuch des türkischen Präsidenten in Berlin fällt in eine
politische Großwetterlage, dabei waren Aufenthalte von Recep Tayyip Erdoğan
in Deutschland oft auch schon selbst Grund, diese auszulösen. Wenn Olaf
Scholz (SPD) den türkischen Staatschef am Freitagabend zu einem
Arbeitsessen im Kanzleramt empfängt, wird es um Fragen gehen, in denen sich
Berlin und Ankara zuletzt fundamental unterschiedlich positioniert hatten.
„Es ist der Besuch eines schwierigen Partners“, sagte ein
Regierungssprecher am Mittwoch.
Kritik an dem Besuch kam, verknüpft mit Forderungen, vom Zentralrat der
Juden und der Kurdischen Gemeinde in Deutschland. Der Besuch des türkischen
Staatspräsidenten müsse dafür genutzt werden, gegenüber Erdoğan deutlich zu
machen, dass seine Relativierung des Hamas-Terrors unter keinen Umständen
akzeptiert werde, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. „Wer das
Existenzrecht Israels nicht nur leugnet, sondern aktiv bekämpft, darf kein
Partner für die deutsche Politik sein.“
Erdoğan weigert sich, [1][die radikalislamistische Hamas als
Terrororganisation zu bezeichnen,] auch nicht nach ihren brutalen Angriffen
auf Israel vom 7. Oktober mit 1.200 Toten und 240 Geiseln. „Das sind
Menschen, die sich für den Schutz, die Verteidigung und den Kampf für ihr
Heimatland einsetzen“, [2][hatte der Präsident am Sonntag mit Blick auf die
Hamas in einem Interview mit türkischen Journalist*innen gesagt.] Er
frage sich, wie der Bundeskanzler [3][Äußerungen des französischen
Präsidenten bewerte], in denen Emmanuel Macron eine Waffenruhe gefordert
und Israel beschuldigt hatte, Zivilisten in Gaza zu töten. „Wir werden dies
bei dem Besuch in Deutschland näher besprechen“, kündigte Erdoğan gegenüb…
der Zeitung Hürriyet an.
„Es gibt einen Austausch, aber die Sichtweisen sind sehr unterschiedlich,
da muss man sich nichts vormachen“, sagte Regierungssprecher Steffen
Hebestreit. Die Bundesregierung hoffe in der Frage der türkischen
Positionierung auf die „Kraft der Argumente“.
## Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit in der Ukraine?
Indes stehen auf der Agenda von Scholz auch viele andere Großthemen, die er
mit Erdoğan am Abend, nach dessen Besuch bei Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier (SPD), besprechen will. Zweieinhalb Stunden soll das Gespräch
zwischen dem Bundeskanzler und dem türkischen Präsidenten dauern. Dabei
solle es auch um Migration und die türkische Positionierung im Krieg
Russlands gegen die Ukraine gehen.
Gerade beim Thema Flucht verlangten Unionspolitiker Verhandlungen des
Kanzlers mit Erdoğan. „Der Bundeskanzler muss darauf hinweisen, dass es
nicht akzeptabel ist, dass zunehmend mehr Asylmigranten mit türkischer
Staatsbürgerschaft, zu uns kommen“, [4][sagte CSU-Landesgruppenchef
Alexander Dobrindt gegenüber T-Online.] Erdoğan müsse diese Menschen
zurücknehmen.
Unklar war zunächst, ob es nach dem Gespräch Erdoğans mit dem Kanzler auch
eine Pressekonferenz geben würde. Ein angedachter Besuch des
Fußball-Länderspiels der Männer, Deutschland gegen die Türkei, am Samstag
in Berlin stand dagegen nicht mehr auf der Agenda. „Auf Organisationsebene
gehen wir zurzeit nicht von einem Besuch Erdoğans aus“, erklärte ein
Sprecher des Olympiastadions gegenüber der taz.
Yaşar Aydın, Wissenschaftler am Zentrum für angewandte Türkeistudien in
Berlin, hat in der Frage einer möglichen Vermittlerrolle, die die Türkei im
Nahen Osten einnehmen könnte, keine großen Hoffnungen in die Macht Ankaras.
„Aufgrund der Äußerungen Erdoğans zur Hamas hat die Türkei die Chance auf
eine Vermittlerrolle verspielt“, sagte der Sozialwissenschaftler gegenüber
der taz. „Die Türkei hat nicht die diplomatischen Mittel in der Region, die
für eine Vermittlung notwendig wären.“
Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei
sieht er dagegen in der Ukraine, weil Ankara wegen seiner
Wirtschaftsbeziehungen einen Hebel gegenüber Moskau habe.
15 Nov 2023
## LINKS
[1] /Erdoan-gegen-Israel/!5964130
[2] https://www.hurriyet.com.tr/gundem/cumhurbaskani-erdogandan-onemli-aciklama…
[3] https://www.bbc.com/news/world-europe-67356581
[4] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100281062/a…
## AUTOREN
Cem-Odos Güler
## TAGS
Recep Tayyip Erdoğan
Olaf Scholz
Staatsbesuch
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Deutschlands Türkeipolitik: Vorsichtige Annäherung am Bosporus
Scholz und Erdoğan leiten mit ihrem Treffen eine Wende in der
deutsch-türkischen Politik ein: von Distanz zu engerer Kooperation.
Staatsbesuch von Erdoğan: Mini-Demo gegen Erdoğan
Berlin wurde für den türkischen Staatspräsidenten teilweise abgeriegelt.
Auf Demonstrationen gegen ihn nahmen nicht mal 100 Menschen teil.
Türkei und Deutschland: In Pragmatismus vereint
Die Türkei steht in Nahost auf der Seite der Palästinenser. Warum Präsident
Erdoğan dennoch an einem guten Verhältnis zu Deutschland gelegen ist.
Erdoğan in Deutschland: Besuch in brisanten Zeiten
Besuche des türkischen Präsidenten lösten schon politische Krisen aus.
Diesmal ist das nicht zu erwarten. Protest gegen Erdoğan formiert sich
dennoch.
Nahost-Krisendiplomatie: Frostiger Empfang in Ankara
US-Außenminister Blinken trifft auf Nahost-Krisentour seinen türkischen
Ministerkollegen. Präsident Erdoğan verzichtete – er war nicht da.
Erdoğan gegen Israel: „Stehen für den Nahen Osten bereit“
Unter Erdoğan verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Israel und der
Türkei. Er heizt die Stimmung an, droht dem Westen, nennt Israel
„Kindermörder“.
100 Jahre türkische Republik: Gaza-Solidarität als Innenpolitik
Vor dem hundertjährigen Jubiläum der Türkischen Republik ruft Erdoğan einen
Palästina-Tag aus. Es ist ein weiterer Schritt weg vom säkularen Staat.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.