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# taz.de -- Plastikmüllkonferenz in Nairobi: Beim Recyceln schlechter als geda…
> In Kenia protestieren Initiativen vor UN-Plastikkonferenz. Gleichzeitig
> wird klar: Die Zahlen von EU-Verhandler Spanien stimmen offenbar nicht.
Bild: Plastikmüllprotest in Nairobi
Madrid taz | Kurz vor dem Start der UN-Plastikkonferenz sind am Samstag
[1][hunderte Protestierende durch Kenias Hauptstadt Nairobi gezogen], wo
das einwöchige Treffen am Montag beginnen soll. „Life with plastic – not
fantastic“ und „Kick polluters out“ („Leben mit Plastik ist nicht
fantastisch“, „Verschmutzer raus“) stand auf den Schildern der
Demonstranten von Umweltgruppen und Initiativen.
175 Länder werden bei der dritten von fünf Verhandlungsrunden über ein
Abkommen, das die Verschmutzung durch Plastik bis 2040 massiv eindämmen
soll, erwartet. Wichtiger Player: Die EU. Hauptziel der spanischen
EU-Ratspräsidentschaft bei den sogenannten INC3-Verhandlungen „besteht
darin, einen rechtsverbindlichen, ehrgeizigen internationales Abkommen zu
erreichen, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoff abdeckt“, heißt es
aus dem spanischen Ministerium für Ökologische Transformation. Noch „vor
2024“ solle eine Einigung erzielt werden.
Die Linkskoalition des Sozialisten Pedro Sánchez reist im europäischen
Auftrag – und gibt vor, die Hausaufgaben in Sachen Plastik gemacht zu
haben. Offenbar nicht mit realistischen Zahlen. Offiziell recycelt nur
Deutschland EU-weit mehr Plastik als das Land auf der Iberischen Halbinsel.
In Spanien waren es 1,12 Millionen Tonnen, Deutschland verwendet 2,6
Millionen Tonnen wieder. Da Deutschland knapp doppelt so viele Einwohner
wie Spanien hat, sind die Spanier fast gleich auf beim Recycling pro
Einwohner. Beim Verpackungsmüll recycelte Spanien bereits 2020 68 Prozent –
und übertrifft damit sogar das EU-Ziel von 65 Prozent bis 2025.
Doch: „Die Statistiken sind eine Sache, die Realität teilweise ganz
anders“, beschwert sich Carlos Arribas, Abfallexperte von [2][Ecologistas
en Acción]. Die wichtigste spanische Umweltschutzorganisation untersuchte,
woher die Zahlen kommen. „Die Quelle der Recyclingquoten in Spanien ist
Ecoembes, eine gemeinnützige Organisation, hinter der Verpackungs- und
Lebensmittelindustrie sowie die großen Ketten stehen. Ecoembes ist alles
andere als unabhängig“, weiß Arribas und rückt die Recyclingquote in ein
anderes Licht.
## Keine Pfand auf Einwegflaschen
Das große Problem sei nach wie vor das [3][Einwegplastik]. Hier recycelt
Spanien nur 50 Prozent. Pfand auf Einwegflaschen gibt es im Land nicht. Die
relativ hohen Ziffern ergeben sich durch Plastikabfälle, die in der
Industrie und und in der Landwirtschaft anfallen. So werden zum Beispiel
große Anbauflächen für Gemüse mit Folienzelten abgedeckt. Recyceln ist hier
leichter als beim Haushaltsmüll.
Vor allem die Gemeinden und Regionen versagen bei der Mülltrennung. Nur
drei Regionen, das Baskenland, Navarra und Katalonien, erfüllen derzeit die
Vorgaben der EU, nach denen bereits im Jahr 2020 50 Prozent des
Haushaltsmülls der Wiederverwertung zugeführt werden mussten.
Spanienweit sieht es hingegen schlecht aus. 2020 waren es im Landesschnitt
gerade einmal 36,4 Prozent, deutlich unter dem EU-Schnitt von 49 Prozent.
Von den dicht bevölkerten Gebieten des Landes schneidet die konservativ
regierte Hauptstadtregion Madrid am schlechtesten ab. Gerade einmal 28,6
Prozent des Haushaltsmülls werden recycelt, 58,5 Prozent landen auf einer
gewöhnlichen Müllkippe, 12,9 Prozent in der Müllverbrennungsanlage. Spanien
sei ein „Land suchtkrank nach Müllkippen“, schreibt die größte Tageszeit…
des Landes, El País.
Gradmesser für die Realität jenseits der Statistik über Plastikreycling ist
für Umweltschützer der Zustand des Mittelmeeres. „95 Prozent der Abfälle,
die im Mittelmeer treiben, sind Plastik. Der Großteil dieses Plastiks kommt
aus der Türkei und Spanien, gefolgt von Italien, Ägypten und Frankreich“,
schreibt die Umweltorganisation World Wildlife Fund (WWF) in einer Studie
mit dem Titel [4][„La Trampa de Plástico“] (Die Plastikfalle). Es sind die
Länder mit Massentourismus entlang ihrer Küsten. Das Mittelmeer weist
danach derzeit etwa 1,25 Millionen Plastikteile pro Quadratkilometer Meer
auf – weit aus mehr als die berühmte „Plastikinsel“ im Pazifischen Ozean.
12 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.africanews.com/2023/11/12/activists-call-for-reduction-in-plast…
[2] https://www.ecologistasenaccion.org/
[3] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/plastikmuell-lemke-un-100.html
[4] https://www.wwf.es/nuestro_trabajo/oceanos/naturaleza_sin_plasticos/la_tram…
## AUTOREN
Reiner Wandler
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Meeresschutz
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