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# taz.de -- Einstellung zum Krieg: Nahost liegt nicht in Afrika
> Viele Afrikaner wollen sich im Nahost-Krieg nicht mehr positionieren.
> Denn auf ihre Konflikte schaut die internationale Gemeinschaft ja auch
> selten.
Bild: Ein Wandbild für Frieden zwischen Palästina und Israel in Kapstadt
Wie alle Menschen auf der Welt haben auch Afrikaner im Konflikt zwischen
Israel und Palästina, seit es ihn gibt, Partei ergriffen. Bis zum neuesten
und andauernden Krieg haben die Staaten Afrikas, die immer noch vom Gefühl
der Befreiung aus den Zeiten des Unabhängigkeitskampfes geprägt sind, die
Sache der Palästinenser unterstützt.
Viele normale Menschen haben den Konflikt eher durch die religiöse Brille
gesehen, da die zwei großen Religionen Afrikas – [1][Christentum] und Islam
– ihre Wurzeln beide im Nahen Osten haben. Die Christen tendieren zur
Unterstützung Israels, oft in der irrigen Annahme, dass auch die Juden sich
mit Jesus Christus als Gottessohn identifizieren. Die Muslime sehen den
Kampf als religiös und tendieren zur Unterstützung der Palästinenser.
Christentum und Islam haben beide den Boden, auch den gedanklichen, für
Afrikas Beherrschung durch fremde Mächte bereitet.
[2][Aber die Reaktion auf die neueste Eskalation in Gaza hat nicht
vollständig diesen alten, von außen geprägten Mustern entsprochen.] Dies
könnte teilweise auf die zunehmende Enttäuschung von Afrikanern über fremde
Mächte zurückzuführen sein. Deren neokoloniale Tendenzen und unfaire
Handelsbeziehungen haben die Armut und die wirtschaftliche Not vergrößert,
was sich in einer wachsenden Schuldenkrise manifestiert.
Viele afrikanische Intellektuelle hinterfragen die obsessive Beschäftigung
der Welt mit dem Nahostkonflikt, während gleichzeitig über die
fürchterlichen Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent hinweggesehen
wird. Sie verweisen zum Beispiel auf [3][den Konflikt in der Region Darfur]
in Sudan, wo etwa eine Million Schwarze getötet worden sind, anscheinend
als Teil eines Vorhabens, sie von ihrem an natürlichen Reichtümern
gesegneten Land zu entfernen.
## Die langsame Entdeckung der Geschichte Afrikas
Auf zunehmenden Widerhall stößt in Afrika die Kritik an den Ratschlägen der
internationalen, insbesondere der westlichen Gemeinschaft, dass die
Afrikaner sich nicht immer über den Kolonialismus und die Sklaverei
beschweren, sondern einen Schlussstrich ziehen sollten. Kritisch wird daran
gesehen, dass die Welt wegen des 80 Jahre zurückliegenden Holocausts der
Juden mit Israel sympathisiert, während die koloniale Ära in Afrika erst in
den 1970er Jahren und die südafrikanische Apartheid in den 1990er Jahren
endete.
Man kann einigen Westmächten zugutehalten, dass sie davon Notiz nehmen. Der
deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier entschuldigte sich neulich in
Tansania für die „schändlichen“ Dinge, die Deutschland in dem
ostafrikanischen Land zu Beginn des 20. Jahrhunderts anrichtete, bevor es
seine Kolonie an Großbritannien verlor. Und nebenan in Kenia entschuldigte
sich der britische König Charles für die brutale britische Behandlung
kenianischer Widerständler gegen die koloniale Herrschaft in den 1950er
Jahren.
Nun entwickeln manche afrikanische Kommentatoren eigenartige Thesen. Sie
führen den israelisch-palästinensischen Konflikt auf den Antisemitismus der
Europäer und Amerikaner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück
und behaupten, Europa und Amerika hätten den Holocaust unterstützt, weil
sie vermeiden wollten, ihre Schulden bei den Juden zu zahlen. Sie verweisen
auf Versuche vor dem Holocaust, einen jüdischen Staat in Ländern wie Uganda
zu gründen, als Nachweis einer Verschwörung, sich der Juden zu entledigen.
Mit den früheren Parteinahmen für Israel oder die Palästinenser hat so
etwas nichts mehr zu tun. Immer mehr Afrikaner wollen nicht mehr Partei in
Konflikten anderer ergreifen. Afrikas Interessen sind ihnen wichtiger.
13 Nov 2023
## LINKS
[1] /Papst-Franziskus-in-Kinshasa/!5909421
[2] /Afrika-und-der-Krieg-in-Nahost/!5967808
[3] /Kaempfe-in-der-Region-Darfur-in-Sudan/!5926007
## AUTOREN
joachim buwembo
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