# taz.de -- Infrastruktur in Deutschland: Von Plänen und Beschleunigungen | |
> Dass es mit Stromtrassen und Handymasten schneller gehen soll, gefällt | |
> der Union. Doch da endet schon ihr Lob für die | |
> Ministerpräsidentenkonferenz. | |
Bild: Helfen neue Mobilfunkmasten auch bei der politischen Kommunikation? | |
BERLIN taz | Wer hätte es gedacht, aber an zentralen Projekten der | |
Bundesregierung ist aus den Reihen der Opposition derzeit durchaus auch | |
noch Lob zu hören. Jens Spahn, der stellvertretende Vorsitzende der | |
Unionsfraktion, stimmte wegen der Einigung zwischen Bund und Ländern bei | |
der Planungsbeschleunigung am Mittwoch sogar fast ein kleines Hohelied an: | |
„Das sind sehr konkrete gute, wichtige Maßnahmen“, sagte der | |
Wirtschaftspolitiker aus der CDU in Berlin. | |
Bund und Länder hatten sich am Montagabend auf ein Bündel von Änderungen | |
geeinigt, die zum schnelleren Bau von Windrädern, Bahnstrecken und | |
Wohnungen führen sollen. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht diese angestrebten Beschleunigungen | |
beim Ausbau der öffentlichen Infrastruktur als Kern des von ihm | |
angestoßenen „Deutschlandpakts“, [1][mit dem er die Union vor zwei Monaten | |
zur Kooperation eingeladen hatte.] Dabei hatte die Ampelkoalition schon | |
längst die Deutungshoheit über die Inhalte eines solchen Deutschlandpakts | |
verloren: [2][Die Union hatte in den vergangenen Monaten die Finte des | |
Kanzlers zur politischen Einvernahme] der Opposition geschickt umgemünzt | |
und [3][restriktive Maßnahmen in der Migrationspolitik zum zentralen | |
Baustein eines möglichen Deutschlandpakts erklärt.] | |
Dies führte nun zu der bemerkenswerten Ausgangslage, dass die SPD den | |
Deutschlandpakt mit Blick auf die Einigung zur Infrastrukturplanung als | |
vollen Erfolg betrachtet und sogar Zustimmung aus der Union erhält. Dennoch | |
erklärte CDU-Chef Friedrich Merz seinerseits bereits am Dienstag die | |
Bemühungen um einen Deutschlandpakt mit der Union als gescheitert, weil er | |
schärfere Restriktionen in der Migrationspolitik [4][von der | |
Ministerpräsident*innenkonferenz erwartet hatte.] | |
## Scholz nennt Planungsbeschleunigung historisch | |
Gänzlich unzufrieden ist die Union über diesen Ausgang aber trotzdem nicht. | |
„Es ist auch gelungen, politisch, kommunikativ, durch die öffentliche | |
Debatte, Migration zum Hauptthema des Deutschlandpakts zu machen“, sagte | |
Spahn. Denn zahlreiche Unionspolitiker*innen, darunter auch Merz, | |
betrachten die Einigung von Bund und Ländern auf mehr Restriktionen in der | |
Migrationspolitik als Schritt in die richtige Richtung; darunter den | |
geplanten längeren Leistungsbezug von Asylsuchenden nur nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz. | |
Scholz ließ am Mittwoch über eine Sprecherin mitteilen, er finde es | |
„durchaus sehr schade“, dass Merz in der Migrationsfrage nicht mehr mit ihm | |
zusammenarbeiten wolle. „Die Hand des Bundeskanzlers wird weiter | |
ausgestreckt bleiben“, hieß es. Das Bundespresseamt erklärte jedoch, wieder | |
in Bezugnahme auf die Planungsbeschleunigung, dass „ein wichtiger Teil des | |
Deutschlandpakts“ bei der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen worden | |
sei. „Das ist auch, was dem Bundeskanzler besonders wichtig war.“ | |
Scholz hatte das Paket zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung am | |
Dienstag als historisch bezeichnet. Die geplante Entbürokratisierung sei | |
„in diesen Dimensionen“ eine Premiere, so der Kanzler. Die Maßnahmen sehen | |
etwa schlankere Vorgaben für serielles Bauen, eine Digitalisierung des | |
Genehmigungsverfahrens sowie eine vereinfachte Aufstellung von | |
Mobilfunkmasten vor. Scholz sprach von 100 Regelungen, die in vielen | |
Bereichen des täglichen Lebens für eine Beschleunigung sorgen würden. | |
Die Union drängte auf eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse. Doch es | |
könnte noch etwas dauern: Eine Arbeitsgruppe wolle erste Ergebnisse zur | |
Umsetzung im März präsentieren, sagte ein Sprecher des | |
Wirtschaftsministeriums. | |
8 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
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