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# taz.de -- Chaos in Guinea: Befreiungsaktion für Ex-Diktator
> In Guinea konnte Ex-Diktator Moussa Dadis Camara kurzzeitig aus dem
> Gefängnis ausbrechen. Sein Ex-Gardechef Claude Pivi ist weiterhin
> flüchtig.
Bild: Soldaten bewachen das Schlafzimmer des damaligen Machthabers Dadis Camara…
Conakry/Berlin taz | Straßensperren sind an den Hauptverkehrswegen
eingerichtet, höchste Sicherheitsvorkehrungen gelten in Guineas Hauptstadt
Conakry, an Verkehrsknotenpunkten und Grenzposten. Die Militärregierung von
Präsident Mamady Doumbouya ist in höchster Alarmstimmung, seit in der Nacht
zu Samstag ein schwerbewaffnetes Kommando das [1][Zentralgefängnis in
Conakry stürmte] und den ehemaligen Militärdiktator [2][Moussa Dadis
Camara] und drei andere Altmilitärs aus der Zeit der Dadis-Regierung 2008
bis 2010 befreite. Dadis sowie seine ehemaligen Juntakollegen Moussa
Tiegboro und Blaise Goumou wurden noch am gleichen Tag wieder gefasst. Aber
ein Vierter, der einstige Präsidialgardechef Claude Pivi, befand sich am
Montag weiter auf der Flucht.
Pivi galt während der Diktatur von Dadis, der 2008 dem verstorbenen
Langzeitherrscher Lansana Conté gefolgt war, als brutalster General Guineas
und als eigentlicher starker Mann des Landes. Alle vier sind heute
Hauptangeklagte eines der [3][spektakulärsten Menschenrechtsprozesse], die
derzeit in Afrika laufen: der Prozess gegen die mutmaßlichen Befehlsgeber
eines Massakers an friedlichen Demonstranten bei einer Kundgebung gegen die
Militärherrschaft in Conakry am 28. September 2009, bei dem mindestens 156
Menschen getötet wurden.
Das Massaker beschleunigte das Ende der Militärherrschaft; 2010 wurde bei
freien Wahlen der zivile Oppositionelle [4][Alpha Condé] zum Präsidenten
gewählt. Er wurde 2021 wieder [5][weggeputscht]. Der seitherige
Militärherrscher Doumbouya hat aber nicht die früheren Generäle
rehabilitiert, sondern sie verhaftet und vor Gericht gestellt.
Mitten in diesen Prozess platzte nun die spektakuläre Befreiungsaktion.
Bewohner Conakrys glaubten zunächst an einen erneuten Militärputsch, als am
Samstag im Morgengrauen Schüsse von schweren Waffen das Regierungsviertel
Kaloum von Conakry erschütterten. Kaloum ist eine langgestreckte Halbinsel
und das Zentralgefängnis befindet sich an der Spitze dieser Halbinsel, ist
also am schwersten erreichbar. Dies nährt Mutmaßungen über eine
Insider-Aktion. Erst 2022 war das Zentralgefängnis mit einer umfassenden
Videoüberwachung mit 60 Kameras ausgestattet worden, um den grassierenden
Schmuggel von Drogen in die Haftanstalt und Häftlingen aus ihr heraus zu
unterbinden.
## Jemanden auf einem Motorrad zu entführen ist schwierig
Am Montag haben Guineas Behörden 58 Offiziere, Soldaten und Gefängniswärter
entlassen, was auf eine größere Verschwörung hindeutet. Dadis Camara selbst
hat seine Befreiung als Entführung bezeichnet, sein Anwalt Jocamey Haba
sagte im Rundfunk, offensichtlich sei sein Mandant nicht einmal im
Zentralgefängnis sicher und der Staat habe versagt.
Die Regierung weist die Darstellung einer „Entführung“ zurück.
Regierungssprecher Ousmane Gaoual Diallo sagte am Sonntagabend, die drei
Gefassten seien auf Motorrädern aufgegriffen worden, in jeweils 17 und 26
Kilometern Entfernung vom Gefängnis. „Kann man jemanden auf einem Motorrad
entführen? Das ist schwierig, wenn er es nicht auch will.“
Er machte Oberst Pivis Sohn Verni Pivi, ebenfalls Präsidialgardist, für die
Aktion verantwortlich, bei der es nach amtlichen Angaben neun Tote gab:
drei Angreifer, vier loyale Militärangehörige sowie zwei Zivilisten in
einem Krankenwagen, der beschossen wurde: ein sechs Jahre altes Mädchen auf
dem Weg ins Krankenhaus und ihr Arzt.
Am Montag lief die Suche nach dem flüchtigen Oberst Pivi weiter auf
Hochtouren. Guineas Grenze nach Mali, wo eine befreundete Militärregierung
regiert, wurde wieder geöffnet.
6 Nov 2023
## LINKS
[1] /Ex-Militaerjunta-Chef-von-Guinea/!5970791
[2] /Aus-Le-Monde-diplomatique/!5151885
[3] /13-Jahre-nach-Massaker-von-Conakry/!5880410
[4] /Oppositionsfuehrer-wird-neuer-Praesident/!5132136
[5] /Nach-dem-Staatsstreich-in-Guinea/!5795438
## AUTOREN
Dominic Johnson
Mamadu Ondo
## TAGS
Guinea
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