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# taz.de -- Kurden in Syrien: Kein Platz für Kurden
> Der syrische Kanton Afrin ist für Kurden kein sicheres Zuhause mehr. Sie
> werden diskriminiert, verfolgt und dürfen die eigene Sprache nicht
> sprechen.
Bild: Kämpfer der türkisch ausgebildeten Syrischen Nationalarmee (SNA) in Afr…
Mit der türkischen Militärinvasion 2018 in Nordsyrien verfolgt Ankara eine
systematische demografische Veränderung der Region. Besonders die Region
Afrin, die einst mehrheitlich von syrischen Kurdinnen und Kurden bewohnt
war, ist davon betroffen. Der Anteil der kurdischen Bevölkerung von Afrin
sank laut der [1][Gesellschaft für bedrohte Völker] (GfbV) von über 90
Prozent vor der Invasion auf 15 bis 22 Prozent im Jahr 2023.
Afrin ist inzwischen im Chaos versunken. Mehrere oppositionelle Milizen,
insbesondere die der „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) teilen sich unter
türkischer Aufsicht die Herrschaft über die Region. Kämpfe untereinander
und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung sind keine Seltenheit. Das größte
Verbrechen wird allerdings gegen die kurdische Bevölkerung Afrins verübt,
die zu verschwinden droht.
Tausende vertriebene kurdische Familien aus Afrin wurden enteignet.
Schutzgeldzahlungen oder Lösegeld für entführte Menschen sind ein beliebtes
Mittel bei den Milizen, um sich zu bereichern. Das lukrativste Geschäft
bietet sich allerdings im Verkauf von den Jahrhunderten alten Olivenbäumen,
die das Wahrzeichen der Region sind. Ganze Waldflächen sind durch den Raub
der Bäume verschwunden, was in dieser vom Klimawandel ebenfalls betroffenen
Region katastrophale Folgen hat.
Auch die kurdische Muttersprache unterliegt Restriktionen. In den Schulen
ist sie fast gänzlich verschwunden, und auch im Alltag bereitet die
Verwendung der Sprache immer mehr Probleme. Die Diskriminierung der Kurden
verstärkte sich mit dem verheerenden Erdbeben vom 6. Februar 2023. Diverse
Aufnahmen bestätigten, wie die Kurden [2][bei den Rettungs- oder
Hilfsaktionen diskriminiert] wurden.
## Massaker in Jinderis
Internationale NGOs machten auf diesen Umstand aufmerksam. Dabei
präsentierte dies nur einen Bruchteil dessen, was dort wirklich geschieht.
Zum kurdischen Neujahrsfest Newroz richteten bewaffnete Milizen ein
Massaker in der Kleinstadt Jinderis an. Vier Kurden aus einer Familie
mussten sterben, als sie ihr Fest begehen wollten.
Auch gegen syrische Kurden, die nach Afrin zurückzukehren versuchen, geht
Ankara vor. Unter dem Vorwand der „Kooperation mit der Selbstverwaltung“
werden die Rückkehrer in Gefängnisse geworfen. Bis 2018 war Afrin Teil der
Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES). Laut der hohen
Kommissarin der UN für Menschenrechte Michelle Bachelet werden sie
teilweise sogar in die Türkei verschleppt, wo sie ohne jegliche
Verteidigung ins Gefängnis kommen.
Gleichzeitig siedelt Ankara gezielt Familien von radikalen Gruppierungen in
Afrin an. Ob Mitglieder des Islamischen Staates (IS), der [3][Hay'at Tahrir
ash-Sham (HTS)] oder anderer islamistischer Gruppierungen, alle sind in
Afrin präsent. Unter der offiziellen Bezeichnung „Freiwillige Rückkehr“
schiebt die Türkei Hunderttausende syrische Flüchtlinge nach Syrien ab.
Dabei werden in den besetzten Gebieten Nordsyriens, die die Türkei als
„Sicherheitszonen“ deklariert hat, gezielt Flüchtlinge angesiedelt, die
keine Kurden sind, um die dauerhafte demografische Veränderung in der
Region zu erreichen. In Afrin existieren mehrere, dokumentierte illegale
Siedlungen, die mit kuwaitischer, katarischer, palästinensischer und auch
saudischer Hilfe gebaut werden.
Syrische NGOs wie die STJ oder SOHR haben mehrere dieser Siedlungen
nachgewiesen, die zum Teil in Abmachung mit den oppositionellen Milizen
gebaut werden. Obwohl der Bau dieser Siedlungen gegen mehrere
internationale Regularien verstößt, gibt es gegenüber dieser Praxis eine
internationale ohrenbetäubende Stille.
23 Oct 2023
## LINKS
[1] https://www.gfbv.de/de/news/tuerkischer-terror-in-afrin-11091/
[2] https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/syrien-hilfslieferungen-fuer-erd…
[3] /Kurdischer-Kanton-Afrin-in-Nordsyrien/!5888260
## AUTOREN
Ibrahim Murad
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