# taz.de -- Kritik an Korrespondentin: Das Problem Einseitigkeit | |
> Das „nd“ beendet die Zusammenarbeit mit Autorin Karin Leukefeld. Interne | |
> Kritik an ihrer Syrien-Berichterstattung gab es schon seit längerer Zeit. | |
Bild: Karin Leukefeld schreibt von nun an für die „Nachdenkseiten“ | |
Die Journalistin Karin Leukefeld ist seit vielen Jahren die einzige | |
deutsche Journalisten, die auch während des [1][Bürgerkriegs in Syrien] | |
offiziell akkreditiert war. Dadurch wurde die Islamwissenschaftlerin 2012 | |
sogar Gegenstand [2][eines kritischen Artikels im Tagesspiegel]. | |
Dort zitierte Autor Matthias Meisner Presseagenturen wie Reuters, die | |
erklärten, dass eine freie Berichterstattung in Syrien unter Machthaber | |
Baschar al-Assad unmöglich sei. „Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, | |
dass sich zwei deutsche Tageszeitungen aus dem linken Spektrum, das Neue | |
Deutschland (nd) und die Junge Welt, mit Karin Leukefeld eine | |
Korrespondentin leisten, die seit etwa zwei Jahren in Damaskus akkreditiert | |
ist und auch in jüngster Zeit immer wieder nach Syrien reiste und von dort | |
berichtete“, schrieb Meisner vor elf Jahren. Jetzt hat das Neue Deutschland | |
die Zusammenarbeit mit Leukefeld beendet. | |
[3][In einem Brief der nd-Redaktionsleitung] vom 11. September 2023 wurde | |
ihr das Ergebnis einer Abstimmung des Redaktionsrats, einer seit den 1990er | |
Jahren bestehenden basisdemokratischen Versammlung der | |
nd-Mitarbeiter*innen, bekannt gegeben: „Eine deutliche Mehrheit hat sich – | |
bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen – dafür ausgesprochen, die | |
Zusammenarbeit mit dir zu beenden und keine Texte mehr von dir zu | |
veröffentlichen.“ | |
Die Mehrheit der Redaktion monierte, dass Leukefeld in ihrer | |
Berichterstattung zum Syrien-Krieg überwiegend die Verantwortung des | |
Westens, vor allem der USA, in den Mittelpunkt stellte. Ausgespart werde in | |
Leukefelds Texten, „dass für die Eskalation des Kriegs in Syrien und seiner | |
Grausamkeiten auch die Assad-Regierung und ihre russischen und iranischen | |
Unterstützer verantwortlich sind“, so die redaktionsinternen | |
Kritiker*innen. Wolfgang Hübner von der nd-Redaktionsleitung betont | |
gegenüber der taz, dass es schon länger Unmut über Leukefelds | |
Syrien-Berichterstattung gab. | |
## Fehlende Selbstkritik | |
„Die Kritik wurde ihr über den zuständigen Fachredakteur mitgeteilt; wir | |
haben aber als Redaktionsleitung gezögert, die Zusammenarbeit zu beenden, | |
weil das natürlich ein harter Schnitt ist, den man nicht übers Knie brechen | |
sollte. Letztlich nahm die Kritik in Teilen der Redaktion derart zu, dass | |
der Redaktionsrat die Initiative ergriff“, so Hübner. | |
Es habe massive Beschwerden und auch einige Abokündigungen gegeben, | |
schildert Hübner die ersten Reaktionen von Leser*innen der | |
genossenschaftlich herausgegeben Zeitung. | |
Auf Anfrage der taz verweist Leukefeld auf ein längeres Interview auf den | |
Nachdenkseiten zum Zerwürfnis mit dem nd. Selbstkritische Töne finden sich | |
dort nicht. „Ich weiß nicht, was der Redaktionsrat ist. Es hörte sich an | |
wie ein Tribunal gegen eine Angeklagte, die nicht anwesend war“, | |
klassifiziert Leukefelds das Prozedere der Trennung. „In einer Art ‚Cancel | |
Culture‘, wie man sie bei Facebook, Whatsapp oder X vormals Twitter findet, | |
wurden meine Arbeit und meine Person diffamiert“, sagt sie weiter. | |
## Unter Gleichgesinnten | |
Dass lange vor dem nd auch einige Redaktionen von Radiostationen sich von | |
Leukefeld trennten, ist für sie eine Folge von „Drohmails von angeblichen | |
oder tatsächlichen syrischen Oppositionellen, die auch die Medien mit | |
diffamierenden Leserbriefen gegen mich bombardierten“. Kritische Töne zu | |
Assad und seinen russischen und iranischen Unterstützer*innen findet | |
man in dem Interview nicht. „Beide Länder haben den syrischen Staat gegen | |
bewaffnete Gruppen unterstützt, weil Syrien um Unterstützung gebeten hatte. | |
Es gab mehr als 50 Fronten in Syrien damals, die syrische Armee war völlig | |
überfordert“, so die Lesart der Korrespondentin, für die auch feststeht: | |
„Der Krieg in Syrien war nie ein Bürgerkrieg, sondern es war ein | |
internationaler Krieg gegen und um Syrien.“ | |
Den [4][Hamas-Angriff vom 7. Oktober] bezeichnet Leukefeld in ihrem neusten | |
Text, veröffentlicht auf den Nachdenkseiten, „als Militäroperation der | |
palästinensischen Qassam-Brigaden gegen Israel“. Leukefelds Reportagen aus | |
Syrien werden in Zukunft dort zu lesen sein. Die Nachdenkseiten-Redaktion | |
hat angekündigt, dass sie Leukefeld „als gute, langjährige freie | |
Mitarbeiterin enger als Korrespondentin für die Nahost-Region einbinden“ | |
wolle. Dort teilen viele mit der Korrespondentin die Überzeugung, dass vor | |
allem USA und Israel für viele Übel in der Welt die Verantwortung tragen. | |
29 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Elfter-Jahrestag-des-Syrienkonflikts/!5842376 | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/ich-kann-weitgehend-frei-be… | |
[3] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177193.berichterstattung-aus-dem-nahen-o… | |
[4] /Angriff-auf-Israel/!5963370 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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