# taz.de -- Bahá’í, religiöse Minderheit in Iran: Eine lange Geschichte de… | |
> Bahá'i werden in Iran seit dem Bestehen der Religion diskriminiert. | |
> Derzeit kommt es vermehrt zu Verhaftungen und Verurteilungen von Frauen. | |
Bild: Bild und Vase in einem Baha'i-Haushalt: Regimekräfte durchsuchen diese u… | |
BERLIN taz | Vier Monate lang wurde Faride Moradi in der iranischen Stadt | |
Mashhad immer wieder vom Geheimdienstministerium vorgeladen und musste | |
gegenüber den Behörden aussagen. Der Grund für die Verhöre ist ihre | |
Religion. Moradi gehört den Bahá’í an, der größten religiösen Minderhei… | |
Iran. Aber das ist nicht alles. Außerdem engagierte sich Moradi für | |
benachteiligte Kinder. Offenbar stört das Regime das: ihre | |
Religionszugehörigkeit, verbunden mit dem sozialen Einsatz. | |
Um einer Haft zu entgehen, musste sie eine Kaution hinterlegen – und das | |
war nicht leicht für sie, wie ihr Neffe Hesam Missaghi erzählt. Er lebt in | |
Berlin und unterstützt [1][die „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung]. „Meine | |
Tante und mein Onkel hatten das Geld nicht“, erklärt er. „Meine Tante | |
musste die Wohnung ihrer Eltern als Kaution hinterlegen.“ Der Prozess gegen | |
Moradi ging trotzdem weiter. | |
Am [2][Donnerstag wurde sie wegen der] „Mitgliedschaft in Gruppierungen mit | |
dem Ziel, die nationale Sicherheit zu zerstören“, und „Propaganda gegen den | |
Staat“ zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Das Urteil gegen | |
Moradi ist nur eines von vielen einer aktuellen Verfolgungswelle gegen | |
Bahá’í. | |
Die Religion gibt es seit Mitte des 19. Jahrhunderts und seit dem werden | |
Anhänger*innen der Religion in [3][Iran systematisch diskriminiert und | |
verfolgt]. Als nach der Revolution 1979 die Islamischen Republik entstand, | |
spitzte sich diese Verfolgung zu. | |
## Erinnerung an zehn Frauen | |
Das Regime erkennt das Bahaitum als Religion nicht an. Pilgerstätten wurden | |
entweiht, Friedhöfe geschändet, Krankenhäuser zerstört. Die staatliche | |
Verfolgung nahm zu: Bahá’í sind bis heute von Universitäten ausgeschlossen, | |
sie werden enteignet, immer wieder kommt es zu staatlich organisierten | |
Pogromen. | |
Am 18. Juni 1983 wurden zehn Frauen in Shiraz nach monatelanger Folter | |
öffentlich hingerichtet. Die jüngste war die 17-jährige Mona Mahmoudnejad. | |
Sie musste die Hinrichtungen der anderen Frauen mit ansehen, dann wurde sie | |
zum Galgen geführt. Derzeit erinnert die Internationale Bahá’í Gemeinde | |
[4][mit der Kampagne #OurStoryIsOne] an die zehn Frauen. | |
Immer wieder geht Iran gegen die Religionsgemeinschaft vor. Die aktuelle | |
Verfolgungswelle gegen Bahá’í hält seit einigen Monaten an. Im August | |
wurden 180 Bahá’í festgenommen. Laut einem Bericht der iranischen | |
[5][Menschenrechtsorganisation HRANA] betrafen 2022 etwa 65 Prozent der | |
religiös motivierten Menschenrechtsverletzungen in Iran die Bahá’í. | |
Aktuell sind vor allem Frauen betroffen. In den vergangenen Tagen wurden 26 | |
Bahá’í, davon 16 Frauen, zu insgesamt 126 Jahren Haft verurteilt. Allein am | |
vergangenen Montag wurden zehn Frauen in Isfahan und drei in Yazd | |
verhaftet. | |
Dabei durchsuchten die Regimekräfte Häuser, beschlagnahmten elektronische | |
Geräte, Bücher, aber auch Bargeld und Gold. Bei einer vierköpfigen Familie | |
in Isfahan stürmten [6][sie gegen sechs Uhr morgens die Wohnung], | |
verhafteten Mutter und Tochter und zerstörten die gesamte Wohnung. Viel | |
Wertvolles sei mitgenommen, aber auch zwei große Kisten Kinderspielzeug. | |
„Wie eine Räuberbande“, findet Hesam Missaghi, der mit Angehörigen der | |
Familie in Kontakt steht. | |
## Zehn Jahre im Evin-Gefängnis | |
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland, | |
[7][Jascha Noltenius], betont, dass es sich dabei um keine Einzelfälle | |
handelt. „Jeder dieser Bahá’í in Iran hat eine lebenslange Geschichte der | |
Verfolgung, die jede Facette seines Lebens beeinflusst hat. Diese | |
Geschichten sind ein erschreckendes Zeugnis jahrzehntelanger gnadenloser | |
Verfolgung einer ganzen Gemeinschaft, nur wegen ihres Glaubens.“ Jetzt | |
gerade nutze das Regime wohl, dass die Welt sich auf den Nahostkonflikt | |
konzentriert, vermutet er. | |
Die bekanntesten Fälle inhaftierter Bahá’í sind Mahvash Sabet und Fariba | |
Kamalabadi. Beide Frauen [8][saßen bereits von 2008 bis 2018] im | |
[9][berüchtigten Evin Gefängnis]. Vier Jahre nach ihrer Freilassung wurden | |
sie im Juli 2022 erneut verhaftet und zu jeweils zehn Jahren Haft | |
verurteilt. Sabet ist bereits 70 Jahre alt. Im Verhör wurde sie gegen die | |
Wand geschlagen, während sie auf einem Stuhl saß, [10][sodass ihre | |
Kniescheiben brachen]. Sie und Kamalabadi sitzen aktuell wieder im | |
Evin-Gefängnis. | |
30 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kundgebung-in-Berlin-zu-Iran/!5883280 | |
[2] https://twitter.com/HRANA_English/status/1717531925802270736 | |
[3] /Debatte-Iran/!5168156 | |
[4] https://www.ourstoryisone.bic.org/ | |
[5] https://www.en-hrana.org/annual-analytical-and-statistical-report-on-human-… | |
[6] https://www.bic.org/news/twenty-six-bahais-iran-sentenced-126-years-prison-… | |
[7] https://menschenrechte.bahai.de/2023/10/27/verfolgung-der-bahai-frauen-im-i… | |
[8] https://aktuelles.bahai.de/artikel/eine-unfassbare-ungerechtigkeit-mahvash-… | |
[9] /Irans-beruechtigtes-Gefaengnis-Kahrisak/!5158003 | |
[10] https://www.dailymail.co.uk/news/article-11959889/Iranian-guards-break-kne… | |
## AUTOREN | |
Daniela Sepehri | |
## TAGS | |
Proteste in Iran | |
Frauenrechte | |
Religionsfreiheit | |
Schwerpunkt Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
Proteste in Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Begräbnis von Armita Garawand: Eine Beerdigung mit Festnahmen | |
In Iran wird die 16-Jährige unter strengen Sicherheitsmaßnahmen beigesetzt. | |
Trotzdem rufen Trauernde Parolen und landen in Haft. | |
Friedensnobelpreisträgerin Mohammadi: Eine Frau, eine Bewegung, ein Preis | |
Die iranische Aktivistin Narges Mohammadi inspiriert mit ihrem Kampf viele | |
Menschen. Das Nobelkomitee erkennt aber nicht nur ihre Leistung an. | |
Todestag von Jina Mahsa Amini: Stachel im Fleisch des Regimes | |
Der Tod von Jina Mahsa Amini löste Massenproteste aus, die das Regime mit | |
extremer Gewalt niederschlug. Wie steht es heute um die Protestbewegung? | |
Ein Jahr nach Beginn der Proteste: Iran? Es ist beschämend! | |
Die deutsche Iran-Politik lässt zu wünschen übrig. Die Protestbewegung wird | |
nicht unterstützt. Ein Beitrag des ehemaligen Bundesumweltministers. |