# taz.de -- Irans berüchtigtes Gefängnis Kahrisak: Im Inneren des Folter-Knas… | |
> Gefangene müssen Toiletten sauber lecken, werden mit Teer begossen, | |
> Leichen einfach liegen gelassen: In Irans Haftanstalt Kahrisak ist die | |
> Erniedrigung Oppositioneller Alltag. | |
Bild: Keine Gnade: Irans Sicherheitskräfte gehen brutal gegen Oppositionelle v… | |
Berlin taz | Seit einiger Zeit häufen sich Berichte über massive | |
Menschenrechtsverletzungen in iranischen Gefängnissen. Auch in der | |
Haftanstalt Kahrisak. Physische wie psychische Folter, Vergewaltigung und | |
Erniedrigung sollen zur Tagesordnung gehören. Nachdem der Sohn eines | |
einflussreichen konservativen Politikers, Mohsen Roholamini, in diesem | |
Gefängnis gestorben ist, mussten die Machthaber handeln. | |
Zwar ordnete Ajatollah Chamenei persönlich Ende Juli die Schließung der | |
Haftanstalt wegen "mangelnder Standards" an, wenige Tage später jedoch | |
verkündete der Chef der iranischen Sicherheitskräfte, Esmail Ahmadi | |
Moghaddam, ihre "Neueröffnung in einem Monat" zu planen. | |
Widersprüche solcher Art zeigen den Konflikt innerhalb der konservativen | |
Führung. Seit dem Tod Mohsen Roholaminis eskaliert der Streit um Kahrisak. | |
Die Forderung einer Sonderkommission des Parlaments, die Haftanstalt | |
besuchen zu dürfen, wurde von Ajatollah Chamenei abgelehnt. | |
Kahrisak, so der gleichnamige Vorort im Süden Teherans, befindet sich in | |
unmittelbarer Nähe des größten Friedhofs der Stadt, Beheschti Sahra. Nach | |
dem Bau diente das Gefängnis den Sicherheitskräften unter der Führung der | |
Revolutionsgarden zur Inhaftierung von Strafverbrechern. Meist waren dort | |
Drogenabhängige und Drogenhändler untergebracht. Nach den | |
Präsidentschaftswahlen wurden auch verhaftete Demonstranten in den Räumen | |
festgesetzt. | |
Nach Zeugenaussagen liegt die Anstalt halb unterhalb der Erdoberfläche. Die | |
Benutzung der Toiletten ist einmal am Tag gestattet, die Essensrationen | |
sind auf ein Minimum reduziert. Der persönliche Raum beträgt pro Person | |
weniger als einen Quadratmeter. Es bilden sich Schlangen vor der Tür, um | |
für einige Momente durch den Türschlitz Luft zu schnappen. Das Trinkwasser | |
kommt aus Wassertonnen, die vorher für Benzin oder Chemikalien genutzt | |
wurden, was zu Übelkeit und Durchfallerkrankungen führt. | |
Die Nachrichtenseite Mowj, die der Grünen Bewegung nahesteht, zitiert | |
Berichte von Entlassenen, in denen zu lesen ist, wie der Oberbefehlshaber | |
der Teheraner Polizeikräfte, Ahmadresa Radan, das Camp täglich besuchte und | |
einige Verhaftete persönlich verhörte und mit einem Plastikschlauch schlug. | |
"Wenn morgens die Rotoren seines Hubschraubers zu hören waren, fingen wir | |
vor Angst zu zitterten an. Sie spritzten uns mit Wasser ab und schlugen mit | |
Kabeln und Schläuchen auf die nassen Körper." | |
Gefangene seien den Berichten nach gezwungen worden, die Toiletten sauber | |
zu lecken oder mussten nackt, mit Augenbinden und mit Benzin übergossen, in | |
der glühenden Sonne ausharren, in der Erwartung, jeden Augenblick | |
angezündet zu werden. | |
"Die Zellen waren von unseren eigenen Fäkalien übersät, da wir keine | |
Toiletten benutzen konnten. Sie hatten mich mit zwanzig weiteren Personen | |
in einen Container gesteckt, der vielleicht für fünf Leute Platz hatte", so | |
ein ehemaliger Gefangener. | |
Junge Frauen und Männer wurden teilweise mehrfach am Tag brutal | |
vergewaltigt, sodass die meisten nach der Entlassung im Krankenhaus | |
zusammengenäht werden mussten. "Als ich ,Mehdi' im Krankenhaus traf, hatte | |
er vor Scham seinem alten Vater nicht gesagt, was ihm widerfahren war", | |
schreibt Babak Daad in seinem Blog. | |
Er ist ein Journalist, der selbst derzeit außerhalb Teherans im Untergrund | |
lebt und Mehdi und seinem Vater zufällig im Krankenhaus begegnete. "Erst | |
nachdem der Arzt bestätigt hatte, dass seine Verletzungen und Infektionen | |
eindeutig auf mehrfache Vergewaltigungen zurückzuführen waren, erzählte er | |
unter Tränen seine Geschichte. ,Bringt sie weg und schwängert diese hippen | |
Jungs!', hatte jemand befohlen, als Mehdi in die Zelle gebracht wurde. Dann | |
wurde er in einen Raum gebracht, wo er während der Vergewaltigung das | |
Bewusstsein verlor. | |
Als er zu sich kommt, wird er immer wieder brutal vergewaltigt. Verletzt | |
und blutüberströmt wird er in einem Metallcontainer eingesperrt, wo fünf | |
andere Jungs mit ähnlichen Verletzungen kauern. Mehdi sagt: ,Der Gestank | |
brannte in der Nase. Einer der Jungs war offenbar in der Nacht gestorben, | |
aber die Wärter hatten ihn nicht weggebracht.'" | |
Zum Trinken mussten die Gefangenen im Container das ihnen zugeteilte Wasser | |
vom Boden auflecken. In unregelmäßigen Abständen, zu Tages- und Nachtzeiten | |
wurden sie geschlagen. "Ich war für Stunden an hinten festgebundenen Händen | |
aufgehängt. Ich habe gesehen, wie sie Gefangenen heißen Teer auf Hände und | |
Füße gossen. | |
Viele der Jüngeren wurden mehrfach an den Galgen gebracht, ihnen wurde ein | |
Seil um den Hals gelegt und eine Hinrichtung simuliert. Dann wurden sie | |
wieder heruntergeholt und unter hässlichen Beschimpfungen geschlagen." | |
Es sind noch keine genauen Angaben über die Anzahl der Toten in diesem Camp | |
bekannt. "Wir werden sicher bald ihre Namen erfahren, denn die Familien | |
werden erst nach Tagen oder Wochen informiert und die Leichen erst dann | |
herausgegeben, wenn sie versichern, dass sie die Verbrechen nicht publik | |
machen." | |
14 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Shahram Najafi | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach den Protesten im Iran: Die verlorene religiöse Ehre | |
Offiziell starben bei den Protesten im Iran 30 Menschen. Doch es waren viel | |
mehr. In den Gefängnissen werden die Oppositionellen angeblich vergewaltigt | |
und gefoltert. |