# taz.de -- Wirtschaft will im Weltraum wachsen: Von der Nordsee ins All | |
> Eine Testrakete soll im April von einem Schiff abheben. Mit der | |
> kommerziellen Raumfahrt sieht die Wirtschaft noch Wachstumspotential. | |
Bild: Rocket Science in Bayern: Raumfahrtunternehmen Isar Aerospace in Ottobrunn | |
Berlin taz | Im April ist es so weit. Dann startet erstmals eine Rakete von | |
Deutschland aus ins All. Abheben wird sie in der Nordsee von einem Schiff | |
aus, wie Siegfried Russwurm, Präsident des Industrieverbands BDI, zum Start | |
des Weltraumkongresses in Berlin sagte. Noch ist es ein Testflug, doch das | |
Bremer Firmenkonsortium hinter der Idee verspricht sich in Zukunft deutlich | |
mehr Starts und gute Geschäfte. Die mobile Startrampe ist Teil des New | |
Space, der Kommerzialisierung der [1][Raumfahrt]. | |
Immer mehr Industrien setzen auf das All: Weil sie den Überblick haben, | |
liefern Satelliten präzise Wetterdaten, um Wind- und Solaranlagen | |
effizienter betreiben zu können. Schienennetze und Straßen können aus dem | |
All untersucht werden. Autonomes Fahren ist auf dauerhaft stabile | |
Kommunikation angewiesen. Und Daten zu Bodengüte, Wetter und | |
Pflanzenwachstum helfen der Landwirtschaft, Felder präziser zu | |
bewirtschaften. | |
Geplant sind fliegende Fabriken und Bergbau auf dem Mond. Hatte der Markt | |
für Dienste über Satelliten 2021 noch einen Umfang von 320 Milliarden Euro | |
weltweit, schätzt ihn die Beratungsfirma Roland Berger auf 1,25 Billionen | |
Euro im Jahr 2040. | |
Um solche Dienste anbieten zu können, sind ganze Schwärme von Satelliten | |
nötig und günstige Raketen, die sie in schneller Folge ins All bringen. | |
Weltweit versuchen Unternehmen, Satelliten zu verkleinern und industriell | |
in großen Mengen herzustellen, um die Kosten zu senken. Und auch Raketen | |
sollen kleiner und billiger werden, allein in Deutschland entwickeln drei | |
Firmen solche Microlauncher. | |
All die Raketen müssen auch in den sogenannten Low Earth Orbit (Leo) in gut | |
500 Kilometer Höhe geschossen werden. Schweden und Norwegen haben sehr weit | |
im Norden bereits Raketenstartplätze, auf der schottischen Insel Unst | |
entsteht gerade ein weiterer. Das deutsche Festland ist zu dicht besiedelt, | |
bleibt die Nordsee. Hinter dem Konsortium, das ein Schiff als Startplatz | |
anbietet, stehen unter anderem die Spezialreederei Harren Group, der | |
Satellitenbauer OHB und BLG Logistics aus Bremen. Startplatz ist ein | |
Entenschnabel genanntes Gebiet am äußersten Rand der ausschließlichen | |
Wirtschaftszone Deutschlands. | |
„Wer im All nicht vorne mit dabei ist, wird auf der Erde kein | |
Technologieführer sein“, sagte BDI-Präsident Russwurm. Noch entwickelt sich | |
die Industrie weltweit, doch es zeichnet sich bereits ab, dass Deutschland | |
seine gute Position kaum halten wird. So investieren die USA, Frankreich | |
und China deutlich mehr öffentliches Geld in den Raumfahrtsektor als | |
Deutschland. Die Idee: Der Staat bestellt, die Privatwirtschaft findet | |
Lösungen. Gerade hat die Bundesregierung das Budget für Raumfahrt sogar | |
gekürzt. Dabei sind Raumfahrt und New Space im Koalitionsvertrag als | |
zentrale Zukunftstechnologien festgelegt. Zweifel daran, ob Deutschland es | |
mit der Raumfahrt ernst meint, bremsen die Branche hierzulande, wie die | |
Roland-Berger-Studie ermittelt hat. | |
Und dann ist da noch die Umwelt. Mehr Starts und mehr Satelliten bringen | |
auch mehr Weltraumschrott. Schon jetzt kreisen viele Altsatelliten und | |
Raumschiffreste in einer Art Müllorbit um die Erde. Ab und an stürzt ein | |
Teil ab. Das macht derzeit 3 Prozent allen Materials aus, das in die | |
Atmosphäre eintritt, wie eine Studie der Universität Braunschweig ergab. Es | |
könnten bis zu 40 Prozent werden. Die Folgen etwa für die schützende | |
Ozonschicht sind noch unklar. | |
18 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Björn Hartmann | |
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