# taz.de -- Russisches Fußballländerspiel: Duell zweier Parias im Weltfußball | |
> Russlands Fußballverband wird bei der schwierigen Suche nach Gegnern in | |
> Kenia fündig. Das Spiel ist ein Gurkenkick. | |
Bild: Russische Fußballnormalität? Beim Spiel gegen Kenia bemüht man sich, d… | |
Es war ein grauenhafter Kick, den die Nationalmannschaften aus Russland und | |
Kenia da hingelegt haben. 2:2 endete das Freundschaftsspiel, das am | |
Montagabend im türkischen Antalya stattgefunden hat. Ein Tor war kurioser | |
als das andere. Die Fehler in den Abwehrreihen waren einfach nur absurd. | |
Kurzum – es war ein lächerlicher Auftritt, den sich die beiden Auswahlteams | |
da geliefert haben. Und dennoch wird man im russischen Fußballverband froh | |
sein, dass es überhaupt zu dem Spiel gekommen ist. | |
Nachdem der Verband wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine von | |
internationalen Wettbewerbsspielen der Uefa und der Fifa ausgeschlossen | |
wurde, [1][ist es schwer, Gegner zu finden] für die im Kalender des | |
Weltfußballs reservierten Länderspielfenster. | |
Mit Kenia, dem 109. der Fifa-Weltrangliste, glaubte man, den idealen | |
Sparringpartner gefunden zu haben. Ein Sieg sollte da nun wirklich drin | |
sein. Außerdem eignete sich Kenia als Gegner gut, um das Spiel als Duell | |
der Parias im Weltfußball zu verkaufen. Kenia war [2][bis November 2022 von | |
der Fifa suspendiert.] Nachdem die Regierung die Spitze des Fußballverbands | |
wegen Korruptionsverdacht abgesetzt hatte, sah die Fifa den Tatbestand der | |
verbotenen staatlichen Einmischung in den Fußball gegeben. Seit knapp einem | |
Jahr gehört Kenia wieder zur Fifa-Familie. | |
Und auch politisch passt die Paarung ganz gut in die Zeit. Im Mai besuchte | |
Russlands Außenminister Sergei Lawrow Nairobi, versprach dem Land intensive | |
Zusammenarbeit in der Nahrungsmittelfrage und übergab dabei als Mitbringsel | |
das Versprechen der Lieferung von 34.000 Tonnen Düngemittel. Dabei tat er | |
alles, um den Eindruck zu verwischen, Russlands Ausstieg aus dem | |
Getreideabkommen mit der Ukraine könnte etwas mit der kritischen | |
Ernährungslage in Afrika zu tun haben. | |
## Serie von peinlichen Auftritten | |
Bei der Suche nach Verbündeten gegen den Westen [3][war Lawrow also in | |
Ostafrika fündig geworden]. Und bald darauf präsentierte der Russische | |
Fußballverband Kenia als Gegner für ein Testspiel. Dass es ein solcher | |
Gurkenkick werden würde, damit konnte ja nun wirklich niemand rechnen. Oder | |
doch? | |
Seit die Russen von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen wurden, | |
haben sie einen peinlichen Auftritt nach dem anderen hingelegt. Einem | |
knappen 2:1-Erfolg gegen Kirgistan folgte ein Remis gegen Tadschikistan und | |
ein weiteren torloses Unentschieden gegen Usbekistan. Das 1:1 gegen den | |
Iran war da schon fast eine Sensation. Der sportliche Wert des 2:0-Siegs | |
gegen den Irak wurde auch in Russland als nicht besonders hoch | |
eingeschätzt. Was folgte, war dann ein müdes 1:1 gegen Katar. Als Russland | |
dann am vergangenen Donnerstag Kamerun mit 1:0 besiegt hat, wähnte sich der | |
russische Fußball endlich wieder auf einem guten Weg. | |
Überhaupt verlief der Auftritt Kameruns in Moskau ganz nach den Wünschen | |
der Gastgeber. Kameruns Team fügte sich nicht nur brav in die | |
0:1-Niederlage, sondern machte auch noch PR für die Hauptstadt von Putins | |
Reich. Clinton N’Jie, der kamerunische Stürmer, der bis zum vergangenen | |
Jahr bei Dynamo Moskau gespielt hat und jetzt in Sivas in der Türkei unter | |
Vertrag steht, sagte: „Für mich ist Moskau eine der besten Städte der | |
Welt.“ Er wurde in der russischen Sportpresse rauf- und runterzitiert. „Der | |
Bürgermeister tut viel für die Entwicklung der Stadt. Hier lässt es sich | |
leicht leben.“ Es waren wunderbare Tage in Moskau, und Russlands Trainer | |
Waleri Karpin meinte, fast so etwas wie eine positive Stimmung rund um das | |
Nationalteam zu spüren. | |
Und jetzt das! Wieso? Karpin meinte nach dem Spiel: „Es gibt viele | |
Probleme, aber ich werde Ihnen nicht alle aufzählen.“ Auch spielerische | |
Probleme? „Natürlich.“ Bis November hat er Zeit, sie anzugehen. Da steht | |
das nächste Länderspielfenster an. Es gibt nur noch ein Problem. Die Russen | |
haben keinen Verband gefunden, der gegen sie antreten möchte. | |
17 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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