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# taz.de -- Die Verständnisfrage: Nicht mehr mein Problem
> Warum lasst ihr eure Fahrräder angeschlossen verrotten, fragt ein Leser.
> Weil das Herz manchmal nicht dran hängt, antwortet ein Student.
Bild: Fahrrad außer Betrieb
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren
Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine
Person, die antwortet.
Ingo Debus, 65, Rentner aus Dortmund, fragt:
Liebe Radfahrer:innen, warum kauft ihr Fahrräder, schließt sie irgendwo an
und lasst sie dann verrotten?
***
Louis Alex, 25, Student aus Berlin, antwortet:
Meine Eltern haben mir das Fahrrad zu meinem 18. Geburtstag geschenkt. Aber
es hat mir von Anfang an nicht viel bedeutet.
Es war ein ganz normales Rad für die Stadt mit einem chromsilbernen Rahmen.
Es sah sehr cool aus, aber war leider nicht angenehm zu fahren und
besonders schnell kam ich damit auch nicht voran. Als ich für mein Studium
nach Berlin gezogen bin, habe ich das Rad mitgenommen. Richtig benutzt habe
ich es bis auf ein, zwei Mal aber nicht.
Denn Fahrradfahren [1][in Berlin macht mir keinen Spaß]. Das Chaos auf den
Straßen hat mich schon immer nervös gemacht. Ich würde mich als Tagträumer
bezeichnen und habe mich, wenn ich mit dem Rad unterwegs war, nicht so gut
auf den Straßenverkehr konzentrieren können. Das war mir alles immer zu
stressig. Fahrradfahren ist also nicht mein Ding, vor allem nicht in
Berlin.
Das war auch der Grund, warum das Rad die meiste Zeit im Innenhof meines
Hauses festgeschlossen war. Dort gab es Fahrradständer, die von allen
Nachbarn genutzt werden konnten. Die Hausverwaltung hat allerdings sehr
genau darauf geachtet, wer [2][dort sein Rad stehen lässt]. Einmal wurden
wir alle gebeten, unsere Fahrräder zu bewegen, damit sie feststellen
konnten, welche Räder keinen Besitzer mehr haben. Die haben sie dann
entfernen lassen.
Während ich dort wohnte, habe ich kurz hintereinander beide Schlüssel für
mein Fahrradschloss verloren. Es war ein richtig dickes Schloss, das mir
mein Vater geschenkt hatte. Wenig später bin ich aus dem Haus ausgezogen
und habe das Rad einfach dort stehen lassen. Vielleicht hätte ich das
Schloss aufschneiden können. Daran habe ich nicht gedacht. In dem Moment
kam es mir wie ein praktischer Zufall vor, dass ich bald ausziehen werde.
Damit sah ich [3][das Fahrrad nicht mehr] als mein Problem an.
Ich habe seitdem nicht mehr daran gedacht, und ein schlechtes Gewissen habe
ich auch nicht. Die Hausverwaltung war immer sehr unhöflich und hat das
Haus in einem so schlechten Zustand gelassen, dass das eine Rad mehr im Hof
letztlich auch egal war. Es kann sein, dass es dort immer noch steht.
Vielleicht hat es ja auch über die Verwaltung einen neuen Besitzer
gefunden. Ich vermisse es auf jeden Fall im Alltag nicht, denn hier in
Berlin komme auch mit der Bahn überall gut hin.
Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum, um
alles in der Welt, sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn
Sie eine Gruppe Menschen besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre
Frage an [4][[email protected]].
17 Oct 2023
## LINKS
[1] /Berlin-stoppt-Verkehrswende/!5938884
[2] /Fahrradtraining-fuer-erwachsene-Frauen/!5959738
[3] /Problemzone-Fahrradstrasse/!5961687
[4] /[email protected]
## AUTOREN
Anastasia Zejneli
## TAGS
Zukunft
wochentaz
Fahrrad
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Feminismus
Familie
Radsport
Fahrrad
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