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# taz.de -- Die Wahrheit: Blutbad im Hühnerstall
> Fragen über Fragen: Sind Edelmarder die besseren Marder? Und welche
> Botschaft hat der Automarder?
Bild: Das A und O des Edelmarders: ein guter schlechter Ruf
„Edel sei der Marder, hilfreich und gut“, sagte schon Gutmensch Goethe.
Leider stieß der Appell des Dichters bei den sogenannten Edelmardern auf
taube Ohren. Wie edel so ein Edelmarder wirklich lebt, beschreibt ein altes
Tierkundebuch: Dort wird der „Bewohner düsterer Wälder“ als blutgieriger
Räuber beschrieben, der mit dem Einbruch der völligen Dunkelheit auf Raub
ausgeht.
Bald würgt und mordet er dann in den Kronen der Bäume, bald stürzt er
blitzschnell zur Erde nieder, berichtet der Tierkunde-Chronist. Die
folgenden Zeilen könnten empfindliche Leser verstören, diese sollten also
lieber weglesen.
Der ruchlose Marder überlistet sogar den vorsichtigen Hasen und „ehe sich
dieser versieht, sitzt der Marder ihm im Nacken, schlitzt ihm mit wenigen
Bissen den Hals auf, und labt sich an dem herausfließenden Blute“. Selbst
vor Rehkitzen macht der Unhold nicht halt.
Angewidert schildert Hermann Löns das Morden des Marders: „Ganz sinnlos ist
er oft vor Mordlust. Als er auf das schlafende Rehkitz stößt, sitzt er ihm
am Halse und reißt ihm die Schlagader auf. Eine Wonne dünkt es ihm, von dem
zappelnden Kitz hin- und hergeschleudert zu werden, und als es sich nicht
mehr rührt, da säuft er so lange an dem hervorquellenden Blute, bis er
nicht mehr kann. Dann schlüpft er in sein Felsloch und schläft dort drei
Tage und drei Nächte wie tot.“ Darf sich ein edler Edelmarder wirklich so
aufführen?
Es kommt aber noch schlimmer: Wenn der Marder in einen Hühnerstall
eindringen kann, erwürgt er das Geflügel bis auf das letzte Stück, anstatt
sich mit einem Huhn zu begnügen und edelmütig den Rest der verängstigten
Hühnerschar zu verschonen. Täte er es doch dem Iltis gleich, der sich mit
einem Beutestück begnügt. Der mörderische Marder mordet, bis alles Lebende
tot am Boden liegt. Warum nur handelt er so infam?
## Schutz vor unliebsamen Zeugen
Man könnte es eine Art „Zeugenschutzprogramm“ nennen, denn der Profikiller
Marder schützt sich so vor unliebsamen Zeugen, die gegen ihn aussagen
könnten. Das angerichtete Blutbad nimmt er dafür missmutig in Kauf. Zudem
ist für einen Beutegreifer ein guter schlechter Ruf das A und O.
Niemals würde ein Edelmarder so einem Hasen einen Gute-Nacht-Gruß
entbieten, wie ein verweichlichter einsamer Landfuchs das tut. Der
schreckensstarre Hasenfuß ist dem klugen Marder lieber als der leichtfüßig
davonspringende Meister Lampe.
Dem Stadtvetter des Edelmarders, dem Steinmarder, geht es genau umgekehrt,
er wird nämlich von uns als Bösewicht verkannt. Seinen schlechten Ruf als
Automarder hat er keineswegs verdient. Denn er ist ein Vertreter der
Letzten Generation der Marder, der aus reiner Selbstverteidigung den
mörderischen Fahrzeugen des Menschen die Kabel zerbeißt. Vom moralischen
Standpunkt her ist der Automarder der eigentliche Edelmarder und der
überschätzte Edelmarder nur ein kalter Mördermarder.
Die nächste gute Frage, liebe Leserschaft, lautet dann: Ist Eckes
Edelkirsch eklig oder edel?
29 Sep 2023
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Die Wahrheit
Biologie
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Wirtschaftswunder
Mord
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