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# taz.de -- Militärherrschaft in Mali: Geplante Wahl gestoppt
> Eine Firma hält Malis Meldedaten unter Verschluss, sagt die Regierung. So
> könne nicht gewählt werden. Im Juni war das kein Problem.
Bild: Die Wahlen in Mali sind vorerst gestoppt. Staatschef Oberst Assimi Goita …
Berlin taz | Es war das am schlechtesten gehütete Geheimnis in Mali: Die
Wahlen, die die Militärherrschaft beenden sollen, finden nicht fristgerecht
statt. Von Parlamentswahlen am 29. Oktober 2023 bis zu
Präsidentschaftswahlen am 4. Februar 2024 lief der Wahlkalender von Malis
Militärregierung. Am späten Montag wurde die Parlamentswahl gestrichen und
die Präsidentschaftswahl „leicht“ verschoben, wie [1][die Regierung
mitteilte], „aus technischen Gründen“.
Erstaunlich ist das nicht, denn von Wahlvorbereitungen war sowieso nichts
zu spüren. Es gibt weder Kandidaten noch Wahlkampf und auch kein aktuelles
Wahlregister. Auch ein Rücktritt von Staatschef Oberst Assimi Goita, der
die beiden Putsche 2020 und 2021 angeführt hatte, stand nicht an, obwohl
das die Vorbedingung für Goitas Kandidatur bei den Wahlen 2024 wäre, damit
er die Metamorphose vom Putschisten zum Demokraten vollzieht.
Es gäbe viele mögliche Begründungen für eine Wahlverschiebung, angefangen
mit der Zunahme von Gewalt in weiten Landesteilen. Doch nicht damit
begründet der zuständige Minister Oberst Abdoulaye Maiga die „leichte“
Wahlverschiebung, sondern damit, dass die Wahlbehörde erst das Wahlregister
auf den neuesten Stand bringen müsse und dass die dafür benötigten
Meldedaten aber nicht zur Verfügung stünden, da die mit der Verwaltung des
Melderegisters beauftragte Firma Idemia diese unter Verschluss halte.
[2][Idemia] – „eine französische Firma“, wie die Mitteilung des zuständ…
Ministers Oberst Abdoulaye Maiga betont – mache die Übergabe der
Zugangsdaten von der Zahlung einer Rechnung von 5,271882 Milliarden
CFA-Franc (knapp 8,037 Millionen Euro) abhängig, heißt es weiter. Der
Vertrag zwischen Mali und Idemia sei aber fehlerhaft, also habe man die
Zahlung gestoppt. Nun sei keine Aktualisierung des Wahlregisters möglich.
Um „Diebstahl“ und „Geiselnahme“ von Daten auszuschließen, arbeite man…
einer neuen Datenbank „unter ausschließlicher Kontrolle Malis“.
## Eine fadenscheinige Erklärung
Diese Erklärungen überzeugen nicht alle. In Bamako [3][weist
Universitätsprofessor Etienne Fakaba Sissoko darauf hin], dass Malis
Verfassungsreferendum im Juni auf derselben Datengrundlage stattfand. Im
Nachbarland Burkina Faso [4][schreibt die unabhängige Zeitung Le Pays] von
einem „Manöver von Oberst Assimi Goita und seinen Waffenbrüdern, um länger
an der Macht zu bleiben“.
Idemia weist alle Vorwürfe zurück. Die Firma steht aber schon seit Längerem
im Visier der Militärputschisten in Mali, deren größter Erfolg bisher im
Zurückdrängen der alten Kolonialmacht Frankreich besteht. Frankreichs
Militärpräsenz in Mali wurde bereits beendet, nun geht es Frankreichs
Wirtschaftspräsenz an den Kragen. Dafür ist Idemia zentral, hervorgegangen
2017 aus dem renommierten Technologieunternehmen [5][Oberthur] bei einer
Fusion. Sicherheitstechnologie, von biometrischen Ausweisen bis zur
Gesichtserkennung, ist einer der lukrativsten Geschäftszweige in Afrika.
Die Firma Idemia aus der Bretagne erhielt 2015 von Malis damaligem
gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita den Zuschlag für das
Ausstellen biometrischer Pässe und Personalausweise in Mali – laut
[6][Recherchen des Pariser Magazins Jeune Afrique] Folge eines intensiven
Lobbyings des damaligen französischen Verteidigungsministers und späteren
Außenministers Jean-Yves Le Drian, der ebenfalls aus der Bretagne stammt
und dessen Sohn Thomas Le Drian Aktionär bei Idemia sein soll. Es gab dafür
demnach keine öffentliche Ausschreibung, aber hohe Provisionszahlungen.
Versuche der oppositionellen malischen Bürgerbewegung Maliko, [7][Le Drian
in Bamako zu verklagen], als er 2022 aus Frankreichs Regierung ausschied,
verliefen im Sande. Doch dass ein Unternehmen aus Frankreich den
Erstzugriff auf Malis Bevölkerungsdaten hält, ist für die
Militärputschisten undenkbar. Nun dienen die umstrittenen Umstände des
Idemia-Vertrags als Steilvorlage, um einen lästigen Wahltermin umgehen zu
können.
26 Sep 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/MaliMaeci/status/1706277645502066690
[2] https://www.idemia.com/
[3] https://twitter.com/etiooo/status/1706356145042919781
[4] https://lepays.bf/report-de-lelection-presentielle-au-mali-a-qui-profit-le-…
[5] https://www.idemia.com/public_download/oberthur-technologies-morpho-becomes…
[6] https://www.jeuneafrique.com/1192206/politique/enquete-mali-france-jean-yve…
[7] http://bamada.net/mali-pourquoi-jean-yves-le-drian-est-convoque-par-la-just…
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Mali
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