# taz.de -- Hardliner der Polizei geht in Pension: Erfreulicher Abgang | |
> Racial Profiling, Polizeigewalt und andere Tiefpunkte prägen seine | |
> Bilanz: Der Hamburger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer geht. | |
Bild: Gute Frage. Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer hat im Ruhestand Zeit f… | |
Die vielleicht überraschendste Leistung steht ganz am Ende von Ralf Martin | |
Meyers Karriere. Bei einem von zahlreichen Abschiedsinterviews mit | |
Hamburger Medien in der Zeit, räumte er ein, Fehler gemacht zu haben. | |
Natürlich nicht generell! Es ging konkret um das [1][Verhalten Meyers nach | |
dem Attentat auf eine Gemeinde der Zeugen Jehovas], bei dem sieben Menschen | |
getötet wurden. | |
Als nach der Tat Ermittlungspannen, Fehleinschätzungen und gravierende | |
Kommunikationsdefizite ans Licht kamen, versuchte Meyer zunächst, diese zu | |
verteidigen. Das sei ein großer Fehler gewesen, räumte er nun ein, fügte | |
aber hinzu, er sei falsch informiert worden. | |
Die Etablierung einer ehrlichen Reflektions- und Fehlerkultur gehört nicht | |
zu den Errungenschaften, die Meyer in seiner Bilanz nach neun Jahren als | |
Polizeipräsident verbuchen kann. Am Dienstag wurde der 64-Jährige mit einem | |
Festakt des Senats in den Ruhestand verabschiedet. Innensenator Andy Grote | |
(SPD) lobte die Entwicklung der Polizei unter Meyer: Sie sei diverser, | |
jünger, weiblicher, digitaler und moderner geworden. | |
Das mag sein, schließlich kann sich selbst die Polizei nicht jeder | |
fortschrittlichen Entwicklung verschließen. Blickt man jedoch auf die | |
vergangenen neun Jahre zurück, fällt auf: Unter Meyers Führung agierte die | |
Polizei, als hätte sie nie etwas anderes gelernt, als drauf zu hauen. | |
Keinen 1. Mai-Protest, egal wie friedlich er ist, kann sie vergehen lassen, | |
ohne linke Demonstrant*innen zu schikanieren [2][und im Zweifel | |
krankenhausreif zu schlagen]. | |
## Polizeitgewalt? Gibt's nicht! | |
Im Corona-Lockdown jagte sie feiernde Jugendliche mit einem Auto durch den | |
Jenischpark. Bei den Black Lives Matter-Protesten hielt sie [3][36 | |
Jugendliche stundenlang eingekesselt]. Auf St. Pauli brachte sie einen | |
16-Jährigen zu Boden und nahm ihn fest, [4][weil er einen Pulli mit der | |
Aufschrift ACAB trug]. Für keine der Gewalt-Aktionen entschuldigte sich | |
Meyer. | |
Auch als das Verwaltungsgericht 2020 einem Anwohner St. Paulis Recht gab, | |
[5][der die Polizei wegen Racial Profilings verklagt hatte], kam von Meyer | |
nichts. Bis heute haben Schwarze Menschen in der Nähe der Reeperbahn so gut | |
wie keine Rechte: Täglich werden sie von der unter Meyer eingerichteten | |
„Task Force Drogen“ verfolgt und kontrolliert. | |
„Die Polizei Hamburg betreibt kein Racial Profiling“, stellte Meyer zum | |
Ende seiner Amtszeit noch mal klar. Es ist die alte Polizeilogik: Was nicht | |
sein darf, kann auch nicht sein. Außer natürlich, es interessiert | |
niemanden, ob es sein darf. Falls es doch jemanden interessiert, kann er ja | |
dagegen klagen. Diese Devise vertritt Meyer ebenfalls bis zum Schluss, etwa | |
hinsichtlich der Versammlungsverbote während des G20-Gipfels 2017, die im | |
Nachhinein für rechtswidrig erklärt wurden. Den damaligen Einsatzleiter | |
Hartmut Dudde beförderte Meyer nach dem Gipfel-Desaster. | |
Den G20-Gipfel zählt er zu den unangenehmsten Kapiteln seiner Amtszeit. | |
Nicht etwa wegen der brutalen Polizeigewalt, nein! Diesen Begriff lehnt | |
Meyer kategorisch ab, er führe in die Irre. Rückblickend auf den G20 wurmt | |
Meyer, den Sachschaden in der Elbchaussee nicht verhindert zu haben. Tja, | |
so zieht jeder seine eigenen Schlüsse. Meyers Abgang ist jedenfalls ein | |
erfreulicher Schluss nach neun Jahren Draufhauen. | |
11 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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