# taz.de -- Bergung von Fischereimüll: Geister der Meere | |
> Schleswig-Holstein macht Fortschritte bei der Beseitigung von | |
> „Geisternetzen“: Todesfallen, die durch die Meere treiben und die | |
> Tierwelt gefährden. | |
Bild: Gefährlicher Müll: „Geisternetze“ können zur Todesfalle für versc… | |
Sie treiben wie Spukgestalten durch das Wasser, werden zu Todesfallen für | |
Fische und Meeressäuger, und sie zerfallen in gefährliches Mikroplastik: | |
Fischernetze aus Kunststoffen wie Polypropylen, Polyethylen oder Nylon | |
machen einen beträchtlichen Teil des Mülls in den Weltmeeren aus. Die | |
Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) testet Techniken, wie | |
[1][diese Geisternetze] gefunden und geborgen werden können. Das Land | |
Schleswig-Holstein unterstützt das Pilotprojekt ab sofort finanziell und | |
setzt damit fort, was Mecklenburg-Vorpommern vor zwei Jahren begonnen hat. | |
Die Bergungsfahrten finden in der Ostsee statt, aber von den Methoden | |
könnten Gewässer weltweit profitieren. | |
Mit kleinen Booten sind die Teams des WWF auf der Ostsee unterwegs und | |
suchen mit Schallwellen den Meeresboden ab. Denn Fangwerkzeuge wie Stell- | |
oder Schleppnetze, die über Bord gegangen sind oder sich losreißen, treiben | |
entweder im Meer oder liegen auf dessen Grund und müssen erst | |
wiedergefunden werden. | |
Bis zu 50 Meter weit könne das Sonar zu beiden Seiten des Schiffs ein Bild | |
erzeugen, heißt es [2][auf der Homepage des WWF]. Das sei gerade in der | |
Ostsee wichtig: „Dort haben wir mit geringen Sichtweiten von zum Teil unter | |
einem Meter zu kämpfen. Da ist uns das Sonar eine unschätzbare Hilfe“, so | |
Gabriele Dederer, Geisternetz-Referentin des WWF. Ist ein Echo nicht | |
klar, können Hobbytaucher*innen helfen, indem sie über eine App | |
mögliche Fundorte herunterladen und überprüfen. | |
## Bergung von Hand | |
Ist ein Geisternetz lokalisiert, beginnt die aufwendige Bergung: | |
Taucher*innen müssen die Netze an den Haken nehmen, dann werden die oft | |
tonnenschweren Ballen auf die Bergungsboote gezogen. | |
Als erstes Land hatte Mecklenburg-Vorpommern das WWF-Projekt unterstützt. | |
Rund 200.000 Euro gewährte Umweltminister Till Backhaus (SPD) im Jahr 2021 | |
aus Mitteln der Fischereiabgabe. Jetzt steigt das Land Schleswig-Holstein | |
in die Förderung ein. Es stellt insgesamt 263.000 Euro bereit. | |
Das Geld stammt zum größten Teil aus dem Fischereiministerium, das dazu den | |
Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds um 184.000 Euro | |
anzapft. Die restlichen rund 80.000 Euro spendiert das Umweltministerium | |
aus Landesmitteln zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. | |
Die beiden zuständigen Minister, Werner Schwarz (CDU) und Tobias | |
Goldschmidt (Grüne), betonen, [3][wie wichtig es sei, Netze zu bergen], um | |
die Meere zu schützen. „Nicht geborgene Stellnetze stellen eine Gefahr für | |
Seevögel, Meeressäuger und Fische dar, die sich verfangen und dann qualvoll | |
verenden. Jedes geborgene Netz bedeutet zudem weniger Müll in unseren | |
Meeren“, sagte Goldschmidt zum Projektstart. Schwarz ergänzte, dass | |
Netzverluste dank verbesserter Navigationstechnik seltener würden, sich | |
aber nicht gänzlich ausschließen ließen. | |
Zum Projekt des WWF gehört auch, lokale Fischer*innen einzubeziehen, die | |
Netze zu finden. „Es ist wichtig, die Fischerei einzubinden. Die Fischer | |
kennen ihr Revier und sind eine wertvolle Unterstützung für das Projekt“, | |
erklärt Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee. Er lobt den Einsatz der | |
Landesregierung. „Die Bergung von Geisternetzen ist eine staatliche | |
Aufgabe. Schleswig-Holstein kommt dieser Verantwortung nach und hat dabei | |
auch die Entwicklung einer langfristigen Lösung im Blick.“ | |
7 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Plastik-in-Ozeanen/!5766777 | |
[2] https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/ostsee/geisternetze | |
[3] /Meeresbiologin-ueber-Meereschutz/!5774823 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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