# taz.de -- Konflikt zwischen Serbien und Kosovo: Eskalation im Kloster Banjska | |
> Nach heftigen Kämpfen beendet Kosovos Polizei den Überfall bewaffneter | |
> Serben auf ein Kloster im Norden des Landes. Vier Menschen werden | |
> getötet. | |
Bild: Bewaffnete Männer vor dem Banjska-Kloster am Sonntag | |
PRISTINA/BANJSKA dpa/afp | Nach schweren Gefechten, bei denen mindestens | |
vier Menschen getötet wurden, hat die kosovarische Polizei ein im serbisch | |
bevölkerten Norden aktives [1][serbisches Kampfkommando] weitgehend | |
zerschlagen. Dies teilte der kosovarische Innenminister Xhelal Svecla am | |
Sonntagabend in Pristina mit. Regierungschef Albin Kurti warf Serbien vor, | |
„terroristische Attacken“ im vorwiegend von Serben bewohnten Norden des | |
Kosovo zu unterstützen. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wies dies | |
zurück. | |
Der offenbar vom benachbarten Serbien unterstützte Trupp hatte am frühen | |
Sonntagmorgen im Dorf Banjska bei Mitrovica kosovarische Polizisten | |
angegriffen und ein serbisch-orthodoxes Kloster zeitweise unter seine | |
Kontrolle gebracht. | |
Beim ersten bewaffneten Zusammenstoß töteten die Angreifer einen Polizisten | |
und verletzten einen weiteren. Die Gefechte zwischen den irregulären | |
Milizionären und der mit Verstärkungen angerückten Polizei dauerten den | |
ganzen Sonntag über an. Nach kosovarischen und serbischen Angaben wurden | |
drei Angreifer getötet. Ein weiterer kosovarischer Polizist erlitt leichte | |
Verletzungen. Die Polizei nahm zwei bewaffnete Angreifer und vier | |
mutmaßliche Helfer fest. Die Staatsanwaltschaft in Pristina eröffnete gegen | |
sie Verfahren wegen des Verdachts auf terroristische Straftaten. | |
Bei den Kampfhandlungen am Sonntag handelte es sich um den schwersten | |
Zwischenfall im angespannten Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien | |
seit Jahren. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo | |
hatte sich 1999 nach serbischen Kriegsverbrechen an der kosovo-albanischen | |
Zivilbevölkerung mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für | |
unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen die | |
Unabhängigkeit des Kosovos an, Serbien, Russland, China und fünf | |
EU-Mitgliedsländer tun dies nicht. Belgrad fordert die Rückgabe seiner | |
einstigen Provinz. | |
## Serbiens Regierung weist jede Verantwortung von sich | |
Laut Kosovos Innenminister Svecla war die Polizei in Banjska am | |
Sonntagabend immer noch dabei, weitere Mitglieder des ursprünglich | |
30-köpfigen Kommandotrupps ausfindig zu machen und festzunehmen. In der | |
Umgebung des Klosters habe die Polizei Waffenlager von enormen Ausmaßen | |
gefunden. Einige der festgenommenen Personen würden der kosovo-serbischen | |
militanten Organisation „Zivilschutz“ angehören. Diese wird nach | |
Erkenntnissen kosovarischer Strafverfolger von der serbischen Regierung | |
gelenkt, finanziert und großzügig mit Waffen ausgestattet. | |
Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti bezeichnete die Geschehnisse | |
in Banjska als „Terrorakt“. „Das organisierte Verbrechen greift mit der | |
politischen, finanziellen und logistischen Unterstützung des offiziellen | |
Belgrads unseren Staat an“, sagte er am Sonntag suf einer Pressekonferenz | |
in Pristina. | |
Serbiens Präsident [2][Aleksandar Vucic] wies am Sonntagabend jegliche | |
Verantwortung seines Landes für die Vorfälle zurück und erklärte, bei den | |
Angreifern habe es sich um Kosovo-Serben gehandelt. „Der einzige Schuldige | |
an allem, was im Norden des Kosovo passiert (…), ist Albin Kurti“, sagte | |
er. Kurti provoziere „ständig und es tut mir leid, dass einige Serben | |
seinen Provokationen nachgegeben haben“. | |
Denjenigen, „die glauben, dass dies Serbien dazu bringen wird, das Kosovo | |
anzuerkennen, sage ich, dass dies nicht nur mich, sondern die ganze Nation | |
gestärkt hat und dass wir die Unabhängigkeit des Kosovo niemals anerkennen | |
werden, selbst wenn ihr uns alle tötet“, fügte Vucic hinzu. | |
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell telefonierte am Sonntag mit Kurti und | |
mit Vucic. In den Gesprächen verurteilte er die Aggression gegen die | |
kosovarische Polizei aufs Schärfste, teilte der Auswärtige Dienst der EU in | |
Brüssel mit. | |
Unter der Vermittlung Borrells und des EU-Sonderbeauftragten Miroslav | |
Lajcak verhandeln das Kosovo und Serbien seit mehreren Monaten über eine | |
[3][Normalisierung ihres Verhältnisses]. Die Gespräche blieben allerdings | |
bislang ohne Erfolg. Die EU machte zuletzt die kosovarische Seite dafür | |
verantwortlich, weil sie der von der EU und Serbien geforderten Bildung | |
eines Verbandes der serbischen Gemeinden nicht zustimmen will. Pristina | |
sieht darin jedoch den Versuch, die Grundlage für eine spätere Abspaltung | |
des serbischen Nordens zu legen. | |
25 Sep 2023 | |
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