# taz.de -- Wilder Streik in Gräfenhausen: Lkw-Fahrer treten in Hungerstreik | |
> Sie fordern seit über sieben Wochen auf einer hessischen Raststätte ihren | |
> Lohn ein. Jetzt sind 30 LKW-Fahrer in den Hungerstreik getreten. | |
Bild: 10440 €, auf diesen nicht ausgezahlten Lohn wartet dieser Fahrer in Gr�… | |
BERLIN taz | Rund 30 streikende Lkw-Fahrer im hessischen Gräfenhausen sind | |
in Hungerstreik getreten. Das bestätigte am Dienstagnachmittag Edwin Atema | |
von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der von den Fahrern als | |
Vermittler beauftragt wurde. Der Hungerstreik habe offiziell um 16 Uhr | |
begonnen. Die Fahrer hätten sich gemeinsam in mehrere Lkw-Anhänger | |
zurückgezogen. | |
Insgesamt harren rund 100 Lkw-Fahrer aus Usbekistan, Kasachstan, | |
Tadschikistan, der Ukraine und der Türkei seit über sieben Wochen auf den | |
Raststätten Gräfenhausen Ost und West aus und fordern mit einem „wilden | |
Streik“ ihren ausstehenden Lohn ein. Die Mazur-Gruppe aus Polen soll ihnen | |
insgesamt etwa eine halbe Million Euro schulden. Die Firma bestreitet das. | |
[1][Es ist der längste bekannte Streik von Truckern in Europa.] | |
Einige Fahrer hatten bereits Anfang August und dann noch einmal in der | |
vergangenen Woche mit Hungerstreik gedroht. „Sie sind verzweifelt und | |
wissen sich nicht anders zu helfen“, sagte Atema der taz. „Ich mache diese | |
Arbeit schon sehr lange, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Er sei | |
auch kein „Experte für Hungerstreik“ und wisse nicht, wie es nun | |
weitergehe. Er habe die Polizei informiert. Am Abend wolle er sich mit | |
anderen Unterstützern zusammensetzen und das weitere Vorgehen beraten. | |
Die Hungerstreikenden nannten laut Atema keine Frist für ihre Aktion. Sie | |
hätten Atema lediglich gebeten, die an der Lieferkette beteiligten Firmen | |
über ihre Aktion zu unterrichten. Damit habe er begonnen, bisher aber noch | |
keine Reaktion erhalten. | |
## Firmen aus Deutschland und Österreich sind Auftraggeber | |
[2][Die Lkw gehören zwar zu polnischen Unternehmen, fahren aber fast | |
ausschließlich in Westeuropa]. Unternehmen unter anderem aus Deutschland | |
und Österreich sind die Auftraggeber, doch zwischen Mazur und ihnen liegen | |
oft mehrere Subunternehmen. Die Fahrer hatten kürzlich Namen von Firmen und | |
Marken öffentlich gemacht, deren Waren sie geladen haben oder die als | |
Logistikunternehmen an der Lieferkette beteiligt sind. | |
Darunter sind Porsche, Audi, VW, DHL, der Möbelhändler Poco, der | |
Energydrinkhersteller Redbull und die Baumärkte Obi und Bauhaus. Auch Ikea | |
wurde in dem Zusammenhang genannt. All diese Unternehmen bestritten | |
gegenüber der taz, mit Mazur zusammenzuarbeiten. | |
In den vergangenen Wochen hatten zwei an der Lieferkette beteiligte | |
Logistiker aus Österreich zusammen 40.000 Euro als Lohnanzahlung an die | |
Fahrer ausgezahlt. Die teilten das Geld unter sich auf. In der vergangenen | |
Woche war laut Atema der Vertreter eines „deutschen Großlogisters“ nach | |
Gräfenhausen gekommen, der erst nach über sechs Wochen festgestellt habe, | |
dass seine Ware auf dem hessischen Rastplatz lagert. „Das ist die Situation | |
in den Lieferketten“, sagte Atema. Gehandelt habe der Logistiker bis jetzt | |
nicht, Atema hofft aber, dass er sich demnächst mit einem Angebot an ihn | |
wendet. | |
Am Freitag hatte sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zum | |
Streik in Gräfenhausen geäußert, zunächst in der Frankfurter Rundschau. | |
„LKW-Fahrer halten unser Land und unsere Wirtschaft am Laufen. Sie um ihren | |
hart verdienten Lohn zu betrügen, dulden wir nicht“, sagte Heil. „Die | |
verzweifelten LKW-Fahrer in Gräfenhausen brauchen unsere Unterstützung. Ich | |
appelliere an die deutschen Großunternehmen, bei der Auswahl ihrer | |
Speditionen ihrer Verantwortung gerecht zu werden.“ | |
## Sonderprüfung angekündigt | |
Heil kündigte eine Sonderprüfung von an der Mazur-Lieferkette beteiligten | |
Unternehmen im Rahmen des Lieferkettengesetzes an.Zuständig für Verstöße | |
gegen das im Januar in Kraft getretene Gesetz ist das Bundesamt für | |
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das BAFA hat seit der ersten | |
Berichterstattung das Thema Gräfenhagen im Blick, sagte eine Sprecherin des | |
BMAS der taz. | |
[3][Die Behörde beobachte die aktuellen Entwicklungen seitdem intensiv.] | |
„Unter anderem hat das BAFA eingeleitet, dass Auskunftsersuchen an | |
Unternehmen erfolgen, die laut Berichterstattung als Auftraggeber mit der | |
„Mazur-Gruppe“ in Verbindung gebracht werden. Über Einzelheiten zu | |
laufenden Kontrollen und Ermittlungen könne das BMAS keine Auskunft geben. | |
Atema begrüßt, dass der Bundesarbeitsminister sich eingeschaltet hat und | |
hofft:„Das sind sicher keine leeren Worte.“ | |
19 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Johanna Treblin | |
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