# taz.de -- Ein Jahr Frauenrevolution in Iran: Angespannte Lage | |
> Zum Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini hat Irans Sicherheitsapparat | |
> Aminis Heimatort abgeriegelt. Ihr Vater wurde vorübergehend in Haft | |
> genommen. | |
Bild: Gedenken an Jina Mahsa Amini. Sie starb in iranischer Haft | |
TEHERAN dpa | Mit strengen Sicherheitsvorkehrungen hat der iranische | |
Sicherheitsapparat am [1][Todestag der Protestikone Jina Mahsa Amini] die | |
Kurdenregionen in den Ausnahmezustand versetzt. Aminis Vater wurde in ihrer | |
Heimatstadt Saghes am Samstag vorübergehend durch Einheiten der | |
Revolutionsgarden (IRGC) festgenommen und verhört, wie mehrere kurdische | |
Menschenrechtsgruppen berichteten. Aminis Familie soll bereits in den | |
vergangenen Wochen eingeschüchtert worden sein. | |
Augenzeugen berichteten am Freitag, Militäreinheiten und andere | |
Einsatzkräfte seien in Städte rund um Saghes verlegt worden. Auch viele | |
neue Überwachungskameras seien installiert worden. Bewohner der | |
Kurdengebiete sprachen zudem von verstärkten Kontrollen. | |
An diesem Samstag jährt sich erstmals der Tod Aminis, der im Herbst 2022 | |
die schwersten Aufstände im Iran seit Jahrzehnten ausgelöst hatte. | |
Islamische Sittenwächter hatten die damals 22-Jährige wegen eines angeblich | |
nicht richtig getragenen Kopftuchs festgenommen. Was genau danach geschah, | |
ist bis heute ungeklärt – letztlich fiel die junge Frau ins Koma und starb | |
in einem Krankenhaus. | |
Aminis Eltern äußerten früh Zweifel an der staatlichen Darstellung, ihre | |
Tochter sei infolge einer Erkrankung gestorben. Sie gaben lokalen und | |
internationalen Medien zahlreiche Interviews und gerieten somit ins | |
Fadenkreuz der Justiz. Zu Aminis Beerdigung strömten damals Tausende | |
Menschen. Ausgehend von den Kurdenregionen verbreiteten sich die Proteste | |
wie ein Lauffeuer. | |
## Aminis Heimatort wurde abgeriegelt | |
Vor allem die junge Generation ging in der Folge unter dem Slogan „Frau, | |
Leben, Freiheit“ gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf | |
die Straße. Die Staatsmacht ließ die Proteste, die das Land über Monate | |
hinweg in Atem hielten, gewaltsam niederschlagen. Auf Geheiß der iranischen | |
Justiz wurden sieben Männer im Zusammenhang mit den Demonstrationen | |
hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele | |
Frauen die Kopftuchpflicht – in diesem Ausmaß hat es das im Iran zuvor | |
nicht gegeben. | |
Aminis Heimatort Saghes wurde vor ihrem Todestag abgeriegelt, wie Bewohner | |
der Region berichteten. Aus Sorge vor einem erneut gewaltsamen Vorgehen der | |
Einsatzkräfte gab es zunächst keine Protestaufrufe. Den Todestag wollten | |
Menschen in den Kurdengebieten dennoch würdigen, etwa durch | |
Ladenschließungen. Irans Geheimdienst nahm laut einem Bericht der | |
Nachrichtenagentur Tasnim mehrere Bewohner in den Kurdengebieten fest. | |
Auch in anderen Städten traf der Machtapparat Vorkehrungen gegen mögliche | |
neue Proteste. Während in den vergangenen Tagen weitgehend Alltag | |
herrschte, waren vor allem nach Einbruch der Dunkelheit vermehrt Polizisten | |
rund um öffentliche Plätze zu sehen. | |
## Sanktionen gegen iranische Medien | |
Während Demonstrantinnen und Demonstranten im Iran um ihre Sicherheit | |
fürchten, sind in Deutschland und anderen Ländern Kundgebungen und Demos | |
anlässlich des Jahrestags geplant. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock | |
versprach den Menschen im Iran weitere Unterstützung gegen Unterdrückung. | |
„Wir setzen die Schicksale der Menschen im Iran in Brüssel, New York und | |
Genf auf die Tagesordnung“, erklärte die Grünen-Politikerin, die sich | |
derzeit in den USA aufhält. Dort traf sie am Freitag (Ortszeit) die Tochter | |
des im Iran wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners | |
Djamshid Sharmahd. Er ist einer von mehreren im Iran inhaftierten | |
Deutschen. | |
Die USA und die EU verhängten vor dem brisanten Datum neue Sanktionen im | |
Zusammenhang mit der brutalen Niederschlagung der Proteste. In Washington | |
wurden am Freitag Strafmaßnahmen gegen 25 iranische Personen, drei vom | |
iranischen Staat unterstützte Medien und ein iranisches Unternehmen | |
bekanntgegeben, das Nachforschungen im Internet anstellt. US-Präsident Joe | |
Biden hatte zuvor den Protestierenden anhaltende Unterstützung zugesichert. | |
Von den [2][EU-Strafmaßnahmen] sind nach Angaben vom Freitag vier Personen | |
sowie sechs Einrichtungen und Unternehmen betroffen. Dabei geht es unter | |
anderem um zwei ranghohe Polizisten, einen Kommandeur der iranischen | |
Revolutionsgarden sowie mehrere Gefängnisse und die Nachrichtenagentur | |
Tasnim, der von der EU unter anderem vorgeworfen wird, sie veröffentliche | |
falsche Geständnisse von Protestteilnehmern. | |
16 Sep 2023 | |
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[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF | |
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