# taz.de -- Inflation in der Eurozone: EZB hebt Leitzins noch mal an | |
> Die europäische Zentralbank erhöht die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. | |
> Die Inflationsprognose für 2023 setzt der EZB-Rat herauf. | |
Bild: Wenn es weniger Wechselgeld gibt – die Inflation in der Eurozone ist we… | |
FRANKFURT rtr | Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt die Zinsen auf das | |
höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion an. Auf ihrer mit Spannung | |
erwarteten ersten Zinssitzung nach der Sommerpause beschlossen die | |
Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde am Donnerstag, die | |
Schlüsselsätze wie im Juli erneut um einen viertel Prozentpunkt zu erhöhen. | |
„Die Inflation geht weiter zurück. Es wird jedoch nach wie vor erwartet, | |
dass sie zu lange zu hoch bleiben wird“, begründeten die Währungshüter die | |
Zinserhöhung. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser | |
für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert | |
nun von 3,75 auf 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit 1999. Der | |
Leitzins steigt auf 4,50 von zuletzt 4,25 Prozent. Volkswirte sehen den | |
Zinshöhepunkt nun erreicht. | |
„Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven | |
Niveaus wird der EZB-Rat auch künftig einen datengestützten Ansatz | |
verfolgen“, teilten die Währungshüter weiter mit. Die Zinsen hätten nun ein | |
Niveau erreicht, das, wenn es lange genug aufrechterhalten wird, einen | |
erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den | |
Notenbank-Zielwert leisten werde. Die EZB strebt mittelfristig 2,0 Prozent | |
Teuerung als Idealwert für den Währungsraum an. Mit einer Inflationsrate | |
von 5,3 Prozent im August ist sie davon aber noch weit entfernt. | |
„Mit diesem Zinsschritt ist jetzt erstmal Pause. Ob noch mehr | |
geldpolitische Straffung notwendig ist, richtet sich danach, ob der | |
Inflationsrückgang im kommenden Jahr anhält oder nicht“, kommentierte | |
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, die Beschlüsse. „Zinssenkungen | |
wird es allerdings so schnell nicht geben.“ | |
Aus Sicht seines Kollegen Michael Heise, Chefvolkswirt von HQ Trust, kann | |
sich die EZB nun die Zeit nehmen, um die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf | |
die Gesamtwirtschaft und die Inflation in den nächsten Monaten zu | |
analysieren. „Da zu erwarten ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung in | |
den nächsten Monaten schwach bleibt und die Arbeitsmärkte in der | |
Währungsunion auf die bisherigen Zinssteigerungen mit geringerem | |
Beschäftigungsaufbau reagieren, dürfte die zehnte auch die letzte | |
Zinserhöhung in diesem Zyklus gewesen sein.“ | |
## Zinshöhepunkt erwartet | |
Die meisten Volkswirte gehen davon aus, dass die Euro-Wächter auf ihrem im | |
Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs mit einen Einlagensatz von nunmehr | |
4,00 Prozent den Zinshöhepunkt erreicht haben. Sie erwarten, dass die EZB | |
den Schlüsselsatz für längere Zeit auf diesem Niveau halten wird, um die | |
Inflation weiter einzudämmen. | |
Dabei dürfte die EZB auch darauf achten, wie sich die sogenannte | |
Kerninflation entwickelt, in der unter anderem die schwankungsanfälligen | |
Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert | |
bleiben. Diese Messgröße war im August auf 5,3 Prozent nach einem | |
Vormonatswert von 5,5 Prozent zurückgegangen. Die Euro-Wächter achten genau | |
auf diese Rate. Denn sie gilt als wichtiger Indikator für die | |
zugrundeliegenden Inflationstrends. | |
Auf der anderen Seite müssen die Währungshüter auch aufpassen, dass sie mit | |
ihrem [1][Zinserhöhungsstakkato] die ohnehin schon schwächelnden | |
Wirtschaftsaktivitäten im Euroraum [2][nicht vollständig zum Erliegen | |
bringen]. Die EZB-Volkswirte haben in ihren neuen Wirtschaftsprognosen ihre | |
Vorhersagen für das Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr zum | |
Teil deutlich gesenkt. | |
Begründet wurden die pessimistischeren Einschätzungen mit den Folgen der | |
Zinserhöhungen auf die Binnennachfrage, während sich zugleich das | |
internationale Umfeld für den Außenhandel eingetrübt habe. Sie erwarten nun | |
für das laufende Jahr nur noch ein Wachstum von 0,7 Prozent, nachdem sie im | |
Juni noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,9 Prozent | |
vorhergesagt hatte. | |
## Inflationsprognose erhöht | |
Für 2024 gehen sie jetzt von einem Plus von nur noch 1,0 (Juni: 1,5) | |
Prozent aus. Zugleich erhöhten sie ihre Inflationsprognosen. Nunmehr | |
erwarten deren Volkswirte für 2024 eine Teuerungsrate von durchschnittlich | |
3,2 Prozent, nachdem sie im Juni noch mit 3,0 Prozent gerechnet hatten. | |
In den USA steht die nächste Zinsentscheidung am 20. September an. [3][Dort | |
hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen seit Anfang 2022 | |
aggressiv von nahe null auf eine Spanne von inzwischen 5,25 bis 5,50 | |
Prozent nach oben gesetzt], um die Inflation zu dämpfen und den heiß | |
gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Experten zufolge liefern die zuletzt | |
gestiegene Arbeitslosenquote und der abebbende Boom am Jobmarkt den | |
US-Währungshütern um Fed-Chef Jerome Powell Argumente für eine Zinspause. | |
14 Sep 2023 | |
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