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# taz.de -- Regisseur Gareth Edwards über KI: „Anti-amerikanisch ist er nich…
> In „The Creator“ kämpfen Menschen gegen Roboter. „Rogue One“- Regiss…
> Gareth Edwards übt in seinem neuen Film nebenbei Kritik an dem Konzept
> der Supermacht.
Bild: Eigentlich kämpfen Mensch und Maschine in „The Creator“ gegeneinan…
taz: [1][Gareth Edwards,] in Hollywood wird derzeit immer wieder
kritisiert, dass nur noch für Großproduktionen Geld ausgegeben werde, die
Fortsetzungen oder Remakes von bewährten Erfolgen sind oder – wie
[2][„Barbie“] – auf etablierten Marken basieren. Wie schwierig ist es,
heutzutage noch einen komplett neuen, unerprobten Science-Fiction-Film wie
„The Creator“ umzusetzen?
Gareth Edwards: Sehr schwer! Was Sie schon daran sehen können, dass mein
letzter Film sieben Jahre her ist. Klar, dazwischen lag auch eine Pandemie,
aber viel schneller wäre es auch ohne nicht gegangen. Ein großes Studio von
einem so ambitionierten Projekt zu überzeugen, das nicht auf einer Vorlage
basiert, war sehr schwierig. Mit finanzieller Unterstützung einer
Produktionsfirma konnten wir glücklicherweise nach geeigneten Drehorten in
Südostasien suchen. Dort filmten wir Landschaften und unter anderem eine
Gruppe Mönche auf dem Weg zu ihrem Tempel, die wir später digital in
Roboter verwandelten. Mit diesem kleinen Science-Fiction-Reisevideo
überzeugten wir letztendlich auch das Studio.
Ihr Film spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der die USA nach
einem Katastrophenfall Krieg führen gegen die letzten verbliebenen Roboter
und künstlichen Intelligenzen. Wie entstand die Idee dazu?
Als ich damals mit [3][„Rogue One: A Star Wars Story“] fertig war, brauchte
ich eine Pause und begab mich mit meiner Freundin auf einen Roadtrip von
L.A. zu ihrer Familie in Iowa. Ich hatte nicht vor, schon an einen neuen
Film zu denken, doch dann fuhren wir im plattesten Farmland an einer Fabrik
mit japanischem Logo vorbei. Ich fragte mich, was dort hergestellt wird und
weil ich ein SciFi-Nerd bin, war mein erster Gedanke: Roboter! Ich stellte
mir vor, wie einer dieser Roboter erstmals die Fabrik verlässt, inmitten
der umliegenden Felder steht und in die Weiten des blauen Himmels blickt.
Was würde dem wohl durch den Kopf gehen?
Und schon ging in Ihrem Kopf ein Film los?
Zunächst dachte ich, dass das bloß eine nette kleine Szene sein könnte.
Aber schon wenig später hatte ich das Bild wieder vor Augen und spann es
weiter. Was, wenn die Menschen alle Roboter vernichten wollen und dieser
eine entkommt? Plötzlich wuchs sich das zu einer ganzen Geschichte aus, und
als wir ein paar Tage später in Iowa ankamen, hatte ich schon die Struktur
des kompletten Films im Kopf fertig. Normalerweise brauche ich dafür
Monate!
Wenn im Science-Fiction-Genre sonst von künstlicher Intelligenz erzählt
wird, geht es meist um abschreckende Beispiele und düstere Aussichten.
Davon kann nun bei „The Creator“ nicht wirklich die Rede sein. Wollten Sie
bewusst mit einem positiven Bild dieser technologischen Entwicklungen
gegensteuern?
Kann schon sein, dass mein Optimismus den Film geprägt hat. Aber als wir
mit der konkreten Entwicklung des Films 2018 begannen, war unsere Welt auch
noch eine andere. Künstliche Intelligenz war damals ein Ding für die ferne
Zukunft. Man dachte bei dem Thema eher an fliegende Autos und Leben auf dem
Mond als an unseren Alltag. Roboter waren deswegen für mich eher ein Mittel
des Märchenhaften, um von denen zu erzählen, die anders sind als wir. Und
natürlich entwickelt man in einer Geschichte, die von der Unterdrückung der
anderen handelt, Empathie für diese, selbst wenn es sich dabei um Maschinen
handelt. Dass fünf Jahre später das Thema künstliche Intelligenz
allgegenwärtig ist und jeder sich ganz unmittelbar davon bedroht oder
zumindest verunsichert fühlt, hatte ich damals nicht unbedingt erwartet.
Aber das könnte mir natürlich noch zum Vorteil gereichen.
Inwiefern?
Wenn in ein paar Jahren die Roboterapokalypse kommt, werden sie mich
verschonen, weil sie gesehen habe, dass ich Verständnis für sie habe.
Stimmt, das wäre natürlich von Vorteil. Beunruhigt es Sie als
künstlerischen Menschen denn aber gar nicht zu sehen, wohin diese
Entwicklung geht? Haben Sie keine Sorge, dass Filme bald nur noch von der
KI hergestellt werden?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in 100 Jahren auf all diese
Diskussionen, ob man KI irgendwie verbieten kann, etwas beschämt
zurückblicken werden. Jedes Mal, wenn in der Menschheitsgeschichte eine
neue Erfindung für einen großen Fortschritt gesorgt hat, gab es diese
Ängste – und am Ende waren eigentlich immer alle froh, dass es so weit
gekommen ist. War nicht sogar Sokrates damals gegen die Einführung von
Büchern? Er dachte, wir würden alle verdummen, weil niemand mehr etwas
lernt, sondern einfach nur in Büchern nachschlägt. Da schüttelt man heute
den Kopf! Es ist nicht so, dass ich die Angst vor dem Unbekannten nicht
nachvollziehen kann. Und natürlich bringen solche Entwicklungen
Veränderungen mit sich: Viele Jobs und ganze Branchen wie die Filmindustrie
stehen ohne Frage vor Umbrüchen. Ich glaube aber nicht wirklich daran, dass
es in unserem besten Interesse ist, uns nicht weiterzuentwickeln. Sonst
würden wir doch heute noch in Höhlen ums Lagerfeuer sitzen.
Tatsächlich wirft „The Creator“ nicht nur einen Blick in die Zukunft,
sondern irgendwie auch in die Vergangenheit. Dadurch, dass Sie einen Krieg
in Südostasien ansiedeln, muss man mehr als einmal an den Vietnamkrieg und
dessen filmische Darstellungen denken. Warum waren Ihnen diese
Assoziationen wichtig?
Anfangs hatte ich die noch gar nicht im Sinn. Da überlegte ich nur, wohin
ich mich für das von mir sehr verhasste Schreiben des Drehbuchs
zurückziehen könnte. Ich wollte irgendwo hin, wo es schön ist und ich gerne
mehrere Wochen am Stück verbringen will. So kam ich auf Thailand, und weil
ein Freund von mir damals gerade in Vietnam war, bin ich auch dorthin
gereist. Je mehr ich an meinem Roboterfilm schrieb und dabei diese
Landstriche vor Augen hatte, die ich mit Filmen wie „Apocalypse Now“,
„Platoon“ oder „Full Metal Jacket“ in Verbindung brachte, desto mehr
realisierte ich, dass ich diese Verschmelzung von Science-Fiction und
Kriegsfilm eigentlich noch nie auf der Leinwand gesehen hatte. Man könnte
sagen, James Cameron hat für [4][„Avatar“] den Vietnamkrieg ins Weltall
verlegt. Aber das war’s dann auch. Ich sah vor meinem inneren Auge diese
Reisfelder in Vietnam und Roboter mit Kriegsgewehren und dachte mir, dass
ich mich sehr ärgern würde, wenn das eines Tages jemand anderes inszeniert.
Also habe ich es lieber selbst gemacht.
Es ist auf jeden Fall auch deswegen passend, weil Ihr Film einen
erstaunlich kritischen Blick auf die USA wirft und in seiner Botschaft eine
klare Antikriegshaltung vertritt, oder sehe ich das falsch?
Wenn „The Creator“ als [5][Antikriegsfilm] gesehen wird, macht mich das
sehr froh. Aber anti-amerikanisch ist er nicht gedacht. Ich liebe die USA,
ich lebe dort und meine Freundin kommt von dort. Nicht umsonst ist der Held
meines Films ein Amerikaner. Aber die Geschichte ist auf jeden Fall eine
Kritik am Konzept der Supermacht, die sich zum Führer der Welt aufschwingt
– und für die nahe Zukunft, in der sie spielt, erschienen mir da die USA
einfach die naheliegendste Wahl.
27 Sep 2023
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## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Film
Spielfilm
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Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
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