| # taz.de -- Studie fehlte in Zulassungsantrag: Bayer angezeigt wegen Glyphosat | |
| > Der Chemiekonzern habe den Behörden kritische Studien über | |
| > Gesundheitsrisiken des Pestizids nicht vorgelegt, so Umweltverbände. | |
| > Bayer sieht das anders. | |
| Bild: Protest gegen Glyphosat: AktivistInnen vor der Bayer-Konzernzentrale in L… | |
| Berlin taz | UmweltschützerInnen haben den Chemiekonzern Bayer angezeigt, | |
| weil er Hinweise auf Gesundheitsgefahren durch [1][Glyphosat] im Antrag auf | |
| Wiederzulassung des Pestizids nicht vorgelegt habe. Die Verbände Global | |
| 2000 und Pestizid-Aktionsnetzwerk verdächtigen das von Bayer angeführte | |
| Herstellerkonsortium, im Zulassungsantrag „unvorteilhafte Ergebnisse und | |
| Daten aus Herstellerstudien unzulässig zurückgehalten oder inkorrekt | |
| dargestellt zu haben“, um die Behörden „zu täuschen“. | |
| Das geht aus der [2][Anzeige] hervor, die die Organisationen nach eigenen | |
| Angaben am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht haben. Sie | |
| appellierten an die EU-Staaten, bei einer für Mitte Oktober geplanten | |
| Abstimmung eine erneute Zulassung von Glyphosat zurückzuweisen. Die | |
| aktuelle Erlaubnis läuft am 15. Dezember aus. | |
| Glyphosat ist der weltweit meistverkaufte Pestizidwirkstoff. Die | |
| Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation | |
| bewertete ihn 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ – mit Glyphosat | |
| gefütterte Säugetiere hatten Tumore entwickelt. In den USA verurteilten | |
| daraufhin mehrere Gerichte Bayer zu hohen Schadenersatzzahlungen an | |
| KlägerInnen, die ihre Krebserkrankung auf das Mittel zurückführen. Der | |
| Konzern beruft sich dagegen auf verschiedene Zulassungsbehörden, die | |
| Glyphosat als sicher einstufen. Das Gift tötet so gut wie alle nicht | |
| gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und | |
| Insekten. Deshalb gilt es Umweltschützern als Gefahr für die Artenvielfalt. | |
| Die EU-Pestizidverordnung verlange, dass Hersteller in ihrem | |
| Zulassungsantrag alle Studien über potentiell schädliche Effekte vorlegen, | |
| erklärten die Umweltorganisationen. „Doch im aktuellen Zulassungsantrag von | |
| Bayer fehlt die Mehrzahl der [3][publizierten Studien], die auf schädigende | |
| Auswirkungen auf das Nervensystem (Neurotoxizität) durch Glyphosat | |
| hinweisen.“ Darunter sei eine Studie, die bei Kindern ein [4][erhöhtes | |
| Risiko für Autismus]-Spektrum-Störungen festgestellt habe, wenn ihre Mütter | |
| in der Schwangerschaft oder sie selbst im ersten Lebensjahr Glyphosat | |
| ausgesetzt waren. | |
| Besonders schwer wiege der von [5][zwei schwedischen WissenschaftlerInnen] | |
| erhobene Vorwurf, dass auch eine vom Agrarchemiekonzern Syngenta | |
| beauftragte Studie zur Schädigung des sich entwickelnden Nervensystems | |
| durch eine Glyphosatverbindung den EU-Behörden vorenthalten worden sei. | |
| Rattenjungen hätten darin eine stark eingeschränkte Motorik gezeigt, wenn | |
| ihre Mütter während der Schwangerschaft den Stoff erhielten. Die | |
| US-Umweltbehörde [6][EPA] habe diese Untersuchung als “akzeptabel für | |
| regulatorische Zwecke“ eingestuft. Demnach seien die schädlichen Effekte | |
| bei einer Dosis aufgetreten, die von den EU-Behörden derzeit als sicher | |
| eingestuft wird. | |
| Nach Hinweis durch die schwedischen Wissenschaftler habe die EU-Behörde für | |
| Lebensmittelsicherheit (Efsa) sich die Studie schicken lassen, sagte Helmut | |
| Burtscher-Schaden, Biochemiker bei Global 2000. Zu dem Zeitpunkt hatte die | |
| Behörde dem Umweltschützer zufolge aber schon „tausende Seiten von | |
| Begründungen“ geschrieben. Die Efsa habe dann die Studie, die ihrer | |
| bisherigen Bewertung widersprach, für irrelevant erklärt. Andere wichtige | |
| Studien habe die Behörde gar nicht erhalten. | |
| Ähnliche Vorwürfe wegen früherer Zulassungen haben die Umweltschützer schon | |
| mehrmals seit 2016 erhoben. Seit vier Jahren ermittele deshalb die | |
| Staatsanwaltschaft Wien gegen Monsanto und den Rechtsnachfolger Bayer, so | |
| Global 2000. | |
| „Bayer hat zu keiner Zeit relevante wissenschaftliche Studien | |
| zurückgehalten“, schrieb ein Konzernsprecher der taz. Die Studie zum Thema | |
| Entwicklungsneurotoxizität habe „nichts mit dem Wirkstoff Glyphosat zu | |
| tun“. Sie beziehe sich auf das Salz Glyphosat-Trimesium, aber nicht auf den | |
| zugelassenen Pestizidwirkstoff Glyphosat. „Beides sind komplett | |
| verschiedene Wirkstoffe mit einem unterschiedlichen Toxizitätsprofil“, so | |
| Bayer. | |
| Eine andere von den Umweltschützern zitierte Studie sei ein öffentlicher | |
| Literaturartikel, „der bei der Bewertung als nicht zuverlässig und daher | |
| für die Risikobewertung von Glyphosat als nicht relevant erachtet wurde.“ | |
| Mehrere Regulierungsbehörden „auf der ganzen Welt“ hätten festgestellt, | |
| dass Glyphosat nicht neurotoxisch sei. Auch die Efsa wies in einer | |
| Stellungnahme für die taz darauf hin, dass das Glyphosatsalz in der EU | |
| nicht zugelassen sei. | |
| Burtscher-Schaden antwortete darauf: „Glyphosat-Trimesium enthält eben auch | |
| Glyphosat. Und es gibt keine Anhaltspunkte, dass nicht Glyphosat sondern | |
| Trimesium für die schädlichen Effekte verantwortlich wäre.“ Deshalb seien | |
| die Antragsteller verpflichtet, dies zu untersuchen und die Behörden zu | |
| informieren. | |
| 27 Sep 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schwerpunkt-Glyphosat/!t5008469 | |
| [2] https://www.global2000.at/sites/global/files/Nachtragsanzeige_230927_Websit… | |
| [3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9101768/ | |
| [4] https://www.bmj.com/content/364/bmj.l962 | |
| [5] https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-022-00891-7 | |
| [6] https://www.global2000.at/sites/global/files/EPA-HQ-OPP_glyphosate_DNT.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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