# taz.de -- Querdenker okkupieren Wagenknecht: Falsche Herausgeberin | |
> Die Coronaschwurbel-Postille „Demokratischer Widerstand“ fällt wiederholt | |
> mit presserechtlichen Falschangaben auf. | |
Bild: Corona ist nicht das Problem? Fake News schon. Bilder von einer Demo in B… | |
Die Querdenker-Zeitung [1][Demokratischer Widerstand] brüstet sich mit | |
einer neuen prominenten Herausgeberin. Demnach soll die Linken-Politikerin | |
Sahra Wagenknecht seit dem 9. September in dieser Funktion für das Blatt | |
tätig sein. So steht es jedenfalls auf der Seite 1 der Zeitung, direkt | |
unter dem Titel. | |
Nur: Das ist gelogen. Wagenknecht weiß von nichts. Auf Anfrage teilt das | |
Büro der Bundestagsabgeordneten mit: „Die Anführung von Frau Wagenknecht | |
als angebliche Herausgeberin der Zeitung ‚Demokratischer Widerstand‘ | |
erfolgt ohne jegliche Einwilligung.“ Die Politikerin habe „gegen die | |
Nennung ihres Namens protestiert“, sie verlange „die umgehende Löschung und | |
Richtigstellung“. Außerdem prüfe sie juristische Schritte. | |
Die Zeitung verstößt damit nicht nur gegen Persönlichkeitsrechte von Sahra | |
Wagenknecht, sondern auch gegen den obersten Grundsatz journalistischer | |
Berichterstattung. Gleich in der ersten Ziffer im Pressekodex des Deutschen | |
Presserates steht: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der | |
Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind | |
oberste Gebote der Presse.“ | |
Herausgegeben wird der Demokratische Widerstand in Berlin von den beiden in | |
der verschwörungsgläubigen Szene bekannten Querdenkern und Coronaleugnern | |
Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp. In dem meist wöchentlich erscheinenden | |
Blatt wurde und wird die ganze Palette der Verschwörungsmythen | |
ausgebreitet, Politiker werden übel beschimpft. „Impfung ist ein | |
Massengrab“, hieß es etwa in der Zeitung, vom „Covid Horror Regime“ war … | |
Rede, SPD- und Grünen-Politiker:innen wurden als „Kriegstreiber, | |
Lügnerinnen, Spritzenmörder“ beleidigt. Verbindungen zur rechtsextremen | |
Szene sind klar belegt. | |
## Staatsdelegitimierung | |
Erstmals hat der Berliner Verfassungsschutz die Zeitung und den sie | |
tragende Gruppierung „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ in | |
seinen Bericht 2022 aufgenommen. Ihnen wird „Staatsdelegitimierung“ | |
vorgeworfen. Auch verübten sie „die anhaltende Verbreitung von | |
Falschinformationen“. Zentral in ihrer Argumentation sei „die | |
Gleichstellung des demokratischen Verfassungsstaats mit einer Diktatur“. | |
Der aktuelle Fall Wagenknecht hat einen Vorläufer. Vom 27. Mai 2023 bis zur | |
Ausgabe 26. August wurde [2][der britische Rockmusiker Roger Waters] | |
(ehemals Pink Floyd) an gleicher Stelle auf dem Titel als Herausgeber | |
genannt. Auch das war Fake. Waters tourte zu der Zeit unter einigen | |
Protesten durch Europa, ihm wurde Antisemitismus vorgeworfen, auch | |
positionierte er sich im Krieg in der Ukraine an der Seite Russlands. | |
Mit dem Demokratischen Widerstand allerdings hat er nichts am Hut, er kennt | |
die Zeitung nach Angaben seines deutschen Anwalts Ralf Höcker auch nicht. | |
Mit dieser Klarstellung lässt es der 80 Jahre alte Brite aber nicht auf | |
sich bewenden. Über den Anwalt Höcker hat er beim Landgericht Köln eine | |
einstweilige Verfügung gegen „Sodenkamp & Lenz Verlagshaus GmbH“ erwirkt. | |
In dieser wird dem Demokratischen Widerstand verboten, weiter zu behaupten, | |
Roger Waters sei dessen Herausgeber. | |
Was das Lenz und Sodenkamp – [3][Höcker bezeichnet sie ausdrücklich] als | |
„diese Irren“ – kosten dürfte, hat seine Kanzlei auf Anfrage der taz gen… | |
berechnet. Sie geht davon aus, dass es erforderlich sein wird, den | |
Demokratischen Widerstand zur Abgabe eines Abschlussschreibens | |
aufzufordern. Außerdem werde die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt. | |
Demnach werden Rechtsanwaltsgebühren für Höcker sowie Gerichtskosten von | |
insgesamt 3.307,10 Euro fällig. Hinzu käme ein Anwalt der Zeitung, falls | |
diese sich einen nimmt. Und das Ordnungsgeld muss für jeden Fall bezahlt | |
werden, in dem das Blatt Roger Waters weiterhin als Herausgeber tituliert. | |
Erfindet der Demokratische Widerstand weiterhin immer neue Herausgeber, so | |
wird das mit der Zeit teuer werden. | |
Ein tatsächlicher Herausgeber zumindest für zwei Ausgaben ist weiterhin als | |
Kolumnist für das Blatt tätig: Michael Meyen, Professor für | |
Kommunikationswissenschaft (IfKW) an der Münchner | |
Ludwig-Maximilians-Universität. Der Professor mit Querdenkerhaltung war im | |
Frühjahr dieses Jahres massiv in die Kritik geraten, wegen seiner Nähe zum | |
Demokratischen Widerstand. | |
Das IfKW hat sich klar von Meyen distanziert. Die bayerische | |
Landesanwaltschaft, zuständig bei möglichen Dienstvergehen von Beamten, | |
ermittelt weiterhin gegen ihn, ein Ergebnis gibt es noch nicht. | |
24 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://demokratischerwiderstand.de/ | |
[2] /Fehler-in-der-Berichterstattung/!5952178 | |
[3] https://twitter.com/Ralf_Hoecker/status/1704490913567756385 | |
## AUTOREN | |
Patrick Guyton | |
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