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# taz.de -- Nach der Explosion im Hafen von Beirut: Jedes Metallstück ein stil…
> Der Libanon versteigert Metallschrott der Explosion am Hafen vor drei
> Jahren. Die Angehörigen der Opfer klagen: so verschwinden
> Beweismaterialien.
Bild: Metallschrott, Schiffscontainer, das zerstörte Silo – Panorama des Bei…
Beirut taz | Der Libanon versteigert in einer öffentlichen Auktion den
Metallschrott aus der Explosion im Beiruter Hafen. „Zehntausende Meter“
sollen auf dem Hafengelände in Beirut von dem Schutt befreit werden,
kündigte der geschäftsführende Minister für öffentliche Arbeiten, Ali
Hamieh, an – und [1][die leeren Staatskassen] so ein wenig gefüllt werden.
Bei der [2][Explosion im Hafen von Beirut am 4. August 2020] gingen – nach
Angaben der damaligen libanesischen Regierung – 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat
in die Luft. Durch die Detonation in der Hauptstadt des Libanon starben
mindestens 220 Menschen, rund 6.000 wurden verletzt, die Häuser von 30.000
Einwohnerinnen und Einwohnern zerstört.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen schätzt den von der Explosion
hinterlassenen Schutt und Metallschrott im Hafen auf 397.000 Tonnen.
Eingedelltes Gestänge, kaputte Autogehäuse und zerquetschte
Schiffscontainer wurden einige Monate nach der Explosion zur Seite geräumt.
Die giftigen Chemikalien Salzsäure, Aceton, Wasserstoffperoxid und
Flusssäure, sowie verunreinigter Abfall wurden zur sicheren Entsorgung nach
Deutschland gebracht.
Im Oktober startet die öffentliche Auktion für den übergebliebenen
Metallschrott. Das Startgebot liegt bei 750 US-Dollar.
## Hisbollah und Verbündete behindern die Untersuchungen
Eigentlich eine gute Sache: Das Metall wird als Recyclingware verkauft, mit
dem Gewinn die maroden Staatskassen gefüllt. Doch die Untersuchungen zum
Hergang der Explosion sind noch nicht abgeschlossen. Seit zwei Jahren steht
die Untersuchung still, der Generalstaatsanwalt hat mittlerweile alle 17
Verdächtigen aus dem Gefängnis entlassen. Bis heute wurde niemand belangt.
[3][Politiker behindern die innerstaatliche Untersuchung] – hauptsächlich
die schiitische, von Iran unterstützte Partei und Miliz [4][Hisbollah],
sowie ihre Verbündeten, der Justizminister und Generalstaatsanwalt.
Statt die Untersuchung wieder aufzunehmen, fokussiert sich die
Übergangsregierung auf Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte im Hafen.
Minister Hamieh gab an, die Versteigerung zeige, dass der Hafen von Beirut
keine „Geisel lokaler und internationaler politischer Spannungen“ sei. Die
monatlichen Einnahmen des Hafens beliefen sich auf über 10 Millionen
Dollar. Ein französisch-libanesisches Unternehmen hatte die Geschäfte im
Februar 2022 übernommen.
Für viele Menschen in Beirut ist der Hafen ein Tatort – solange, bis die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. So auch für Mariana
Fodoulian. Ein Verbrecher behalte die Beweise oder Zeugen seines
Verbrechens nicht, sagt sie. „Das ist das Erste, was sie loswerden wollen.“
Mariana Fodoulian hat ihre Schwester Gaïa durch die Explosion im August
2020 verloren. Seitdem ist sie Teil des Zusammenschlusses der Angehörigen
der Explosionsopfer. Seit drei Jahren demonstrieren sie jeden Monat vor dem
Hafen in Beirut für Aufklärung und Gerechtigkeit.
„Mal geht es um das Metall, mal um die Silos, mal um die Ermittlungen. Sie
tun alles, um uns zum Aufhören zu bewegen oder uns zu schwächen. Aber wir
werden weiterhin für jedes Beweisstück kämpfen, das wir für die
Ermittlungen benötigen. Um jedes Stück, das wir brauchen, um die Menschen
immer wieder an die Explosion zu erinnern.“
## Die Kampagne der stummen Zeugen
Die Familien haben gemeinsam mit Ingenieur*innen die „Kampagne der
stummen Zeugen“ gestartet. Darin fordern sie, die Weizensilos und Teile des
Hafens als Zeugen des Geschehens vom 4. August zu erhalten.
Es waren die [5][Betonmauern der Weizensilos], die den Westteil Beiruts vor
der Druckwelle abschirmten. Vergangenes Jahr kollabierten Teile der
Betonzylinder. Im April 2022 beschloss das libanesische Kabinett den Abriss
der Silos. Doch sie stehen bis heute – wie ein Mahnmal. Im August dieses
Jahres wandte sich der geschäftsführende Wirtschaftsminister Amin Salam an
Kuwait und fragte nach finanzieller Hilfe für den Wiederaufbau der
Getreidesilos.
7 Sep 2023
## LINKS
[1] /Wirtschaftskrise-im-Libanon/!5950423
[2] /Drei-Jahre-nach-Explosion-in-Beirut/!5944125
[3] /Behinderte-Ermittlungen-in-Beirut/!5949081
[4] https://www.occrp.org/en/investigations/a-hidden-tycoon-african-explosives-…
[5] /Nach-der-Hafenexplosion-im-Libanon/!5867191
## AUTOREN
Julia Neumann
## TAGS
Beirut
Hafen
Explosion
Hisbollah
Ermittlungen
Recycling
Wirtschaftskrise
Libanon
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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