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# taz.de -- Großbrand in Johannesburg: Feuerkatastrophe mit Ansage
> In einem illegal vermieteten Haus sind zahllose Menschen gestorben.
> Stadtverwaltung und Menschenrechtler schieben sich gegenseitig die Schuld
> zu.
Bild: Das Wohnhaus, in dem zahlreiche Menschen bei einer Brandkatastrophe ums L…
Kapstadt taz | In einem sind sich alle einig: Das Feuer-Inferno in jenem
der Stadt gehörenden, aber seit langem im Verfall befindlichen und illegal
von Geflüchteten sowie verarmten Südafrikaner*innen bewohnten Gebäude
war vorhersehbar. Dabei waren in der Nacht zu Donnerstag nicht nur 74
Menschen, darunter 12 Kinder, ums Leben gekommen. Auch mehr als 200
Familien, insgesamt etwa 1.000 Menschen, haben ihr armseliges Obdach
verloren.
Inzwischen ist bekannt, dass es sich dabei auch keineswegs um einen
Einzelfall handelt: In Johannesburg allein gibt es nach offizieller
Auskunft insgesamt 57 ähnliche Großgebäude im Innenstadtbereich, die zwar
der Stadt gehören, aber überwiegend unter Kontrolle verschiedener Banden
stehen.
Sie knöpfen [1][den Ärmsten der Armen] sogar „Mieten“ ab, leisten jedoch
nichts zur Instandhaltung oder gar der Sicherheit der Bewohner*innen. In
den meisten dieser Häuser gibt es weder Strom noch Wasser. Nach bisherigen
Ermittlungen war deshalb wohl auch ein offenes Feuer zum Kochen oder auch
nur eine umgestürzte Kerze die Ursache des Brandes.
Der Bürgermeister von Johannesburg, Kabelo Gwamanda, rechtfertigte die
„guten Intentionen“ der Stadtverwaltung, die vor vielen Jahren den
fünfstöckigen Komplex an eine NGO gegeben hatte, die es für „obdachlose
Frauen und Kinder“ nutzen wollte. „Sie waren jedoch nicht dem Druck
krimineller Banden gewachsen, die bald die Kontrolle übernahmen“, fügte er
hinzu. Zu Apartheidszeiten war in dem Gebäude die Verwaltung der
rassistischen Passgesetze untergebracht, die den Verbleib „nichtweißer“
Menschen regelten, die sich nur zur Arbeit in der Stadt aufhalten durften.
## Rassismus wie zu Apartheidszeiten
„Im Prinzip haben wir mit dem gleichen Rassismus bis heute zu tun“, meint
Mandisa M., eine Vertreterin von „Abahlali baseMjondolo“, einer
Organisation, die sich in Südafrika für obdachlose Menschen einsetzt.
„Statt Veranwortung zu übernehmen, schiebt die Stadt die Schuld anderen zu
– nicht nur den kriminellen Banden, sondern im gleichen Atemzug auch denen,
die sie illegale Ausländer und Obdachlose nennen.“
Tatsächlich sagte die Pressesprecherin der Stadt Johannesburg, Colleen
Makhubele, nur Stunden nach dem Großbrand: „Genau diese NGOs machen unser
Leben schwer, wenn sie mit ihren sogenannten Menschenrechtsanliegen
verhindern, dass wir diese in der Tat zum Wohnen gefährlichen, weil illegal
besetzten Gebäude räumen lassen wollen. Dann zerren sie die Stadt vor
Gericht – und am Ende geschieht nichts.“
Die Anwältin des [2][Instituts für sozio-ökonomische Rechte] in Südafrika
(Seri), Khuselwa Dyantyi, widerspricht: „Es ist kein Geheimnis, dass es
eine in den letzten Jahren wachsende Gruppe verarmter Menschen in unseren
Innenstädten gibt, die keinerlei Miete bezahlen können und die keine andere
Option haben, als in leerstehenden städtischen Gebäuden ein Unterkommen zu
finden, wie elendig auch immer.“
## Fehlendes politisches Konzept für Wohnungsproblematik
Sie erhält Unterstützung von der Organisation des ehemaligen Gefährten von
Nelson Mandela, der Ahmed-Kathrada-Stiftung, die erklärt, dass „es
schockierend (sei), dass die Stadt ihren Kernpflichten nicht nachkommt: Dem
Großbrand und allen, die unweigerlich folgen werden, liege der Mangel eines
politischen Konzepts zugrunde, die extremen Gegensätze der reichen
Geschäfte und Banken gegenüber den Ärmsten und Rechtlosesten anzupacken –
jenseits von Vertreibungen und Verhaftungen.“
Bei seinem Besuch an der Unglücksstelle dankte der südafrikanische
Präsident, Cyril Ramaphosa, den spontan helfenden Organisationen wie den
[3][Gift of the Givers] und der Heilsarmee. Für wichtiger aber noch halte
er es, sich auch weiterhin um die Opfer zu kümmern und weitere Vorfälle
dieser Art zu verhindern: „Wir sind nicht hier, um Schuld zuzuweisen.
Dieser schreckliche Vorfall ist ein Aufruf an uns alle, konkret
mitzuhelfen, die Würde der Überlebenden dieser Katastrophe
wiederherzustellen – und die Ursachen solcher Brände, so gut es irgend
geht, anzupacken.“
Wenig später kündigte Andrek Panyaza Lesufi, Premierminister der Provinz
Gauteng, in der Johannesburg liegt, die Bildung einer Kommission an, in der
alle „direkt und indirekt Betroffenen zusammen gebracht werden, um einen
menschenwürdigen und realistischen Plan für die vielen anderen staatlich
ignorierten Elends-Gebäude zu entwickeln.“
Die anwesenden Journalist*innen forderten dafür einen Zeitplan, den der
Premier bislang schuldig blieb.
1 Sep 2023
## LINKS
[1] /Energiedefizit-in-Suedafrika/!5920885
[2] https://www.seri-sa.org/
[3] https://giftofthegivers.org/
## AUTOREN
Lutz van Dijk
## TAGS
Südafrika
Johannesburg
Armutsbekämpfung
Wohnungspolitik
Apartheid
Menschenrechte
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Preisanstieg
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