| # taz.de -- Humanitäre Krise in Bergkarabach: Blockade und Hilfe | |
| > Die Verbindungsstraße von Armenien nach Bergkarabach ist weiter | |
| > blockiert. Hilfe kommt vom russischen Roten Kreuz über Aserbaidschan. | |
| Bild: Den Bewohnern in Bergkarabach droht durch die Blockade der Hungertod | |
| Berlin taz | Der [1][drohende Hungertod von bis zu 120.000 | |
| Armenier*innen in Bergkarabach] könnte vielleicht noch abgewendet | |
| werden. Am Dienstag traf ein Hilfstransport des russischen Roten Kreuzes | |
| mit Decken, Hygieneartikeln und 1.000 Lebensmittelpaketen in Stepanakert | |
| ein, der Hauptstadt der Region. | |
| Dafür wurde erstmals die sogenannte Agdamroute genutzt, die über | |
| aserbaidschanisches Territorium verläuft. Sie war seit dem Krieg zwischen | |
| Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach Anfang der 1990er Jahre | |
| geschlossen gewesen. Eine 44-tägige bewaffnete Auseinandersetzung zwischen | |
| den beiden Südkaukasusrepubliken im Herbst 2020 endete für Jerewan mit | |
| erheblichen Gebietsverlusten. Seitdem ist auch der Ort Agdam wieder unter | |
| der Kontrolle von Aserbaidschan. | |
| Über den [2][Latschinkorridor] hingegen geht nach wie vor gar nichts. Der | |
| Korridor ist die einzige direkte Verbindungsstraße zwischen Armenien und | |
| Bergkarabach und eine Lebensader für die Karabach-Armenier*innen. Aber | |
| weder Waren noch Hilfsgüter oder dringend benötigte Medikamente kommen | |
| durch. | |
| Eine Waffenstillstandsvereinbarung, die 2020 unter der Vermittlung von | |
| Moskau ausgehandelt worden war, sieht unter anderem die Stationierung von | |
| russischen Friedenstruppen vor. Zu den Aufgaben der rund 2.000 Soldaten | |
| gehört auch der Schutz sowie die Offenhaltung des Latschinkorridors. | |
| ## Armenien orientiert sich gen Westen | |
| Doch seit nunmehr neun Monaten blockiert Aserbaidschan den Korridor. | |
| Russland blieb und bleibt untätig. Bereits vor Wochen hatten | |
| Menschenrechtsorganisationen sowie unter anderen auch Luis Moreno Ocampo, | |
| ehemaliger Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IstGH), vor | |
| einem drohenden Genozid an den Armenier*innen in Bergkarabach gewarnt. | |
| Nicht zuletzt diese Art von unterlassener Hilfeleistung Moskaus befördert | |
| eine Abkehr Armeniens von Russland, das in der zweitgrößten Stadt Gjumri | |
| seine einzige Militärbasis im Südkaukasus unterhält. Und sie lässt das Land | |
| mit knapp drei Millionen Einwohner*innen nach Alternativen Ausschau | |
| halten. | |
| Nachdem Jerewan bereits Anfang des Jahres ein [3][gemeinsames Manöver der | |
| Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) in Armenien | |
| abgesagt] hatte, wurde kürzlich Armeniens Vertreter in der OVKS abberufen. | |
| Dem von Russland geführten Militärbündnis gehören neben Armenien auch | |
| Belarus, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan an. | |
| Am 1. September legte die Regierung dem Parlament das Römische Statut des | |
| IstGH zur Ratifizierung vor. Sobald dieser Schritt erfolgt ist, müsste | |
| Russlands Präsident Wladimir Putin wegen eines entsprechenden Haftbefehls | |
| des IstGH bei einem Armenienbesuch festgenommen werden. In der vergangenen | |
| Woche reiste Anna Akopjan, Frau des armenischen Premiers Nikol Paschinjan, | |
| in die ukrainische Hauptstadt Kyjiw und übergab dort humanitäre Hilfe. | |
| Vor wenigen Tagen sagte Paschinjan der italienischen Zeitung La Repubblica, | |
| dass Jerewans Ausrichtung auf Russland ein strategischer Fehler gewesen | |
| sei. Seit dieser Woche läuft in Armenien unter dem Namen „Eagle Partner“ | |
| eine Übung, bei der sich 175 armenische und 85 US-Soldaten gemeinsam auf | |
| Einsätze bei internationalen Friedensmissionen vorbereiten. | |
| Doch trotz dieser Entwicklungen bleibt die Frage offen, wer für Armenien | |
| künftig Sicherheitsgarantien übernehmen könnte. Doch genau das könnte schon | |
| bald existenziell werden – wenn eintritt, was viele in Armenien fürchten: | |
| ein Angriff Aserbaidschans auf ihr Land. | |
| 13 Sep 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Konflikte-in-Bergkarabach/!5950507 | |
| [2] /Konflikt-um-Bergkarabach/!5915297 | |
| [3] /Konflikt-um-Bergkarabach/!5908329 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Bergkarabach | |
| Armenien | |
| Aserbaidschan | |
| Russland | |
| Schwerpunkt Bergkarabach | |
| Nikol Paschinjan | |
| Schwerpunkt Bergkarabach | |
| Schwerpunkt Bergkarabach | |
| Armenien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Feuerpause in Bergkarabach vereinbart: Armenier in Bergkarabach kapitulieren | |
| Nach dem Angriff Aserbaidschans auf das armenisch besiedelte Bergkarabach | |
| gilt nun eine Waffenruhe. Die Armenier haben zugestimmt, ihre Waffen | |
| abzugeben. | |
| Krieg um Bergkarabach ausgebrochen: Aserbaidschan startet Großangriff | |
| Die Boden- und Luftoffensive richtet sich gegen die armenisch besiedelte | |
| Enklave Bergkarabach. In Armenien brechen Proteste gegen die untätige | |
| Regierung aus. | |
| Deutschland trägt Mitschuld: Der hingenommene Genozid | |
| Das armenische Bergkarabach wird von der Welt abgeschnitten, die | |
| Bevölkerung ausgehungert. Das gasreiche Aserbaidschan ist dem Westen | |
| wichtiger. | |
| Konflikte in Bergkarabach: Droht ein Völkermord? | |
| Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan schwelt, die kleine Region | |
| Bergkarabach ist zwischen den Gegnern eingekeilt und gefährdet wie nie. | |
| Konflikt um Bergkarabach: Friedensgespräche gehen weiter | |
| Armenien und Aserbaidschan haben erneut über Bergkarabach verhandelt, | |
| diesmal in den USA. US-Außenminister Blinken sieht „Fortschritte“. |