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# taz.de -- Festival „Pop-Kultur“: Musicboard setzt auf Nachwuchs
> Das Berliner Festival „Pop-Kultur“ startet mit Annika Henderson. Für
> andere Acts haben die Veranstalter*innen auch in der Off-Szene
> gefischt.
Bild: „I think we can change“: das Mantra der Künstlerin Anika
„I think we can change“ – um dieses Mantra drehte sich das letzte
Studioalbum der britisch-deutschen Künstlerin Annika Henderson. [1][Unter
ihrem Pseudonym Anika] erforschte sie 2021 mithilfe von Synthesizern und
geisterhaften Bässen urbane Betonlandschaften, in deren Zwischenräumen sich
ihre Texte sloganartig einprägten. Für [2][das Berliner Musikfestival
„Pop-Kultur“], das am Mittwoch startet, hat sie diesen Ansatz nun
überarbeitet.
Auf der Suche nach den verlorenen Stimmen, den „Lost Voices“, so der Titel,
holt sie etwa die mexikanische Filmemacherin Tabatta Salinas auf die Bühne,
um selten gehörten Stimmen in unserer Gesellschaft Gehör zu verschaffen.
„Lost Voices“ ist eine Auftragsarbeit, die exklusiv für das Festival
angefertigt wurde und eine der Ideen, mit dem sich das Berliner Festival
von der Konkurrenz abgrenzen will.
Anika war dabei eine der ersten Künstlerinnen, die das Musicboard 2013
überhaupt förderte, verrät Geschäftsführerin Katja Lucker. Die Institution
wurde damals ins Leben gerufen, um die Popszene in der Hauptstadt zu
unterstützen, mit Knowhow und Beratungsangeboten, aber auch mit einem Etat,
der abseits von klassisch gefördertem Kulturgut (wie Oper und Theater)
seinesgleichen suchte. Statt großen Playern, die damals in die hippe
Hauptstadt gelockt wurden, setzte sich das Musicboard das Ziel, den
Nachwuchs aufzubauen und mit Stipendien zu versorgen.
## „Pop-Kultur“ ist Satellit des Musicboards
Einer der Satelliten des Musicboards ist sein großes Musikfestival, das mit
circa 10.000 Besucher*innen im nationalen Vergleich allerdings immer
noch zu den kleineren gehört. Es ist aber auch eines der spannendsten
Festivals überhaupt. „Förderung bedeutet, immer dabei zu sein, wenn etwas
noch nicht oder vielleicht niemals am Markt funktioniert, sondern
Unterstützung braucht“, sagt Lucker, die mit ihrem Team nun die neunte
Ausgabe umsetzt.
Kuratiert wird das Festival außerdem von Yeşim Duman, Pamela Owusu-Brenyah
und Christian Morin, drei Akteur*innen der lokalen Musik- und
Veranstaltungsszene, die alle unterschiedliche Backgrounds haben. Duman
etwa ist verwurzelt in der postmigrantischen und queer-feministischen
Szene, legte selbst auf LGBTIQ-Partys auf.
Sie erfand die Çaystube, einen Ort für Entspannung und Austausch, auch ohne
Tickets zugänglich, mit Acts, die auch schon mal den Hof der Kulturbrauerei
lahmlegten. Dieses Jahr kreierte sie einen Schwerpunkt zum Thema Fußball
als Teil kultureller Identität.
„Pop-Kultur“ pflegt außerdem regen Austausch [3][nach Ghana und in andere
(west-)afrikanische Länder], aus denen auch dieses Jahr wieder
Künstler*innen kommen. Da ist die 21-jährige Nigerianerin Fave, die
während des Corona-Lockdowns mit Freestyle-Videos bekannt wurde, und die
31-jährige Südafrikanerin Sho Madjozi, die sich bereits seit zehn Jahren
mit ihrem Afro-Pop und ausladenden Performances, teils in ihrer
Muttersprache Tsonga, für die große Bühne empfiehlt.
Wie schwer es Acts vom großen afrikanischen Kontinent oft auf europäischen
Festivals haben, sieht man allein daran, dass sie ansonsten kaum in die
hiesigen Radios und Line-ups gespült werden.
## Nashi44, BRKN und Fuffifuffzich
Das Festival „Pop-Kultur“ fischt seit jeher auch in der Berliner
Musikszene. Neben lokalen Rap-Acts wie Nashi44, BRKN und
Nachwuchs-Synthpop-Ikone Fuffifuffzich sind das traditionell viele
internationale Künstler*innen aus der Off-Szene, die sich jüngst in
Berlin niedergelassen haben. So etwa die US-Band Meagre Martin und die
palästinensische Künstlerin Rasha Nas, deren Gesang sachte über
akustischen, von Jazz inspirierten Sets und ihrer E-Gitarre schwebt.
Das Musicboard war es auch, das vor sechs Jahren als erste große
Pop-Institution eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent voraussetzte, um
von jeglicher Förderung zu profitieren, während das Festival sich zudem als
barrierearme Veranstaltung versteht, nicht nur mit Rolli-Rampen, sondern
auch mit Talks und Konzerten, die in Gebärdensprache übersetzt werden,
sowie Musikerinnen mit und ohne Behinderung auf der Bühne. Auch dieses Mal
gibt es neben einer Deaf-Performance zweier gehörloser Künstler*innen
auch ein Drag-Kollektiv mit Down-Syndrom zu sehen.
„Im Line-up ist Diversität selbstverständlich für uns geworden. Man muss
sich nur mal die Website anschauen: Wir bedienen gar nicht das Klischee,
dass weiße cis Männer auf der Bühne stehen müssen, damit man ein gutes
Festival macht“, sagt Lucker im Gespräch mit der taz. „Die Teams auch
hinter der Bühne divers aufzustellen, bleibt eine große Herausforderung für
die Zukunft. Wir schaffen das in Teilen, aber wir sind da auch noch am
Anfang.“
## Joe Chialo eröffnet das Festival
Eröffnet wird „Pop-Kultur“ übrigens von [4][Berlins neuem Kultursenator J…
Chialo (CDU)], der qua Amt auch Aufsichtsratsvorsitzender des Musicboards
ist. Er preist das Festival als „dreitägige[n] Diskurs über Musik und
Gesellschaft“, nennt das Line-up „krass“ und freut sich auf
„Traditionsbrüche“.
Chialo bringt dabei als Ex-Universal-Manager selbst Erfahrung im
Musikbusiness mit, er hat unter anderem die Kelly Family betreut. Gibt es
da Schnittmengen und Verständnis für die Arbeit mit dem Nachwuchs? Das wird
die Frage sein, sagt Katja Lucker. „Der aktuelle Kultursenator kennt das
Festival noch nicht. Er war noch nie da. Die Frage ist, wie viel Zeit er
sich nach der Eröffnung nimmt, um es sich anzuschauen.“
30 Aug 2023
## LINKS
[1] /Album-Change-von-Anika/!5789282
[2] /Achtes-Pop-Kultur-Festival-in-Berlin/!5877345
[3] /Musikkonferenz-Acces-in-Accra/!5646360
[4] /Joe-Chialo-soll-Kultursenator-werden/!5923215
## AUTOREN
Diviam Hoffmann
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