# taz.de -- Kinotipp der Woche: Was sie zusammenhält | |
> Beim 18. filmPOLSKA-Festival treffen junge polnische Positionen auf | |
> historische Streifen der Filmgeschichte. Und Familienmitglieder | |
> aufeinander. | |
Bild: Am 9. September im Zeughauskino bei filmPOLSKA: Anna Zameckas „Komunia�… | |
In der Welt von Ola und ihrem Bruder Nikodem sind die Besuche in der Kirche | |
und der Kommunionsunterricht von Nikodem Anker der Stabilität. Die beiden | |
wohnen mit ihrem alkoholkranken Vater in einer kleinen Wohnung, in der | |
regelmäßig der Sozialarbeiter vorbeischaut und den Vater ermahnt. Mit ihren | |
gerade einmal 14 Jahren ist Ola diejenige, die die Familie zusammenhält, | |
ihren Vater in der Spur zu halten versucht und mit ihrem autistischen | |
Bruder lernt. | |
Die Momente sind rar, in denen sie ohne weitere Verpflichtungen das Lebens | |
einer Jugendlichen führen kann, tanzen, in die Sonne blinzeln. Die | |
polnische Regisseurin Anna Zamecka begleitet Ola, Nikodem und ihren Vater | |
in ihrem Dokumentarfilm „Komunia“ („Kommunion“) durch einen beschwerlic… | |
Alltag. | |
„Komunia“ ist Teil der diesjährigen Retrospektive von [1][FilmPOLSKA], dem | |
Festival des polnischen Kulturinstitut in Berlin. In diesem Jahr widmet | |
sich die Retrospektive unter dem Titel „Unsere Geschichte/n“ dem Kino | |
junger polnischer Regisseurinnen, daneben gibt es in der Reihe „Im Archiv“ | |
weitere historische Ergänzungen zu den Gegenwartsprogrammen des | |
Wettbewerbs, des Panoramas und der Kurzfilmprogramme. | |
Eröffnet wird das Festival am Mittwochabend mit dem Roadmovie „Tata“. Als | |
seine ukrainische Haushälterin stirbt, ist schnell klar, dass sie nicht in | |
Polen beigesetzt werden darf. Also muss der Lastwagenfahrer Michał die | |
Leiche der Haushälterin zusammen mit seiner Tochter Miśka und Lenka, der | |
Enkelin der Haushälterin, über die polnisch-ukrainische Grenze bringen. | |
## Tonspur der Spannung | |
In Jagoda Szelc’ „Wieża. Jasny dzień“ („Tower. A Bright Day“) eskal… | |
Familientreffen. Mula lebt mit ihrem Mann und ihrer Mutter in Südpolen auf | |
dem Land. Zur Erstkommunion ihrer Tochter Nina reist die Familie an. Ihr | |
Bruder, Andrzej, kommt mit seiner Partnerin und den beiden Kindern. Doch | |
hinten im Auto sitzt noch eine weitere Erwachsene, Kaja, Mulas Schwester. | |
Es ist das erste Treffen seitdem Kaja vor sechs Jahren verschwunden ist, | |
kurz nachdem sie Nina zur Welt gebracht hat, die von ihrer Schwester als | |
ihre Tochter aufgezogen wird. Szelc’ Film überformt die Begegnung der | |
beiden Schwestern und die Spannungen, die durch Kajas Auftauchen sichtbar | |
werden als Psychodrama und unterlegt die Bilder auf der Tonspur mit | |
spannungsreichem Wummern. | |
Im Rahmen der Sektion „Archiv“ läuft in diesem Jahr unter anderem Wanda | |
Jakubowskas „Ostatni Etap“ („Die letzte Etappe“), in dem sie nur wenige | |
Monate nach Kriegsende die Geschichte von Frauen im Widerstand im | |
Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau erzählt – an Originalschauplätzen | |
und mit vielen ehemaligen Gefangenen. | |
Auch die diesjährige Ausgabe von FilmPOLSKA öffnet das Füllhorn des | |
polnischen Kino für ein Berliner Kinopublikum. Doch wenn die 18. Ausgabe | |
Mitte September endet, wird sie das Ende einer Ära sein. [2][Festivalleiter | |
Kornel Miglus], der sich wie wenige andere um die Vermittlung des | |
polnischen Kinos nach Deutschland verdient gemacht hat, hört mit dieser | |
Ausgabe auf. Steht zu hoffen, dass das Festival sich auch in Zukunft | |
ähnlich neugierig und weltoffen zeigen wird. | |
5 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://instytutpolski.pl/berlin/2023/07/31/18-filmpolska/ | |
[2] /Kulturzug-nach-Warschau/!5897221 | |
## AUTOREN | |
Fabian Tietke | |
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