Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pläne von Präsident Selenski: Zweifel an Antikorruptionsgesetz
> Präsident Selenski geht härter gegen Bestechlichkeit in der Ukraine vor.
> Kritiker:innen sagen, er wolle damit nur eigene Leute schützen.
Bild: In den nächsten Tagen möchte Präsident Selenski dem Parlament ein Anti…
LUZK taz | Wolodimir Selenski will die Korruptionskehrtwende. Nicht nur an
einzelnen Stellschrauben soll gedreht werden, um der grassierenden
politischen Bestechlichkeit in seinem Land den Kampf anzusagen, sagte der
ukrainische Präsident [1][in einem Interview] mit dem Fernsehsender 1 + 1.
Vielmehr werde er dem Parlament in den nächsten Tagen gleich ein komplett
neues Gesetz vorlegen.
Der Kern der Initiative ist eine zukünftige Gleichsetzung von Korruption
als Tatbestand mit Landesverrat – zumindest, solange in der Ukraine
Kriegsrecht herrscht. „Wenn es Beweise für Korruption gibt, gehört die
Person hinter Gitter“, so Selenski. Damit reagierte er auf eine Reihe von
Skandalen, die in der Ukraine zuletzt ans Tageslicht gekommen waren.
So [2][wurden im Juli bei der Familie von Jewgeni Borissow], dem obersten
Militärkommissar von Odessa, im In- und Ausland Luxusimmobilien und Autos
im Wert von mehreren Millionen Euro gefunden. Weitere Geschichten über
Reisen von Männern ins Ausland, das Beschaffungswesen im
Verteidigungsministerium sowie die Musterungskommissionen, welche über die
Wehrdiensttauglichkeit einer Person entscheiden, machten die Runde.
Während Nutzer:innen in den sozialen Netzwerken über das neue Gesetz
dementsprechend frohlocken, glauben Kritiker, dass Selenkski die
Gesellschaft täuschen möchte. Die Gleichsetzung mit Verrat hat ihrer
Meinung nach in Zeiten des Krieges nichts mit einer wirklichen Bekämpfung
von Korruption zu tun. Anhänger des Präsidenten entgegnen dem, zunächst die
Veröffentlichung des Gesetzentwurfes abzuwarten.
## Bis zu 15 Jahre Gefängnis
In mehreren vorab zirkulierenden Versionen wurde unter Berufung auf Quellen
im Büro des Präsidenten über die angeblichen Neuerungen spekuliert. Demnach
habe Selenski dem Geheimdienst (SBU) das Recht übertragen wollen,
Korruptionsfälle zu untersuchen, bei denen es um insgesamt 24 Millionen
Hrywna (umgerechnet 600.000 Euro) geht. Die restlichen Fälle würden dem
Antikorruptionsbüro überlassen.
Den Plan habe Selenski aber aufgrund der möglichen Empörung westlicher
Staaten verworfen. Diese fordern schon seit vielen Jahren den Aufbau von
Antikorruptionsbehörden mitsamt Sonderstaatsanwaltschaft und Gericht,
abgesichert durch entsprechende finanzielle Unterstützung.
Doch auch die endgültige Fassung des Textes sieht nun vor, dass der
Generalstaatsanwalt der Ukraine entscheiden kann, wer in hochkarätigen
Korruptionsfällen ermitteln soll: das Antikorruptionsbüro oder der SBU.
Dazu werden zwei neue Artikel in das Strafgesetzbuch aufgenommen, die
jeweils Eingriffe in die wirtschaftliche und militärische Sicherheit der
Ukraine sanktionieren.
## NGOs: Ein Gesetz, um die eigenen Leute zu decken
Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Sicherheit wird mit einer
Freiheitsstrafe von 8 bis 12 Jahren geahndet werden. Auf Bestechungsgelder,
die Beamte erhalten, stehen 10 bis 15 Jahre Gefängnis. Wird ein
Militärangehöriger bei der Annahme von Bestechungsgeldern erwischt, droht
ihm eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren.
Zweifel daran, dass [3][das Parlament (Rada)] das Gesetz annehmen wird,
bestehen nicht. Selenski verfügt mit seiner Partei Diener des Volkes über
eine klare Mehrheit, die immer wieder auch von anderen Abgeordneten
unterstützt wird.
Nichtregierungsorganisationen zeigten sich angesichts der Pläne entsetzt:
Wenn die Vorschläge des Präsidenten angenommen werden, hätten der SBU und
die Gerichte die Möglichkeit, Gegner der Regierung hinter Gitter zu bringen
und „ihre eigenen Leute“ zu decken. „Das sieht eher nach einem Versuch au…
die Gesellschaft zu täuschen, als nach einer Lösung des Problems“, erklärte
das von den USA und der EU finanzierte Anti-Corruption Action Center.
Auch [4][bei der Antikorruptionsorganisation Transparency International
Ukraine] „bestehen Zweifel an der Fähigkeit des SBU, sich dem Einfluss der
Präsidentenlinie zu entziehen“. Der unpolitische Charakter ihrer
Untersuchungen könne so fraglich sein, heißt es in einer Erklärung. Ganz
unbegründet ist dieser Verdacht tatsächlich nicht: Der Geheimdienst in der
Ukraine wird gemäß Verfassung vom Präsidenten kontrolliert.
29 Aug 2023
## LINKS
[1] https://www.pravda.com.ua/rus/news/2023/08/27/7417315/
[2] https://www.rferl.org/a/ukraine-odesa-official-corruption/32516701.html
[3] /Parlament-der-Ukraine/!5952476
[4] https://ti-ukraine.org/en/news/6-reasons-not-to-equate-corruption-with-high…
## AUTOREN
Juri Konkewitsch
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Gesetzentwurf
Bestechung
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Schwere Angriffe auf Kyjiw
Raketen oder Drohnen sollen auf mehrere Gebäude in der Hauptstadt gestürzt
sein. Dutzende Drohnen haben den russischen Flughafen Pskow attackiert.
Kommandeur einer Sabotage-Gruppe: Neonazi-Russe in finnischer Haft
Ein russischer Neonazi ist in einem finnischen Gefängnis inhaftiert. Der
Fall ist für Putin wegen seines Entnazifizierungs-Narrativs brisant.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraine meldet Fortschritte
Russlands Präsident Putin wird nicht an der Bestattung von Söldner-Chef
Jewgeni Prigoschin teilnehmen. Die Ukraine rückt weiter in Saporischschja
vor.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Selenski deutet Lösung für Krim an
Der ukrainische Präsident hofft bei Erfolg der Offensive auf eine
Demilitarisierung der Krim. Ukrainische Truppen rücken im Süden weiter vor.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: DNA bestätigt Tod Prigoschins
Laut russischen Ermittlern war Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin an Bord des
abgestürzten Flugzeugs. Die Ukraine bereitet neue Einberufungen vor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.