| # taz.de -- Kriegswerbung in russischen Städten: Soldaten, die von Plakaten st… | |
| > St. Petersburg soll mehr Kämpfer für den Krieg mobilisieren. Überall | |
| > hängen Werbeplakate. Doof nur, wenn sie amerikanische Hubschrauber | |
| > abbilden. | |
| Bild: „Schließ dich deinen Leuten an“ – Plakat in St. Petersburg | |
| St. Petersburg taz | Es ist unmöglich, sie nicht zu bemerken. Junge | |
| Soldaten in Uniform, mit oder ohne Waffe, mit stolz erhobenem Kopf und | |
| Gesichtern, die halb von Sturmhauben verdeckt sind. Sie sind praktisch | |
| überall. Sie schauen dich von Plakatwänden in der Metro an, auf dem Weg zum | |
| Einkaufen und an der Bushaltestelle. Meistens rufen diese großen Poster | |
| dazu auf, Vertragssoldat zu werden. Sie versuchen dich zu überzeugen, dass | |
| dies die natürlichste Arbeit eines Mannes sei. St. Petersburg soll | |
| anderthalbmal so viele Menschen an die Front schicken wie bisher, heißt es | |
| offiziell. Die Stadtverwaltung bemüht sich nach Kräften, dieses Ziel zu | |
| erreichen. | |
| Egal also, wohin jetzt der Blick fällt – auf Hausfassaden, Plakatwände oder | |
| Sticker –, überall sieht man Soldaten vor dem Hintergrund einer russischen | |
| Flagge. Und eine Zahl ist mit großer Schrift hervorgehoben: 695.000. Das | |
| ist die Summe [1][in Rubeln], die diejenigen einmalig bekommen, die sich | |
| vertraglich zum Dienst an der Waffe verpflichten. [2][Für dieses Geld kann | |
| man in Russland einen ausländischen Gebrauchtwagen kaufen.] | |
| Neben den direkten Aufrufen, sich bei der Armee zu verpflichten, gibt es | |
| auch Plakate, die versuchen, den patriotischen Geist der Bürger | |
| aufrechtzuerhalten: mit schlechten Gedichten, religiösen Argumenten (Gott | |
| ist selbstverständlich mit uns) und ungewöhnlichen Kombinationen von Ikonen | |
| und Militärtechnik. | |
| Unlängst erst wurde mal wieder eine Gruppe von Soldaten vom Bahnsteig eines | |
| der alten St. Petersburger Bahnhöfe in den Krieg verabschiedet. Alles war | |
| sehr feierlich. Der Gouverneur war gekommen, und das Bahnhofsgebäude war | |
| mit einem riesigen Banner, darauf eine Silhouette von Militärfahrzeugen und | |
| der Aufschrift „Im Namen des Weltfriedens“, geschmückt. Der Gouverneur | |
| hielt eine Rede und ermahnte die jungen Männer: „Die viel gepriesenen | |
| Nato-Waffen sind machtlos gegen den Mut und die Tapferkeit des russischen | |
| Soldaten.“ | |
| ## Hubschrauber vom Feind | |
| Im Nachgang kam es zum Skandal: Die Menschen, die Fotos von diesem Event in | |
| den Medien gesehen hatten, bemerkten, dass auf dem Banner statt russischer | |
| Hubschrauber amerikanische vom Typ AH-64-Apachen abgebildet waren. Das | |
| Plakat wurde dann sehr schnell abgenommen. | |
| Immer wieder lässt man sich Werbeveranstaltungen einfallen: Einige heiße | |
| Augusttage lang lag ein Landungsboot an einem der Kais von St. Petersburg | |
| vor Anker. An Bord gab es eine Wanderausstellung von Kriegstrophäen, die | |
| russische Soldaten erbeutet hatten. Als Titel wählten sie ein berühmtes | |
| Filmzitat aus den 90er Jahren. Die Hauptfigur war [3][aus dem Krieg in | |
| Tschetschenien] zurückgekommen: „Die Stärke liegt in der Wahrheit“. Mit | |
| ernstem Blick lasen die Besucher die Infotafeln, Kinder kletterten auf | |
| Militärfahrzeugen herum. Nach einigen Tagen fuhr das Schiff mit der | |
| Ausstellung in die nächste Stadt weiter. | |
| Aus dem Russischen von [4][Gaby Coldewey] | |
| Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung]. | |
| Ein Sammelband mit den Tagebüchern ist im Verlag [6][edition.fotoTAPETA] | |
| erschienen. | |
| 1 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Olga Lizunkova | |
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