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# taz.de -- Energiekrise trifft Stadtwerke: Bitterer Crash am Biogas-Markt
> Die Folgen des Ukraine-Kriegs stürzten die EnBW-Tochter BMP Greengas in
> die Insolvenz. Das bringt nicht nur der Konzernmutter hohe Verluste ein.
Freiburg taz | Für viele Stadtwerke in Deutschland bedeutet die Insolvenz
des Münchener Biomethan-Vermarkters BMP Greengas hohe Kosten. Der Verband
kommunaler Unternehmen (VKU) spricht von einem „möglichen Schaden“ für
betroffene Stadtwerke in Höhe von „mindestens 150 Millionen Euro“.
Eigentlich ist Biomethan ein aus Umweltgründen beliebter Energieträger. Das
auf Erdgasqualität aufbereitete Biogas wird aus organischen Abfällen oder
nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und ist somit nahezu
[1][klimaneutral]. Es wird von Kunden gerne bezogen, weil sie damit ohne
technischen Umbau an ihren Anlagen Prozesse als klimafreundlich deklarieren
können.
Die BMP-Insolvenz bringt den Markt jedoch in erhebliche Turbulenzen, weil
das Unternehmen mit einem jährlichen Handelsvolumen von mehr als vier
Milliarden Kilowattstunden laut Selbstauskunft „Europas führender
Vermarkter für Biomethan“ ist. Als Tochter der Erdgas-Südwest gehört die
Firma zum EnBW-Konzern. Nach eigenen Angaben geriet sie aufgrund von
Marktverschiebungen im Zuge des Ukrainekriegs in Schieflage. Die
„dramatisch veränderte Beschaffungssituation“, so erklärt die Firma, habe
es ihr „unmöglich gemacht“, die vereinbarten Mengen Biomethan zu liefern.
An einer grundsätzlichen Verknappung von Biomethan lag es allerdings nicht:
Die jährliche Erzeugung der 243 Anlagen in Deutschland lag in letzter Zeit
konstant knapp über zehn Milliarden Kilowattstunden. Biomethan hat damit
einen Anteil von rund einem Prozent am [2][deutschen Gasmarkt]. Weil die
Preise von Biomethan aber naturgemäß stark am Erdgas hängen, stiegen sie
zuletzt deutlich: Die Deutsche Energieagentur beziffert in ihrem jüngsten
„Marktmonitoring Bioenergie“ den Preis für Biomethan auf bis zu 17 Cent je
Kilowattstunde im Jahr 2022, nach maximal 8,65 Cent im Jahr 2021.
## Riskante Strategie ist Grund für Schieflage
Nach Einschätzungen aus der Branche soll eine riskante Einkaufsstrategie
die Firma in Schieflage gebracht haben. Langfristigen Lieferverträgen mit
Stadtwerken sollen kurzfristigere Einkäufe bei den Erzeugern
entgegengestanden haben. Das Unternehmen soll dann, als die Lage kritischer
wurde, über viele Monate lang versucht haben, mit den Kunden
einvernehmliche Lösungen im Sinne von Mengenreduktionen und Preiserhöhungen
zu finden – offenbar mit wenig Erfolg.
Weil BMP sich schließlich nicht mehr in der Lage sah, seine Verpflichtungen
gegenüber seinen Kunden voll zu erfüllen, war die Insolvenz unvermeidlich.
Angewandt wird nun eine besondere Verfahrensart im Insolvenzrecht, mit der
ein Unternehmen dauerhaft saniert werden soll: das Schutzschirmverfahren.
Für jene Stadtwerke, die Biomethan bei BMP eingekauft haben, ist die
Insolvenz bitter, denn ihnen stehen nun Neuverträge mit anderen Händlern
und wahrscheinlich mit Mengenkürzungen zu oft deutlich höheren Preisen
bevor. Laut einer Umfrage des VKU unter seinen Mitgliedern sollen die
betroffenen Unternehmen 40 Prozent weniger als die ursprünglich vertraglich
vereinbarte Liefermenge erhalten.
Zugleich sollen sie einen im Durchschnitt um 35 Prozent erhöhten Preis
bezahlen. Betroffene Stadtwerke seien „sehr verärgert“, denn sie müssten
„ein Desaster ausbaden, das sie nicht zu verantworten haben“ sagt
VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing. Hinzu komme, dass die kommunalen
Unternehmen ihre ursprünglichen Lieferverträge „im Vertrauen auf die
Bonität der mittelbaren EnBW-Tochter“ abgeschlossen hätten.
Der [3][Mutterkonzern EnBW] berichtet indes von Wertberichtigungen auf
ausstehende Forderungen der Biomethan-Firma in Höhe von rund 251 Millionen
Euro. Im Zuge der Insolvenz wird die Firma BMP „entkonsolidiert“, also aus
der Konzernbilanz ausgebucht.
17 Aug 2023
## LINKS
[1] /Klimaneutralitaet-bis-2045/!5953525
[2] /Energiekonzern-RWE-fordert-Subventionen/!5954342
[3] /Versorger-beendet-Kohleverstromung/!5921857
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Energiekrise
Biogas
Energiewende
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Klara Geywitz
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