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# taz.de -- Serie „Bad Behaviour“: Mehr als schlechtes Benehmen
> Psychische und physische Gewalt unter Schüler*innen nennt man
> Bullying. Die Serie „Bad Behaviour“ zeigt das oft unterschätzte Thema
> angemessen.
Bild: Fiese Schülerinnen in „Bad Behaviour“
Bullying wird das brutale, sowohl körperliche als auch mentale
Drangsalieren und Quälen unter Schüler*innen genannt. Weil die deutsche
Sprache kein so griffiges Wort parat hat wie die englische, fallen einem
meist erst einmal solche ein, in denen Jungs im Zentrum stehen, zumal auf
Täterseite. Seltene Ausnahmen wie [1][„Girls Club“] bestätigen die Regel.
Doch wo die von Tina Fey geschriebene High-School-Komödie sich dem Thema
damals humoristisch näherte, gibt es nun in der Serie „Bad Behaviour“ rein
gar nichts zu lachen.
Im Mittelpunkt des australischen Vierteilers, der im Februar auf der
Berlinale Premiere feierte und jetzt bei Sky und WOW zu sehen ist, steht
die 25-jährige Joanna (Jana McKinnon). Bei der Arbeit trifft die
aufstrebende Schriftstellerin, die nebenbei mal als Kellnerin, mal als
Putzkraft im Konzerthaus jobbt, auf ihre frühere Mitschülerin Alice (Yerin
Ha), die inzwischen erfolgreiche Cellistin ist.
Gemeinsam besuchten die beiden für das letzte Schuljahr mit einem
Stipendium ein Eliteinternat für Mädchen, das sich dadurch auszeichnet,
dass es isoliert in der Wildnis liegt, wo die Schülerinnen sich zu weiten
Teilen selbst überlassen sind und so Charakterstärke entwickeln sollen.
Schnell kommen die Erinnerungen an damals in Joanna wieder hoch, und die
drehen sich nicht zuletzt um Portia (eindrucksvoll: Markella Kavenagh), die
im Schlafsaal den Ton angab, selbstbewusst das Geschehen dominierte und von
allen umschwärmt wurde. Nicht zuletzt von Joanna, die bereits in der Jugend
begann, der eigenen Queerness gewahr zu werden, und von Portia immer wieder
bloßgestellt und fertig gemacht wurde.
## Ein unterschätztes Thema
Doch in ihrem unbedingten Wunsch, von der Mitschülerin gemocht zu werden,
ließ sie sich eben auch so sehr manipulieren, dass sie selbst zum Bully für
andere wurde. „Du warst die Schlimmste von allen“, sagt zehn Jahre später
jedenfalls Alice – und als dann tatsächlich auch Portia wieder in Joannas
Leben tritt, zeigt sich schnell, dass sich gewisse toxische Strukturen und
Verhaltensmuster tiefer eingebrannt zu haben scheinen, als mancher der
jungen Frauen bewusst war.
Basierend auf den in Deutschland nie veröffentlichten Erinnerungen der
queeren australischen Autorin Rebecca Starford widmet sich „Bad Behaviour“
einem weithin unterschätzten Thema mit angemessenem Ernst. Welche
traumatischen Spuren Bullying gerade bei noch in der Entwicklung und
Persönlichkeitsfindung befindlichen Menschen hinterlassen kann, fängt die
Serie mit bedrückender Stimmung ein.
Und auch wenn die Tragik nicht bis zum Äußersten getrieben wird und alle
Schülerinnen ihre Internatszeit lebend überstehen, macht doch gleich die
erste Szene, in der sich ein Mädchen selbst in Brand setzt, weil sie die
Quälereien der anderen nicht mehr aushält, unmissverständlich klar, wie
bedrohlich solche Schikane eskalieren kann.
Dass die Autorinnen Pip Karmel und Magda Wozniak sowie Regisseurin Corrie
Chen kein Interesse daran haben, die Thematik reißerisch auszuschlachten,
ist ebenso erfreulich wie die Tatsache, dass sie der Versuchung
widerstehen, die Geschichte in Richtung Horror oder anderer Genres zu
drängen. Der Schwierigkeit, die sich größtenteils im Inneren der
Protagonisten entwickelnde Spannung der literarischen Vorlage filmisch
umzusetzen, werden sie allerdings trotzdem nie komplett Herr.
Joanna, verkörpert von der australisch-österreichischen Schauspielerin Jana
McKinnon („Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) in ihrer bisher größten
englischsprachigen Rolle, ist eine fürs Publikum schwer greifbare Heldin.
Nicht nur weil sie Täterin und Opfer gleichermaßen ist, sondern vor allem
weil sie selbst eine derart große Distanz zu den eigenen Emotionen
aufgebaut hat, dass man auch als Zuschauer*in häufig keinen Zugang dazu
findet.
Das ist bis zu einem gewissen Grad faszinierend, droht aber angesichts des
dadurch oft schwer nachvollziehbaren Verhaltens (sowie bemerkenswert wenig
Handlungsentwicklung auf beiden Zeitebenen) immer wieder in Frustration
umzukippen. Die psychologisch beklemmende Atmosphäre, mit der in [2][„Bad
Behaviour“] das Thema Bullying umgesetzt wird, ist dennoch ungemein
sehenswert.
11 Aug 2023
## LINKS
[1] /Modetrend-Barbiecore/!5945041
[2] https://www.sky.de/serien/bad-behaviour
## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Fernsehserie
Mobbing
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Peru
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