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# taz.de -- Nachwahlen in England: Johnsons Wahlkreis bleibt Tory
> Im Wahlkreis des früheren Premierministers Boris Johnson gewinnen die
> Konservativen. Labour und Liberale holen andere Wahlkreise.
Bild: Premier Rishi Sunak mit Steve Tuckwell, dem Johnson-Nachfolger im Parlame…
London taz | Im Nordlondoner Wahlkreis Uxbridge und South Ruislip wurde in
Rekordzeit ausgezählt, am frühen Morgen stand das Ergebnis bereits fest:
Der konservative Kandidat Steve Tuckwell hat die Nachwahl der Lokalwahlen
gewonnen – trotz des spektakulären Rücktritts des vorherigen konservativen
Abgeordneten und Ex-Premierministers Boris Johnson.
Der Labour-Kandidat Danny Beales kam zwar einem Sieg unwahrscheinlich nahe
– so nahe wie in diesem Wahlkreis seit über 50 Jahren nicht – doch am Ende
fehlten ihm genau 406 Stimmen zum Erfolg. Der ehemalige Postbote Tuckwell
gewann mit insgesamt 13.965 Stimmen.
In Tuckwells Siegesrede spielte Beales keine Rolle – dafür aber [1][Londons
Labour-Bürgermeister Sadiq Khan]. Der möchte im August eine
Niedrigemmissionszone in den Außenbezirken einführen – ein für die Gegend
schädliches und kostenaufwendiges Projekt, sagt Tuckwell. Die Wahlgemeinde
hätte sich – unter anderem – deshalb für ihn ausgesprochen, meint er.
Die Einführung der Niedrigemmissionszone scheint tatsächlich ein Thema
gewesen zu sein, das in den an den öffentlichen Nahverkehr weniger gut
angebundenen Außenbezirken Londons der Labour-Partei die Wahlen kostete.
Wessen Fahrzeug das strikte Emmissionslimit nicht einhält, muss ab August
täglich 12.50 Pfund zahlen, um damit fahren zu dürfen.
## Wie kann Labour Transformation gerechter gestalten?
Tuckwells Sieg hat weitere Gründe: Oft schließen die Parteien links vom
Zentrum in den Wahlkreisen, in denen ihre Erfolgsaussichten eher schlecht
sind, Abkommen miteinander: Nur die aussichtsreichste Partei tritt an, um
so die konservativen Torys zu schlagen. Die 526 Wähler:innen der Grünen
Sarah Green oder die Stimmen, die der liberaldemokratische Blaise Baquiche
bekam, hätten Beales zum Sieg verholfen.
Viele in Uxbrdige und South Ruislip scheinen außerdem gar nicht gewählt zu
haben. Die Wahlbeteiligung im Wahlkreis liegt normalerweise bei mindestens
63 Prozent, 2019 waren es sogar über 68. Diesmal gingen nur knapp 46
Prozent aller Berechtigten zur Wahl.
Tatsächlich muss sich Labour fragen: Wie kann die [2][Einführung der
Niedrigemissionszonen] und der Umschwung zu weniger schädlichen Fahrzeugen
sozial gerechter werden? Denn wenn sie so weiter machen, könnte Labour –
wenn im Mai 2024 wieder Wahlen in London anstehen – auch die Wahl zum
Bürgermeister oder dem Stadtrat (Greater London Assembly) verlieren.
## In Nord Yorkshire gewinnt Labour
Auch Labour legte aber einen überraschenden Sieg hin: In Selby und Ainsty
in Nord Yorkshire gewann der 25-jährige Keir Mather. Es war das erste Mal
seit 2005, dass Labour dort gewinnen konnte. Mather gewann robust mit knapp
16.500 gegen fast 12.300 Stimmen gegen die Konservativen. Der konservative
und Boris Johnson nahestehende Nigel Adams gewann hier 2019 hier noch mit
etwa 60 Prozent aller Stimmen.
Adams war aufgrund von Boris Johnsons Rücktritt ebenfalls zurückgetreten,
was in Selby und Ainsty Nachwahlen auslöste. Mather erklärte in seiner
Siegesrede, dass sich vieles in der Gegend durch die 13 Jahre anhaltende
konservative Regierung verschlechtert habe, und versprach Verbesserungen.
Bei seinem Amtsantritt wird er der jüngste Abgeordnete im Unterhaus werden.
Vielversprechend war auch der Sieg der liberaldemokratischen Sarah Dyke im
westenglischen Somerton und Frome. Dyke, die dort aus einer bekannten und
seit Generationen Landwirtschaft betreibenden Familie stammt, erhielt fast
55 Prozent aller Stimmen, die konservative Kandidatin nur knapp 26.
Nachwahlen gab es hier, weil der konservative [3][David Warburton] aufgrund
sexuellen Missbrauchs und wegen nicht deklarierten Geldes aufgefallen war
und zurücktrat.
Für die Liberaldemokrat:innen bedeutet der Sieg die Rückeroberung
eines Sitzes, den sie zwischen 1997 und 2015 inne hatten. Sarah Dyke
verwies nach ihrem Sieg darauf, dass Somerton und Frome nun sowohl
kommunalpolitisch als auch im Unterhaus liberaldemokratisch vertreten sei.
Die Liberaldemokrat:innen seien nun wieder eine Kraft im Westen
Englands. Nach einer Koalition mit den Konservativen hatte die Partei ab
2005 stark eingebüßt. Danach hatte ihre klare Stellung gegen den Brexit
ihnen in vielen Regionen geschadet.
## Der allgemeine Wahltrend sollte Labour Zuversicht geben
Das scheint nun Geschichte: Gerade im wohlhabenderen Süden und in
westenglischen Wahlkreisen erwarten die Liberaldemokrat:innen weiter
zu punkten. Somerton und Frome folgt auf Erfolge in den Wahlkreisen
Tiverton und Honiton 2022, in North Shropshire und in Chesham und Amersham
in 2021.
Der allgemeine Trend spricht aber für Labour: Die Partei konnte bei den
Kommunalwahlen im Mai ordentlich punkten, die Torys verloren ihre Mehrheit
in über 40 Bezirken und Städten, Labour gewann 22 Kommunalregierungen und
wurde so die stärkste kommunale Kraft in England. Auch ein robustes Plus
von über 20 Prozent in Meinungsumfragen stimmt Labour wohl zuversichtlich.
21 Jul 2023
## LINKS
[1] /Buergermeisterwahl-in-London/!5302250
[2] /Kommunalwahlen-in-Grossbritannien/!5847820
[3] https://www.theguardian.com/uk-news/2023/jun/17/david-warburton-conservativ…
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Labour
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