| # taz.de -- Selbstmordanschlag auf Parteiversammlung: Pakistan kommt nicht zur … | |
| > Hinter dem jüngsten Terroranschlag könnte der lokale Ableger des | |
| > „Islamischen Staates“ stecken. Doch auch pakistanische Taliban kommen in | |
| > Betracht. | |
| Bild: Beisetzung von Opfern des Anschlags am Sonntag im nodwestpakistanischen D… | |
| Islamabad taz | 54 Tote und rund 200 Verletzte. Das ist die bisherige | |
| Polizeibilanz des verheerenden mutmaßlichen Selbstmordanschlags auf eine | |
| Versammlung der kleinen islamistischen Partei JUI-F im Nordwesten Pakistans | |
| von Sonntagnachmittag. Der Anschlag ereignete sich auf dem Dubai-Markt in | |
| der 45 Kilometer von der afghanischen Grenze entfernten | |
| 130.000-Einwohnerstadt Khar. die liegt im Distrikt Bajaur im früheren | |
| sogenannten Stammesgürtel in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. | |
| Nach jüngsten Angaben der lokalen Polizei geht sie inzwischen am ehesten | |
| von einem Anschlag des lokalen Ablegers des Terrornetzwerkes „Islamischer | |
| Staat“ (IS) aus. Der operiert in Afghanistan und Pakistan. | |
| Demnach habe sich ein Selbstmordattentäter nahe der Bühne in einer Menge | |
| von etwa 400 Personen in die Luft gesprengt, als JUI-F-Politiker gerade zum | |
| Podium gingen. Der oberste Parteichef Fazal al-Rehman war entgegen | |
| ursprünglicher Planungen allerdings nicht gekommen. JUI-F wurde bereis zum | |
| wiederholten Mal Ziel eines mutmaßlichen IS-Anschlags. | |
| Mit Hilfe von DNA-Proben versucht die Polizei jetzt, den Attentäter zu | |
| identifizieren. Drei Verdächtige wurden bereits festgenommen. Sie würden | |
| jetzt vom Geheimdienst und der Polizei verhört. | |
| ## 80 Tote bei Anschlag pakistanischer Taliban im Januar | |
| Nach islamischen Brauch wurden am Montag bereits die ersten Opfer, die alle | |
| männlich sind, unter großer Anteilnahme der lokalen Bevölkerung beerdigt. | |
| Bisher konnten bis auf acht Leichen alle Toten identifiziert werden. | |
| Mit diesem schweren Anschlag ist Pakistan wieder einmal zum Ziel des | |
| Terrors geworden. Als mögliche Täter kommen neben dem IS aber auch die | |
| pakistanischen Taliban (Tehreek-e-Taliban Pakistan – TTP) in Betracht. Sie | |
| hatten im Januar in der Großstadt Peschawar bei einem [1][Anschlag auf eine | |
| Moschee auf einem Polizeigelände] 80 Personen getötet. | |
| Die Machtübernahme der afghanischen Taliban in Kabul im August 2021 hatte | |
| die TTP, die von ihren afghanischen Namensvettern im Nachbarland | |
| organisatorisch getrennt, aber mit ihnen ideologisch verwandt sind, zu | |
| vermehrten Terroranschlägen ermuntert. Verhandlungen mit der Regierung in | |
| Islamabad blieben trotz eines [2][zeitweiligen Waffenstillstands] | |
| ergebnislos. | |
| Auch jetzt war der Verdacht sofort zunächst auf die TTP gefallen. Aber die | |
| Organisation wies dies umgehend zurück. In einer langen Erklärung | |
| verurteilte die TPP den Anschlag und sprach den Angehörigen der Opfer ihr | |
| Beileid aus. Anschläge auf religiöse Würdenträger seien nicht die Politik | |
| der TTP, behauptete die Terrorgruppe in einer Erklärung. | |
| „Der Anschlag jetzt hat eher einen sektiererischen als einen | |
| terroristischen Charakter“, meint der Lokaljournalist Salahuddin Salazai | |
| aus Bajaur im Gespräch mit der taz. „Der lokale Zweig des IS und die | |
| afghanischen Taliban gehören quasi unterschiedlichen islamistischen Sekten | |
| an. Seit sich die USA aus Afghanistan zurückgezogen und die Taliban dort | |
| die Macht übernommen haben, [3][gehen sie in Afghanistan gezielt gegen den | |
| IS vor, der sich mit Terroranschlägen wehrt]“, so Salazai. | |
| Die islamistische pakistanische Partei JUI-F (Versammlung der Islamischen | |
| Kleriker-Fraktion Fazal al-Rehman) habe den Dschihad der Taliban in | |
| Afghanistan unterstützt und werde deshalb zur Zielscheibe des IS, der jetzt | |
| Verbündete der afghanischen Taliban angreife. Eines der Opfer sei jetzt der | |
| lokale JUI-F-Führer Molana Ziaullah Jan gewesen, aber auch andere | |
| Parteifunktionäre wurden bei dem Anschlag getötet. | |
| Die islamistische Splitterpartei JUI-F kämpft in Pakistan nicht mit | |
| Waffengewalt, sondern orientiert sich an der Verfassung und agiert dabei | |
| opportunistisch. Sie kontrolliert ein Netzwerk von Koranschulen, kam bei | |
| Wahlen aber nie auf mehr als ein Dutzend Sitze im Parlament. Doch spielte | |
| sie damit oft das Zünglein an der Waage und diente schon | |
| unterschiedlichsten Regierungen als Mehrheitsbeschafferin. So hatte sie | |
| meist größeren Einfluss, als ihre Wählerstimmen erwarten ließen. | |
| Die stark paschtunisch geprägte Awami National Partei (ANP), die einst in | |
| Pakistans Nordwesten die Regierung stellte und schon mehrfach [4][Ziel | |
| islamistischer Anschläge] wurde, sieht sich jetzt ihre Terrorwarnungen der | |
| letzten Jahre bestätigt: „Seit dem Doha-Abkommen von 2020 (zwischen den USA | |
| und den afghanischen Taliban, das letzteren den Weg an die Macht ebnete; | |
| Anm. d. Red.) fordert meine Partei eine strikte Antiterrorpolitik“, sagte | |
| ANP-Sprecherin Samar Bilour zur taz. Nutznießer des Terrors seien jetzt nur | |
| diejenigen, welche die Ressourcen der Region ausbeuteten. | |
| Viele beunruhigt jetzt auch das Timing des Anschlags. Denn für November | |
| sind Parlamentswahlen geplant. Die Atommacht Pakistan ist durch einen | |
| politischen Machtkampf ohnehin sehr instabil. Der Vorwahlkampf hat schon | |
| begonnen. Bereits bei früheren Wahlkämpfen ist es zu vermehrten Anschlägen | |
| und Attentaten gekommen. | |
| Am Tag des Anschlags war jetzt zudem der chinesische Vizepremierminister He | |
| Lifeng zu Gast in Islamabad. Die Volksrepublik ist Pakistans wichtigster | |
| Verbündeter, Geldgeber und Wirtschaftspartner. Anlass des Besuches ist das | |
| zehnjährige Jubiläum des [5][Chinesisch-Pakistanischen Wirtschaftskorridors | |
| (CPEC)]. Er ist Teil von Chinas neuer Seidenstraße und wird in Pakistan mit | |
| übergroßen Wirtschaftshoffnungen verbunden. | |
| Peking sorgt sich hingegen wegen Pakistans Instabilität. Schon mehrfach | |
| wurden chinesische Fachkräfte Ziel von Anschlägen mutmaßlicher Separatisten | |
| im südwestpakistanischen Belutschistan. | |
| In Khar waren bereits im Dezember 2010 bei einem Selbstmordanschlag auf | |
| eine Verteilstation des Welternährungsprogramms 40 Personen getötet worden. | |
| Es war der erste von einer Frau durchgeführte Selbstmordanschlag in | |
| Pakistan. | |
| Aus dem Englischen Sven Hansen | |
| 31 Jul 2023 | |
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| Zahra Kazmi | |
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