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# taz.de -- „Wahre Preise“ für Lebensmittel: Discounter wagt Experiment
> Eine Woche sind neun Produkte bei Penny so teuer, wie sie immer sein
> müssten – rechnet man die Folgen der Produktion für Umwelt und Gesundheit
> ein.
Bild: Gerade bei Fleischprodukten sind die wahren Kosten deutlich höher als di…
Köln dpa | Wiener Würstchen kosten plötzlich 6,01 Euro statt 3,19 Euro. Und
der Preis für Mozzarella erhöht sich von 89 Cent auf 1,55 Euro. Ab diesem
Montag verlangt der Discounter Penny eine Woche [1][„wahre Preise“, also
das, was fällig wäre, wenn man die bei der Produktion entstehenden Umwelt-
und Gesundheitsschäden einrechnet]. Allerdings gilt das Ganze nur als
Experiment und nur für 9 von mehr als 3.000 Penny-Produkten.
Es ist ein gewagter Schritt in Zeiten, in denen viele Haushalte ohnehin
unter der [2][Explosion der Lebensmittelkosten] leiden. Denn die Produkte
vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent
teurer.
„Wir müssen uns der unbequemen Botschaft stellen, dass die Preise unserer
Lebensmittel, die entlang der Lieferkette anfallen, die Umweltfolgekosten
nicht widerspiegeln“, sagt Penny-Manager Stefan Görgens. Mit der
einwöchigen Aktion in allen 2.150 Filialen wolle das Unternehmen
Problembewusstsein bei den Kund:innen schaffen. Die Mehreinnahmen will
die zur Rewe-Gruppe gehörende Kette für ein Projekt zum Klimaschutz und zum
Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden.
Berechnet wurden die „wahren Preise“ von Wissenschaftler:innen der
Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald. „Wir lügen
uns in die Tasche, wenn wir so tun, als hätte die heutige
Lebensmittelproduktion keine versteckten Umweltfolgekosten“, sagt Amelie
Michalke, die an der Universität Greifswald die ökologischen und sozialen
Effekte der landwirtschaftlichen Produktion untersucht. Diese Kosten fielen
der Allgemeinheit und künftigen Generationen zur Last.
## Kooperation mit Hochschule
Am Beispiel der 300-Gramm-Packung Maasdamer Käse rechnet sie das vor: Zum
„normalen“ Preis, dem bisherigen Verkaufspreis, kommen 2,35 Euro versteckte
Kosten hinzu. Dazu gehören 85 Cent für klimaschädliche Emissionen der
Landwirtschaft wie Methan oder CO2, 76 Cent für die Bodenbelastungen durch
die intensive Landwirtschaft zur Futterproduktion, 63 Cent für die
Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf die Gesundheit der Landwirte – und
noch einmal etwas mehr als 10 Cent für die Belastung des Grundwassers etwa
durch Düngemittel.
Doch ist der Preisaufschlag nicht überall gleich. Deutlich geringer als bei
Wiener Würstchen oder Joghurt fällt die Steigerung mit nur 5 Prozent bei
einem veganen Schnitzel aus. Generell sei der notwendige Aufschlag bei rein
pflanzlichen Produkten am niedrigsten, berichtet der Umweltökonom Tobias
Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg, der das Projekt begleitet.
Deutlich höher sei er bei Milchprodukten und am höchsten bei Fleisch.
Fragt sich nur, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher [3][angesichts der
allgemeinen Preissteigerungen] Verständnis für das Experiment haben. „Das
ist ein mutiger Schritt – gerade in Inflationszeiten“, meint der
Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in
Düsseldorf. Er prognostiziert: „Penny wird aller Voraussicht nach nicht
viel von diesen Produkten verkaufen.“ Aber darum gehe es dem Unternehmen
auch gar nicht, sondern darum, Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen
und gleichzeitig die eigene Marke aufzuwerten.
30 Jul 2023
## LINKS
[1] /Umweltkosten-von-Lebensmitteln/!5706548
[2] /Gefuehlte-Inflation-hoeher-als-reale/!5941427
[3] /Deutsches-Bruttoinlandsprodukt-stagniert/!5951612
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