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# taz.de -- Politischer Mord in DR Kongo: Terror Monate vor der Wahl
> In der Demokratischen Republik Kongo wurde der Sprecher des wichtigsten
> Oppositionsführers erschossen. Die Opposition macht die Regierung
> verantwortlich.
Bild: Vor der Wahl im Dezember: Proteste der Opposition in Kinshasa im Mai 2023
Berlin taz Ein politischer Mord mitten in Kinshasa heizt das politische
Klima in der Demokratischen Republik Kongo wenige Monate vor den Wahlen
gefährlich auf. Am Donnerstag früh wurde auf einer belebten Ausfallstraße
im Zentrum der Hauptstadt ein Jeep mit einer blutüberströmten Leiche auf
dem Fahrersitz gefunden: der Tote ist der Parlamentsabgeordnete und
Exminister Cherubin Okende, Sprecher des Oppositionsführers Moise Katumbi,
der als aussichtsreichster Gegner von Präsident Felix Tshisekedi bei den
[1][Präsidentschaftswahlen im Dezember] gilt.
Okende war am Mittwoch von seinen Angehörigen als vermisst gemeldet worden.
Er war auf dem Gelände des Verfassungsgerichts in Kinshasa verschwunden, wo
er ein Schriftstück abgeben wollte – sein Leibwächter wartete bis zum Abend
vergebens auf dem Parkplatz, und Okendes Telefon war abgestellt.
Oppositionelle äußerten dann die Befürchtung, Okende könnte vom
Geheimdienst verschleppt worden sein. Die Art, wie er offenbar getötet und
wie seine Leiche gefunden wurde, erinnert an das Schicksal des bekannten
Menschenrechtlers Floribert Chebeya, der im Jahr 2010 nach einem Termin mit
Kongos Polizeichef nicht mehr auftauchte und später tot in seinem Auto
gefunden wurde.
„Man will uns zum Schweigen bringen“, sagte [2][Moise Katumbi] dem
RFI-Rundfunk in Abidjan in der Elfenbeinküste, wo er sich gerade aufhielt,
und sprach von einem „politischen Mord“, der unabhängig aufgeklärt werden
müsse – Kongos Institutionen könne man das nicht überlassen. Noch am
Donnerstag wollte er seine Reise abbrechen und nach Kongo zurückkehren,
erklärte Katumbi.
## Katumbis Kandidatur gefährdet Tschesekedis Wiederwahl
Offensichtlich sei an nirgends im Land mehr sicher, wenn es möglich sei,
einen Politiker auf dem Gelände des Verfassungsgerichts zu entführen,
erklärte „Ensemble“ auf einer [3][Pressekonferenz] und erhob schwere
Vorwürfe gegen Präsident Tshisekedi: „Entweder er kontrolliert alles, dann
ist er der Auftraggeber, oder er kontrolliert nichts, dann ist er
gefährlich.“
Aber auch Kongos Regierung zeigte sich schockiert: Regierungssprecher
Patrick Muyaya sprach Okendes Familie das Beileid der Regierung aus.
Präsident Tshisekedi sei über den „tragischen“ Vorfall „konsterniert“,
[4][erklärte das Präsidialamt] in Kinshasa, und habe eine juristische
Aufklärung angeordnet.
Okende war bis Dezember 2022 Verkehrsminister in der Regierung von
Präsident Tshisekedi gewesen, einer von drei Ministern der Partei „Ensemble
pour la République“ (Gemeinsam für die Republik) von Moise Katumbi. Dann
verkündete Katumbi seine Absicht, bei den Wahlen 2023 zur Präsidentschaft
anzutreten, und zog seine Minister aus der Regierung zurück.
Da [5][Katumbi] als beliebtester Politiker des Landes gilt – bei den
letzten Wahlen 2018 durfte er wegen einer fadenscheinigen Verurteilung
nicht kandidieren – schmälert seine Kandidatur die Chance Tshisekedis auf
einen Wahlsieg erheblich. Die Anhänger der beiden Schwergewichte bekämpfen
sich zuweilen wortwörtlich bis aufs Blut.
## Eine lange Liste von Opfern
Manche Tshisekedi-treuen Politiker versuchen derweil, Katumbi auch von den
Wahlen 2023 auszuschließen, während das Katumbi-Lager dem Präsidenten
Unregelmäßigkeiten bei der Wahlvorbereitung vorwirft.
Erst vor wenigen Tagen hatte Okende vor der Presse in Kinshasa die „Zunahme
der politischen Gewalt“ in der DR Kongo gegeißelt und der Regierung eine
Gewaltkampagne gegen ihre Gegner vorgeworfen. Er listete eine Reihe von
Gewaltakten gegen seine Partei „Ensemble“ auf und sagte, die Regierung
wolle keine friedlichen Wahlen.
Besonders empört ist die Partei über den Umgang des Staates mit Katumbis
Chefberater Salomon Kalonda: er wurde am 30. Mai auf dem Flughafen von
Kinshasa vom Militärgeheimdienst festgenommen und zunächst an einen
unbekannten Ort verschleppt, bis heute sitzt er in Haft und soll vor einem
Militärgericht angeklagt werden, obwohl er Zivilist ist.
Am Donnerstagnachmittag versammelten sich an einigen Stellen in Kinshasa
Demonstranten und zündeten Straßensperren an. Der in Kinshasa populäre
Oppositionspolitiker Delly Sesanga sagte, der getötete Okende sei „der
neueste auf einer langen Liste von Märtyrern und Opfern der Unfähigkeit des
Regimes, unsere Sicherheit zu garantieren, in einem klaren Willen, Terror
im Land zu stiften“.
13 Jul 2023
## LINKS
[1] /Wahlvorbereitung-im-Kongo/!5921799
[2] https://twitter.com/pascal_mulegwa/status/1679473404280176640
[3] https://twitter.com/StanysBujakera/status/1679484298620174337
[4] https://twitter.com/Presidence_RDC/status/1679444174200864768
[5] /Kongos-beliebtester-Oppositioneller/!5596997
## AUTOREN
Dominic Johnson
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