| # taz.de -- Berliner Schnellverfahren gegen Letzte Generation: Populistisch geg… | |
| > Der Versuch, Klimaaktivisten im beschleunigten Verfahren zu verurteilen, | |
| > geht nach hinten los. Die CDU kennt in ihrer Bestrafungswut keine | |
| > Grenzen. | |
| Bild: Harter Griff der Justiz | |
| In einer optimalen CDU-Welt werden Klimaaktivist:innen der Letzten | |
| Generation quasi rechtlos im Schnellverfahren abgeurteilt, ihre Strukturen | |
| mit dem [1][Vorwurf der „kriminellen Vereinigung“] zerschlagen, und | |
| [2][ihre Angreifer, die sie in LKW über den Haufen fahren wollen, als Opfer | |
| verklärt]. Es ist eine Welt, in der bereitwillig der Rechtsstaat dem | |
| eigenen Populismus geopfert wird. Die Aktivist:innen – als Bedrohung | |
| für den deutschen Autofahrer – werden zum Feind stilisiert, gegen den alle | |
| Maßnahmen legitim sind. | |
| Es ist eine gute Nachricht, dass zumindest der erste konservative Wunsch | |
| diese Woche eine empfindliche Niederlage erlitten hat. Schon der erste | |
| Versuch, einen Aktivisten für eine Straßenblockade [3][im „beschleunigten | |
| Verfahren“ zu verurteilen], musste am Dienstag vom Amtsgericht | |
| Berlin-Tiergarten zurückgewiesen werden. Objektiv lagen die Bedingungen für | |
| ein solches Verfahren, das die Rechte des Beschuldigten massiv einschränkt, | |
| nicht vor. Und man muss davon ausgehen: Sie liegen nie vor. | |
| Nachdem der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Mai beschleunigte | |
| Verfahren für die „Klimakleber“ gefordert hatte – und man davon ausgehen | |
| muss, dass er dabei ganz auf einer Wellenlänge mit seiner Justizministerin | |
| Felor Badenberg lag – reagierte im Juni die Justiz. Die Staatsanwaltschaft | |
| kündigte an, Anträge auf „Schnellverfahren“ – eigentlich nur üblich bei | |
| einfachen Delikten wie Schwarzfahren und Diebstählen – zu stellen, [4][das | |
| Amtsgericht schuf extra Abteilungen, die diese bearbeiten sollten]. | |
| Dumm für die CDU und jene Teile der Justiz, die bereitwillig den | |
| konservativen Vorstellungen folgen wollten, dass im selben Zeitraum zwei | |
| höhere Gerichte der Stadt sehr differenzierte Urteile fällten: Es gibt | |
| keinen Grund, zwangsläufig vom Tatbestand der Nötigung auszugehen, nur weil | |
| ein Autofahrer aufgehalten wird. Und wenn doch, braucht es eine | |
| detaillierte Beweisaufnahme über die Länge und Dauer des durch die Blockade | |
| ausgelösten Rückstaus, mögliche Umleitungen oder die Dauer des | |
| Polizeieinsatzes. | |
| ## Jetzt dauert's länger | |
| Schon vor dem Prozess schienen die Bedingungen also nicht dafür gegeben, | |
| dass die Richterin dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf ein beschleunigtes | |
| Verfahren zustimmte. Drei Stunden und eine Zeugenbefragung ließ sie sich | |
| Zeit, um zu diesem Urteil zu kommen. Womöglich ist es dem Druck auf sie als | |
| extra für solche Verfahren eingesetzte Richterin geschuldet, dass sie das | |
| Verfahren nicht sofort abräumte. Nun muss der Fall in einem normalen | |
| Hauptverfahren mit umfassender Beweisaufnahme verhandelt werden. | |
| Statt zu einer Beschleunigung führte der populistische Wunsch nach | |
| Schnell-Verurteilung also zu einer Doppel-Belastung der Justiz. Wenn sich | |
| das, wie abzusehen, wiederholt, droht tatsächlich die Überlastung der | |
| Gerichte. Schuld ist daran dann nicht die Letzte Generation, sondern der | |
| Populismus der CDU. | |
| 15 Jul 2023 | |
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| [1] /Strafverteidiger-ueber-Letzte-Generation/!5936702 | |
| [2] https://twitter.com/MdL_LSA/status/1679368229293027328 | |
| [3] /Schnellverfahren-gegen-Letzte-Generation/!5943493 | |
| [4] /Berliner-Justiz-gegen-Letzte-Generation/!5937673 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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