# taz.de -- Weltweit größtes Phospatvorkommen: Norwegen fürchtet Monstergrube | |
> In Norwegen wurde das weltgrößte Phosphatvorkommen entdeckt. Initiativen | |
> warnen vor „einer der größten norwegischen Umweltkatastrophen“. | |
Bild: Hier schlummern riesige Phosphatvorkommen unter der Erde: Region Dalane i… | |
STOCKHOLM taz | Muss sich die Welt bald keine Sorgen wegen zu wenig | |
[1][Phosphat] für die Düngemittelproduktion mehr machen? Die | |
britisch-norwegische Grubengesellschaft Norge Mining hat unlängst in | |
Südwestnorwegen Phosphatfunde im Umfang von nicht weniger als | |
schätzungsweise 77 Milliarden Tonnen gemeldet. Bislang galten | |
[2][Phosphatvorkommen in der Westsahara] in einer Größenordnung von rund 50 | |
Milliarden Tonnen als die weltweit größten. Daneben gibt es auch in | |
Russland und China reiche Vorkommen. China ist der derzeit größte Produzent | |
– und die hauptsächliche Bezugsquelle für die EU. | |
Brüssel führt Phosphor auch auf ihrer Liste „kritischer Rohstoffe“, für … | |
Kriterien die wirtschaftliche Bedeutung für die Gemeinschaftsstaaten und | |
das potentielle Versorgungsrisiko sind. „Wenn man in Europa ein solches | |
Vorkommen findet, das größer ist als jede andere uns bekannte Quelle, dann | |
ist das natürlich bedeutungsvoll“, freut sich Michael Wurmser, Gründer und | |
Vizepräsident von Norge Mining: Der Fund würde dem Westen Autonomie | |
sichern. | |
Bewahrheiten sich die bisherigen Schätzungen, könne die Nachfrage der | |
Düngemittelwirtschaft und der Bedarf für die Produktion von Solarzellen, | |
E-Auto-Batterien und Chips für fast 50 Jahre gedeckt werden, errechnete das | |
Unternehmen. | |
Neben Phosphat seien in den fraglichen Bergformationen aber auch | |
abbauwürdige Vorkommen von Titan und [3][Vanadium] gefunden worden, teilte | |
Wurmser mit. Diese führt die EU ebenfalls auf ihrer Liste der „kritischen | |
Rohstoffe“. Die erforderlichen Investitionen für einen Grubenbetrieb habe | |
man bereits sichern können, unter anderem über zwei Flugzeughersteller, die | |
an der Titaniumproduktion interessiert seien. Wurmser hofft, spätestens | |
2028 eine Grube in Betrieb nehmen zu können. | |
## Widerstand bei Anwohnern und Umweltschützern | |
Die Regierung in Oslo steht solchen Plänen grundsätzlich positiv gegenüber. | |
Wirtschaftsminister Jan Christian Vestre betonte im Juni, wie wichtig | |
sowohl für Norwegen als auch für die EU „eine höhere Selbstversorgungsrate | |
mit kritischen Rohstoffen ist, um die Bausteine für einen grünen und | |
digitalen Wandel zu sichern“. | |
Er stellte ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren in Aussicht, wies aber | |
auch auf noch offene Fragen hin. Einwände der Bevölkerung würden | |
berücksichtigt und es werde nichts genehmigt, das gegen internationale | |
Umweltabkommen verstoße. | |
Tatsächlich hat sich auch gegen dieses Projekt in Teilen der | |
Lokalbevölkerung und bei Umweltschutzorganisationen bereits Widerstand | |
formiert. Noch sind konkrete Pläne für den Umfang eines möglichen | |
Grubenbetriebs in dem fraglichen Distrikt Dalane nicht öffentlich. Doch | |
KritikerInnen verweisen bereits auf mögliche enorme Umwelteingriffe, die | |
drohen könnten. Die BI [4][„La Dalane Leve“] (Lasst Dalane leben) warnt vor | |
„einer der größten norwegischen Umweltkatastrophen“. | |
Denn selbst ein Untertagebau, wie er aufgrund der Lage der Vorkommen zu | |
erwarten ist, wäre angesichts der erforderlichen Deponien, | |
Verarbeitungsanlagen und Infrastruktureinrichtungen mit großen | |
oberirdischen Natureingriffen verbunden. | |
## „Giftige Mineralien könnten sich verbreiten“ | |
„La Dalane leve“ rechnet vor, dass aufgrund bisher öffentlich gemachter | |
Daten über den Mineralgehalt der fraglichen Phosphat-, Titan- und | |
Vanadiumvorkommen jede Tonne gefördertes Gestein 0,920 Tonnen Abraum | |
produzieren würde. Die BI befürchtet eine „Monstergrube“ in einer bislang | |
vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Region und warnt, „giftige | |
Mineralien könnten sich in der Luft und im Wasser verbreiten und so Mensch, | |
Natur und Nahrungsmittelproduktion bedrohen“. | |
Außerdem sei da noch die Frage, was mit dem kontaminierten Deponiematerial | |
und dem Prozesswasser geschehen solle. Soll es im Landesinneren oder gar im | |
Meer landen? In Westnorwegen gibt es bereits Streit um ein Grubenprojekt, | |
bei dem Hunderte Millionen Tonnen Abraum einfach in einen Fjord gekippt | |
werden sollen. | |
Die Regierung in Oslo genehmigte einer anderen Grubengesellschaft namens | |
Nordic Mining, [5][den beim Abbau des Minerals Rutin anfallenden | |
schwermetallhaltigen Abfall im Førdefjord zu deponieren]. Norwegen ist das | |
einzige europäische Land, das Meeresdeponien für Grubenabfälle noch | |
erlaubt. Mehrere Umweltschutzorganisationen halten dies für einen Bruch | |
nationaler und internationaler Umweltschutzbestimmungen und [6][haben Klage | |
erhoben]. Das Verfahren wird ab 18. September in Oslo verhandelt. Sein | |
Ausgang könnte auch für das Dalane-Projekt von Norge Mining relevant | |
werden. | |
21 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tierfreie-Landwirtschaft/!5929994 | |
[2] /Bericht-zu-Konfliktrohstoff-Phosphat/!5845159 | |
[3] /Verklappung-und-Verpestung/!5851226 | |
[4] https://www.aftenbladet.no/meninger/debatt/i/Mo674J/er-dalane-i-ferd-med-aa… | |
[5] /Geplanter-Rutilabbau-in-Norwegen/!5836555 | |
[6] https://fjordsoksmalet.no/ | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Norwegen | |
Phosphat | |
Bergbau | |
Landwirtschaft | |
Berliner Wasserbetriebe | |
Plastik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tierfreie Landwirtschaft: Ohne Mist | |
Beim Pflanzenanbau werden tierische Produkte zum Düngen genutzt. Acht | |
Antworten, wie eine tierfreie Landwirtschaft funktionieren könnte. | |
Mangel an Fällmitteln für Klärwerke: Energiekrise bringt Algenblüte | |
Der Markt für sogenannte Fällmittel ist zusammengebrochen. Die | |
Phosphatbelastung der Berliner Gewässer könnte dadurch wieder deutlich | |
steigen. | |
Plastik an der norwegischen Küste: Das Meer als Müllhalde | |
Der Golfstrom treibt immer mehr Plastikmüll an die Küsten Norwegens. Die | |
Anwohner mobilisieren jetzt zum Aufräumen. |