# taz.de -- Kolumbianische Nationalmannschaft: Die Superleistungsstarken | |
> Kolumbiens Fußballerinnen kämpfe gegen sexuelle Belästigung, Homophobie | |
> und miserable Bezahlung. Das machen sie mit großem Erfolg. | |
Bild: Starke Gemeinschaft: die kolumbianische Fußballerinnen bejubeln ein Tor … | |
Kolumbianische Fußballerinnen entscheiden sich für den Profifußball, auch | |
wenn ihnen unzählige Hindernisse auf diesem Weg begegnen. Dank ausdauernder | |
Proteste ist es ihnen als Berufsfußballerinnen gelungen, die sozialen | |
Vorstellungen über die Geschlechter in Kolumbien zu verändern. | |
Schon ihr Spitzname (Superpoderosas: die Superleistungsstarken), macht | |
deutlich, dass die Professionalisierung des Frauenfußballs einen Machtkampf | |
erforderte. Andere kolumbianische Sportlerinnen hatten Einfluss auf einen | |
anderen Blick auf die Geschlechter. Olympiamedaillengewinnerinnen wie | |
Mariana Pajón im BMX-Sport oder Catherine Ibargüen in der Leichtathletik | |
etwa. Diese Legenden haben es geschafft, die Vorstellungen von weiblichen | |
Körpern und ihren Fähigkeiten in Sportarten zu verändern, die gemeinhin als | |
männlich gedacht werden. Aber der Fußball bewegt andere Massen. | |
2018 prangerte die Physiotherapeutin und mehrere Spielerinnen des | |
A-Nationalteams sowie ein Spielerin der U17-Auswahl die Arbeitsbedingungen | |
und die [1][sexuelle Belästigung durch Mitglieder des Trainerstabs] an. | |
Daraufhin gab es Verurteilungen und Änderungen, die es Kolumbien womöglich | |
erleichterten, bei der U17-WM den zweiten Platz zu belegen. Es war das | |
erste Finale in der Geschichte des kolumbianischen Frauenfußballs. | |
2019 haben mehrere Spielerinnen unter der Leitung von Natalia Gaitán, der | |
ehemaligen Kapitänin des Nationalteams, sowie Melissa Ortiz, ebenfalls | |
einst Nationalspielerin und heute eine bekannte Fußball-Kommentatorin in | |
den Vereinigten Staaten, und Isabella Echeverri, [2][Fifpro-Beauftragte] | |
für die Rechte der Fußballspielerinnen, eine Welle von Beschwerden mit | |
Videos, Audioaufnahmen und Zeugenaussagen veröffentlicht, in denen sie ein | |
Ende der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in den kolumbianischen | |
Fußballnationalteams forderten. | |
## Recht auf ein eigens Trikot | |
Sie forderten das Recht, statt geliehener Trikots oder Männertrikots ihre | |
eigenen Trikots zu tragen. Sie verlangten wie vor den Olympischen Spielen | |
in Rio de Janeiro 2016 eine bessere Bezahlung für internationale | |
Turnierauftritte. Außerdem wurde Daniela Montoya, die bei dieser WM | |
Kapitänin ist, nicht für die Olympischen Spielen nominiert, weil sie nach | |
der Teilnahme an der WM 2015 in Kanada, bei der Kolumbien im Achtelfinale | |
gegen die USA verlor, versprochene Prämien verlangte. | |
Sie forderten auch Sanktionen für kolumbianische Fußballfunktionäre wegen | |
homophober Äußerungen. Gabriel Camargo, der ehemalige Präsident des Clubs | |
Deportes Tolima, erklärte 2018 auf die Frage nach dem Frauenteam gegenüber | |
dem nationalen Radiosender: „Es ist schlecht, es gibt nichts her, nicht | |
einmal wirtschaftlich … Abgesehen von den Problemen mit den Frauen, die | |
mehr trinken als die Männer. Es ist ein extremer Nährboden für | |
Homosexualität.“ | |
2022 fand der Protest während der Copa América statt. Die kolumbianischen | |
Fußballfunktionäre schlugen damals vor, in der zweiten Jahreshälfte den | |
Spielbetrieb der Liga einzustellen, nachdem sie das Turnier im eigenen Land | |
ermöglicht hatten. Die Spielerinnen, die sich während der Hymne an den | |
Händen hielten, protestierten gegen die Unfähigkeit des Managements, eine | |
dauerhafte Liga zu konzipieren, und erreichten, dass der Spielbetrieb doch | |
nicht eingestellt wurde. | |
Ihr Kampf ist mit feministischen Anliegen verknüpft, die über rein | |
sportliche Interessen hinausgehen. Am interessantesten ist, dass sich immer | |
mehr Männer anschließen. So haben sich prominente Spieler wie der 89-fache | |
Nationalspieler Falcao zu Wort gemeldet. Und die Fans der | |
Traditionsmannschaften begleiten ihre Spielerinnen zahlreich. Beim | |
Meisterschaftsfinale der ersten Profiliga 2017 zwischen Santa Fe und | |
Atlético Huila in Bogotá kamen mehr als 33.000 Zuschauer. Dieser Trend hat | |
sich seither fortgesetzt. | |
Für die WM sind die Aussichten ermutigend. Kolumbien hat bei der Copa | |
América im Finale nur knapp gegen Brasilien verloren. Das Team hat sich | |
zudem für die Olympischen Spiele 2024 qualifiziert. [3][Die 18-jährige | |
Linda Caicedo] sorgt jetzt schon für Aufsehen im Weltfußball, und Catalina | |
Usme, beste Torschützen des Nationalteams, sind Hoffnungsträgerinnen für | |
einen integrativeren Fußball in Kolumbien. | |
Karen Ariza Carranza ist eine kolumbianische Sportjournalistin. Die | |
Gründerin des Onlinemediums „Tribuna Krizol“ nimmt Anfang August am | |
Symposium „(Un)seen Game“ von Discover Football e. V.in Berlin teil. | |
28 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Caren Ariza Carranza | |
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