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# taz.de -- Ausflug zum Nazi-Erbe: Mit Kind und Kegel zur Kultstätte
> Rechtsextreme festigen ihren Zusammenhalt mit gemeinsamen Wanderungen.
> Jüngstes Ziel war eine Thingstätte der Nazis.
Bild: Rechtsextreme unterwegs: Zeltlager der Heimattreuen deutschen Jugend
Eine Wandertour mit Freunden. Gemeinsam suchen sie eine Route aus,
besprechen Ausgangs- und Endpunkt, stimmen die Versorgung ab und hoffen auf
passendes Wetter am Tag der Wanderung. Diesen Männern, Frauen und Kinder
kam das Wetter tatsächlich entgegen. Bei schönstem Sonnenschein konnte die
über 30 Personen umfassende Wandergruppe nahe Bremen aufbrechen – aber
diese von Männern dominierte Truppe wäre auch bei schlechtem Wetter
losgegangen.
Diese Wandernden marschierten schon öfter bei Regen und Schnee durch die so
geliebte Heimat – zum Stählen von Geist und Körper. Denn diese Wandernden
kommen aus der rechtsextremen Szene von „Die Heimat“ (einst [1][NPD]) bis
[2][„Der III. Weg“]. Einer der Teilnehmer: Mario Müller, einst Aktivist der
Identitären Bewegung und heute Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion.
Die Laune der Gruppe scheint am 15. Juli bestens gewesen zu sein. Beim
Wandern und Rasten in Richtung der nationalsozialistischen Kultstätten
Stedingsehre tauschten sie sich aus, besprachen wohl Privates wie
Politisches. Recherche-Nord gelang es, die Wanderung zu beobachten. Bilder
dokumentieren, dass im vermeintlich privaten Rahmen politische Verbindungen
über Partei- und Szenegrenzen hinweg gepflegt werden.
Schon das Ziel der Wanderung zeigt die politische Gemeinsamkeit auf: In
Stedingsehre in Bockholzberg wollten die Nationalsozialist:innen
eines der größten Propagandaprojekte in Norddeutschland erreichen. Der
Anlass für den Bau der Thingstätte im niedersächsischen Ganderkesee war
1934 der 700. Jahrestag der Schlacht von Altenesch im Jahr 1234.
## Zurück zu den Wurzeln
Ab 1935 konnten bis zu 20.000 Personen in der Freilichtbühne das
Theaterstück „De Stedinge“ verfolgen, das den Konflikt zwischen den
Stedinger Bauern und dem Bremer Erzbischof politisch auflud. Im
nationalsozialistischen Geiste erschienen die Bauern als Widerständige
gegen den Kreuzzug des Christentums.
Mit der Wanderung schlugen die Teilnehmenden „eine ideologische Brücke zum
historischen Nationalsozialismus“, kommentiert Recherche-Nord seine
Bildserie. Und das Netzwerk betont, dass solche Veranstaltungen dem
„Aufbau“ und der „Stärkung neonazistischer Strukturen“ dienten und auc…
Festigung der Ideologie und Identität vorantreiben sollen.
Aus dieser Intention heraus nehmen Eltern auch ihre Jungen und Mädchen zu
solchen Events mit. Die Kombination, etwas zusammen mit den Eltern zu
unternehmen und mit anderen Kinder zusammen sein zu können, dürfte diese
Sozialisation festigen. Rechte Szenegröße lernen diese Kinder dabei auch
gleich kennen.
Mitgewandert war etwa auch Henrik Ostendorf, langjähriger Bremer Netzwerker
zwischen „Die Heimat“, Kameradschafts- und Hooligan-Szene, sowie Sebastian
Richter aus Mecklenburg-Vorpommern, ehemaliger Bundesvorsitzender der
verbotenen [3][„Heimattreuen Deutschen Jugend“] und früher Chef der
NPD-Jugendorganisation.
Für Müller dürfte die Wanderung ein „Back to the Roots“ gewesen sein. Der
AfD-Mitarbeiter kommt aus der Region, gehörte der „Aktionsgruppe
Delmenhorst“ an, bevor er versuchte, in Halle das ehemalige Zentrum der
Identitären Bewegung zu etablieren. [4][Für das Magazin Compact] schrieb er
diverse Artikel.
Der Autor des Szene-Standardwerks „Kontrakultur“ sucht aber nicht nur die
vorpolitische Diskursauseinandersetzung: Müller stand bereits wegen
gefährlicher Körperverletzung von ausgemachten politischen Gegnern vor
Gericht.
30 Jul 2023
## LINKS
[1] /AfD-Erfolg-bei-Kommunalwahl-im-Norden/!5933511
[2] /Rechtsextremismus-Experte-ueber-Brandanschlag/!5914150
[3] https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/50078…
[4] /Zusammenarbeit-von-CDU-und-Rechten/!5941270
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Kolumne Der rechte Rand
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Rechts
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