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# taz.de -- Förderung von Balkonkraftwerken: Sonne und Balkon
> Balkonkraftwerke fördert Berlin mit bis zu 500 Euro Zuschuss. Doch das
> Geld wird von Mietern kaum beantragt – die Voraussetzungen sind
> kompliziert.
Bild: Balkonkraftwerk mit zwei Solarmodulen in Berlin
Berlin taz | Sie sind klein, verhältnismäßig günstig und schnell aufgebaut:
Balkonkraftwerke können Mieter*innen einiges an Stromkosten einsparen,
sofern die Bedingungen stimmen. Dem schwarz-roten Senat wiederum könnten
sie bei der Umsetzung des ambitionierten „Masterplan Solarcity“ behilflich
sein: Bis 2045 soll demnach ein Viertel der in Berlin erzeugten Energie aus
Solarenergie gespeist sein.
Im vergangenen Jahr wurden laut Stromnetz Berlin allerdings nur 87 der
insgesamt 4.924 in Berlin erzeugten Gigawattstunden durch
Photovoltaikanlagen erzeugt – keine zwei Prozent. Um diese Zahl nun massiv
zu erhöhen, bezuschusst das Förderprogramm SolarPLUS der Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Februar den Kauf von
Balkonkraftwerken.
Diese sogenannten Steckersolargeräte können Mieter*innen auf ihrem
Balkon anbringen, um damit einen Teil des verbrauchten Stromes selbst zu
erzeugen. Laut Expert*innen können das pro Haushalt schon mal 10 bis 20
Prozent sein. Wer erfolgreich einen Antrag stellt, kann sich die
Anschaffung mit bis zu 500 Euro pro Gerät fördern lassen. 600
Watt-Balkonkraftwerke, wie sie von SolarPLUS gefördert werden, lassen sich
im Internet in einer Preisspanne von 500 bis über 1.000 Euro finden.
Maximal 14.000 Förderfälle können in der Hauptstadt bewilligt werden, dafür
stehen insgesamt 7 Millionen Euro zur Verfügung. Doch die Welle an Anträgen
blieb bislang aus – gerade mal 1.600 wurden im ersten Monat eingereicht,
bis Ende Juni waren es insgesamt 3.149. Haben Berliner Mieter*innen kein
Interesse an eigenem Solarstrom?
## Schwierige Genehmigung
Ein Grund für die wenigen Anträge könnte vielmehr bereits im
Genehmigungsverfahren liegen. Der Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner
kritisiert dieses als viel zu kompliziert: So müssen etwa mehr als ein
Dutzend Voraussetzungen erfüllt sein, um überhaupt einen Antrag stellen zu
können. „Mich erreichen in letzter Zeit vermehrt Mails zu diesem Thema.
Dort wird mir berichtet, welche schwer erfüllbaren Auflagen Mieter*innen
für Balkonsolaranlagen zu erfüllen haben“, so Taschner.
Zu diesen Auflagen gehören unter anderem die Einhaltung von Denkmal- und
Milieuschutzanforderungen, wobei behördliche Genehmigungen durch die
Mieter*innen selbst eingeholt werden müssen. Gleiches gilt für eine
Baugenehmigung bei Sonderbauten. „Das wird gerade alles auf die
Mieter*innen abgewälzt. Ich würde mir da mehr Unterstützung und vor
allem mehr Übernahme durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften
wünschen“, sagt Taschner.
Für seine Fraktion bereite er daher aktuell einen Antrag vor, der den
Genehmigungsprozess vereinfachen und das Beratungsangebot ausbauen soll.
„Die Leute brauchen jemanden, der sie bei der Hand nimmt und erklärt, wie
das Formular auszufüllen oder die Anmeldung vorzunehmen ist.“ Die
Verbraucherzentrale und das Solarzentrum Berlin bieten bereits Beratungen
zum Thema an, allerdings keine konkrete Unterstützung bei Förderanträgen.
## Steckdose benötigt
Eine weitere Voraussetzung, die den Genehmigungsprozess verkompliziert, ist
die erforderliche Installation einer speziellen Einspeisesteckdose,
Wielandsteckdose genannt, oder der feste Anschluss der Balkonanlage an
einen Endstromkreis. Diese Installation kann nur durch Elektriker*innen
vorgenommen werden. Es gibt zwar auch Steckersolargeräte, die von den
Mieter*innen selbst an eine normale Schuko-Steckdose angeschlossen
werden können – städtische Wohnungsunternehmen in Berlin genehmigen diese
aber nicht.
„Wenn schon klar ist, ich brauche diese Wielandsteckdose, dann könnten die
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften doch in Vorleistung gehen, wo es
sich anbietet“, schlägt Stefan Taschner vor. Auch Montage und Installation
der Balkon-Solaranlagen müssen in diesem Fall durch Fachunternehmen
vorgenommen werden. „Die Frage ist, inwieweit das wirklich immer nötig ist,
wenn für die Montage letztendlich drei Schrauben angezogen werden müssen“,
sagt Taschner.
Auch hier würde er sich wünschen, dass die landeseigenen
Wohnungsunternehmen die Montage zumindest durch ihre eigenen
Handwerksbetriebe vornehmen. Denn für die Installation eines
Balkonkraftwerkes stellen Berliner Elektrobetriebe zwischen 300 und 500
Euro in Rechnung. Es ist also gut möglich, dass die Installation der Geräte
letztendlich genauso viel kostet, wie die Geräte selbst. So oder so wäre
der SolarPLUS-Förderbetrag damit schnell aufgebraucht.
„Das bremst das ganz klar aus, viele werden davon abgeschreckt“, sagt auch
Günter Merkel dazu. Er ist Diplomingenieur und freier Energieberater für
die Verbraucherzentrale in Berlin und Brandenburg. Noch dazu müsse man erst
einmal Elektrobetriebe finden, die tatsächlich die Installation von
Balkonkraftwerken vornehmen: „Welcher Elektriker kommt denn wegen so einer
kleinen Sache? Der Teufel steckt da im Detail.“
## Strom ernten lohnt sich
Dennoch lohne sich ein Balkonkraftwerk unter den richtigen Bedingungen auf
jeden Fall: „Mit einer schönen Balkonkraftanlage unter Optimalbedingungen
kann man im Sommer schon drei bis vier Kilowattstunden täglich ernten“,
sagt Merkel. „Abhängig vom Strompreis, den ich damit ersetze, ist es
möglich, das dann nach fünf Jahren wieder drin zu haben.“ Das sei zum
Beispiel eine deutlich bessere Prognose als bei großen Solaranlagen auf den
Dächern, die sich eher nach zehn Jahren rechneten.
Nicht nur das Genehmigungsverfahren für Balkonkraftwerke ist komplex, auch
der Förderantrag bringt zahlreiche Voraussetzungen mit sich: Eine der
insgesamt 13 Bedingungen besteht darin, vorab die Zustimmung der
Hauseigentümer*innen einzuholen. Von den rund 3.000 Anträgen, die bis
Ende Juni bei der Senatsverwaltung eingegangen sind, wurden bislang 2.330
bewilligt und 297 abgelehnt, 205 Anträge sind noch in Bearbeitung.
Darüber hinaus wurden jedoch 362 – und damit über 10 Prozent – der Anträ…
von den Antragstellenden wieder zurückgenommen. Laut Senatsverwaltung liegt
das häufig auch daran, dass Antragstellende fälschlicherweise angaben, dass
die Zustimmung des Eigentümers bereits vorliege, obwohl diese noch nicht
eingeholt war.
„Erfahrungsgemäß ist das ein Hinderungsgrund“, bestätigt Merkel. Auch bei
ihm im Haus sei gerade ein Nachbar am Erwerb eines Balkonkraftwerks
interessiert. „Die Hausverwaltung hat ihr Okay gegeben, daraufhin kam es
zur Anfrage bei der Eigentümergemeinschaft – und daran hakt es dann.“
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf angekündigt, der den Betrieb
von Balkonkraftwerken vereinfachen soll. Künftig soll unter anderem ein
normaler Steckeranschluss ausreichen, auch die Genehmigung eines
800-Watt-Balkonkraftwerkes steht aus. Höchste Zeit, findet Energieberater
Merkel: „So viele andere Möglichkeiten haben wir als Mieter nicht, die
Energiewende voranzubringen und unseren Beitrag zum Klimaschutz zu
leisten.“
26 Jul 2023
## AUTOREN
Clara Zink
## TAGS
Erneuerbare Energien
Solarenergie
Energiewende
Robert Habeck
Robert Habeck
Kolumne Der rote Faden
Balkonmodule
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